Menschen, Macher, Modeschaffende

Rücklichter der HAKA-Zeitgeschichte

Fashion Today im Frühjahr 1992 Bild: Dieter Scholz

Autor: Dieter Scholz

Wenn heute von der Vergangenheit und Entwicklung der Modebranche gesprochen wird, dann muss man feststellen, dass es kaum eine andere gibt, bei der so viel Bewegung und Veränderungen passieren. Vielleicht hat es damit zu tun, dass gerade die Mode vom ständigen Wechsel und Erneuerungen der – den Jahreszeiten angepassten –Kollektionserstellungen lebt. Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter haben schon immer über viele Jahrzehnte die saisonalen Verkaufsepochen bestimmt. Als die Igedo in Düsseldorf und die Herren-Mode-Woche Köln in den 1980er-Jahren noch das Bild der Mode prägten, gab es jährlich nur maximal vier Kollektionen. Das hat sich im Laufe der Jahre, nicht zuletzt durch viel größere Schnelligkeit in der Produktion, verändert und heute, mit bis zu zwölf Lieferterminen und NOS, dem Einzelhandel eine kontinuierliche Ordermöglichkeit geschaffen.

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Der Begriff HAKA (HK), der ursprünglich aus den Worten Herren- und Knabenkonfektion abgeleitet wurde, hat sich bis heute nicht nur zu einem festen Begriff in der Männermode etabliert, sondern steht auch für einen ganz eigenständigen Modebereich, der sich in vielem von der DOB (Damenoberbekleidung) unterscheidet. Schon im Jahr 1928 wurde unter der damaligen Leitung von
Hermann M. Freiherr (oder auch Baron) von Eelking das Deutsche Institut für Herrenmode in Berlin gegründet, wobei er den Niedergang der Berliner Konfektion als Autor und Journalist in verschiedenen Fachzeitungen begleitete. Sein Wahrzeichen war immer eine weiße Nelke im Knopfloch. Das damals schon existierende Herrenjournal hat nach dem Krieg im Jahr 1950 unter seiner Leitung als Herausgeber und Chefredakteur die Männermode, die HAKA, begleitet. Im Jahr 1950 gründete er das neue Institut für Herrenmode und 1954 mit anderen Kollegen das Deutsche Mode-Institut Berlin-Düsseldorf.

Es war auch das Jahr, in dem die erste Internationale Herren-Mode-Woche in Köln im Rahmen der Textil- und Bekleidungsmesse ihre Tore für den Facheinzelhandel öffnete. Der Erfolg dieser Fachmesse war so groß, dass die Verbände der Bekleidungsindustrie beschlossen, die Veranstaltung entsprechend dem saisonalen Ablauf zweimal im Jahr stattfinden zu lassen. Ein Highlight dieses Ereignisses war immer der Empfang des Oberbürgermeisters von Köln, ein abendlicher Festakt, der zu den gesellschaftlichen Höhepunkten der Köln Messe gehörte und eine Einladung dazu sehr gefragt war.

Das waren auch die Zeiträume, in denen die Messe Igedo Furore machte, die im Jahr 1949 von Willi Kronen gegründet wurde. Unter Manfred Kronen hatte diese Plattform ab 1965 bereits über 1.000 Aussteller. Heute zeichnet die Igedo Company, mit dem Titel „The Gallery“ und GF Philipp Kronen, in der dritten Generation für das Düsseldorfer Messeportal verantwortlich.

In der Zwischenzeit etablierte sich die Herren-Mode-Woche Köln zu einer unverzichtbaren Branchenplattform für alles rund um die Männermode. Mit zunehmender Auslandsfertigung Mitte der 1960er-Jahre war Köln der internationale Hotspot für das Geschäft in der HAKA. So holte der damalige Messedirektor das in die Jahre gekommene Deutsche Institut für Herrenmode in die Räume des Kölner Messegeländes und hatte mit dem damaligen Geschäftsführer Prof. Herbert L. Piedboeuf einen Vollblut-Modezaren an seiner Seite, der es verstanden hat, Medien und Presse für Mann und Mode zu sensibilisieren. Als Impulsgeber, wie kaum ein anderer vorher oder nachher, stand Piedboeuf für den modischen Bewusstseinswandel des vermeintlich starken Geschlechts: vom Macho, der seinen oft schlecht sitzenden Anzug nie auszieht, zum emanzipierten Mann, der alles trägt und seine Schwäche als Stärke begreift. Mit ihm wurde die Kölner Herren-Mode-Woche zwar nicht Avantgarde, aber sie war die größte ihrer Art weltweit. Er brachte der Bundesrepublik Deutschland internationale Trends.

Seine Botschaften waren teilweise skurril, aber voller Überzeugung, wenn er in einer Talkshow sagte: „Macho! Begreife dich genauso als modisches Geschöpf wie die Frau! Trage alles, was du willst! Gib mehr Geld für deine Garderobe aus!“ An diesen Forderungen hing eine Milliardenindustrie, die 1969, als Piedboeuf das heruntergewirtschaftete Institut für Herrenmode übernahm, gerade erst aufkeimte. Er hatte einiges zu tun. Die Herren-Mode-Woche schwemmte zweimal im Jahr bis zu 1.900 Aussteller und 80.000 Besucher nach Köln. Piedboeufs Herrenmode-Institut war der Multiplikator des Modemarktplatzes Köln als „Stadt der Herrenmode“ und der Chef wie auch seine Mitarbeiter schrieben Pressemitteilungen, die auf Millionen Magazin- und Zeitungsseiten abgedruckt wurden.

Aber nichts ist vergänglicher als Erfolg und wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen. Denn dann passierte etwas, was keiner in diesem Ausmaß erwartet hatte: Die Jeans-Ära begann und mit ihr ein völlig neues Bekleidungsbewusstsein, insbesondere beim Mann. Schnell war die Herren-Mode-Woche Köln durch die Jeanswelle so durchsetzt, dass Identitätsprobleme zu einem Splitting führten und eine zweite Messe, die Interjeans, geboren wurde. In dieser Zeit erlebte die Branche in Köln Höhepunkte wie die sensationelle Street-Life-Show und mit der IT’s COLOGNE die Geburt einer Vorordermesse, die kurz danach wieder eingestellt wurde; so auch die spektakulären Megashows wie beispielsweise Boss mit dem Splitting der Marken von Hugo, Boss und Baldessarini im Jahr 1993 unter der Führung von Prof. Dr. Peter Littmann (CEO). Der Untergang der Herren-Mode-Woche Köln und der Interjeans und die gleichzeitige Auferstehung der Bread & Butter mit Karl-Heinz Müller sind noch heute Zeitzeugen für das Kommen und Gehen auch in der Modebranche.

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Die Printmedien waren im Verlauf dieser Zeiten die wichtigsten Organe für die Kommunikation mit dem Schwerpunkt auf B2B. Neben der Frankfurter TextilWirtschaft, geprägt durch PPP = Peter Paul Polte als jahrelanger Chefredakteur, gab es in den 1970er-/1980er-Jahren gleich drei Titel für die HAKA, was deutlich macht, wie sehr die Herrenbekleidung schon immer im Blickpunkt der Branche lag. Neben dem Herrenjournal, das über lange Jahre von Klaus Dieter Ohk als Chefredakteur begleitet wurde, gab es noch den Fachtitel DER HERR vom damaligen Gisbert Hennessen Verlag/TM und im Zuge der Internationalisierung das Journal German Men’s Fashion vom Deutschen Fachverlag. Dass sich trotzdem im Jahr des Mauerfalls ein neuer Modefachtitel, nämlich FASHION TODAY, für die HAKA etablieren und bis heute im Markt behaupten konnte, ist beachtenswert, was aber unter anderem auch damit zu tun hatte, dass alle anderen mangels Akzeptanz und Reichweite eingestellt wurden.

Einer muss dabei noch besonders hervorgehoben werden und das ist Willi B. Klar, der Herausgeber von Klartext im Jahr 1970, der nicht nur als querulierender Kritiker insbesondere die Fachwerbung der Branche aufs Korn genommen hatte, sondern auch als alternder Playboy mit seinem Cabrio voller hübscher Models bei den Messen vorfuhr. Einer von vielen, die im Verlauf der Jahre ihren Abdruck der Existenz hinterlassen haben. Das Medium Klartext wurde dann 1983 von Sybille und Eugen Rapp übernommen und wird bis heute, neben anderen Kommunikationsinstrumenten, für die Bekleidungsbranche herausgegeben.

Viele Namen, Marken und Geschichten ranken sich um längst erloschene, ober nicht vergessene Unternehmen. Ob das Klaus Steilmann war oder Gebr. Schulten, die Hucke Gruppe oder auch produzierende Institutionen wie die Farbwerke Hoechst mit Trevira oder DuPont mit Nylon und Lycra oder auch Diolen, alle haben sich in den Jahrzehnten erfolgreich entwickelt und beigetragen, aber auch hier und da hoch gepokert und wieder verloren.

Verbindendes Glied dabei waren auch immer die Verbände. Bereits im Jahr der Währungsreform 1949 wurde nach dem Krieg der neue HAKA-Verband gegründet. Den Vorsitz als 1. Präsident hatte Willi Vordemfelde, der Vater des heutigen Mitinhabers von Wilvorst Dr. Karl-Wilhelm Vordemfelde. Danach kamen unter anderen Matthias Brungsberg, Heinz Desch und der Vater von Klaus und Wolfgang Brinkmann, Bugatti, nämlich Friedrich W. Brinkmann, unter dessen Führung auch über viele Jahre die damals sogenannte HAKA-Gemeinschaftswerbung große Erfolge verzeichnete. Im Jahr 1999 übernahm Kaus Brinkmann den Vorsitz, der ihn dann an den heute amtierenden Gerd Oliver Seidensticker übergab.  Herausragend auch die Arbeit des langjährigen Geschäftsführers Dr. Paul Stauf bis zum Jahr 1987. Mit Thomas Rasch, seinem Nachfolger, begann eine neue Ära der Verbandsarbeit durch die internationale Vernetzung mit anderen Verbänden und Organisationen. Im Gegensatz zu früher müssen heute Verbände viel internationaler agieren, denn die Unternehmen tun es auch. Einen erwähnenswerten Höhepunkt gab es im Jahr 2003 mit der Fusion des DOB-Verbands mit dem HAKA-Verband zum GermanFashion Modeverband mit derzeit 350 Mitgliedern.

Dazu Thomas Rasch, der mit Leib und Seele dem GermanFashion Modeverband verbunden ist: „Nach rund 30 Jahren beim Modeverband erleben wir in letzter Zeit eine ganz entscheidende Entwicklung, die unsere tägliche Arbeit betrifft. Die Anfragen und Herausforderungen unserer Mitglieder sind sehr viel internationaler und komplexer geworden. Das hat natürlich direkten Einfluss auf unsere Beratung, die ebenfalls sehr international geworden ist. Unsere guten und persönlichen Kontakte reichen von Amerika bis Japan und von Südafrika bis nach Schweden. Aufgrund unseres Netzwerkes mit anderen Verbänden, Organisationen und Experten sind wir in der Lage, die gestiegenen Ansprüche unserer Unternehmen zu erfüllen und Fragen zu beantworten, die sonst niemand mit Gewissheit beantworten kann. Das ist unser großer Vorteil gegenüber anderen Beratern.

Die HAKA ist nach wie vor eine lebendige, unternehmerische Wirtschaftskraft. Das zeigt sich in neuester Zeit auch mit dem Geschehen rund um die Fashion Week in Berlin. Hier hat sich eine ganze Reihe von gut aufgestellten Messeveranstaltungen mit den Flagships Panorama und Premium gut positioniert, die nach dem viel zu schnellen Aus der Bread & Butter den Messestandort Berlin anführen. Männermode steht nach wie vor im Mittelpunkt und hat die volle Aufmerksamkeit des einkaufenden Handels. Dabei darf man nicht übersehen, dass die deutsche HAKA noch fest in den Händen der inhabergeführten Gesellschaften liegt. Ein Indiz für kontinuierlichen Erfolg und Vertrauen in die Marken wie Roy Robson, Carl Gross, Digel, Olymp, Seidensticker, Leithäuser, Bültel, Ahlers, Bugatti, Falke, Brax, Wilvorst, Alberto, Gardeur und viele andere. Die Zukunft liegt im Tun eines jeden Einzelnen, aber gemeinsam erreicht man mehr.