HUGO BOSS muss Wholesale überzeugen

Kommentar

Dieter Scholz

Autor: Dieter Scholz

Der Metzinger Konzern musste bluten und steckt in einer Positionierungskrise. Dazu kommen Fehler bei der Retailexpansion. 39 Prozent weniger Jahresergebnis. Da darf man getrost von Gewinneinbruch reden. Aber das allein reicht wohl kaum für eine Existenzkrise. Der Vorstandsvorsitzende Mark Langer spricht von Kurskorrekturen und teilweiser Neuausrichtung. Das Management macht einen Spagat. Auf der einen Seite sollen Kosteneinsparungen und Zurückhaltung bei den Investitionen etwas Druck vom Kessel nehmen. Gleichzeitig kommt es marktseitig zum Umbau der Marken sowie der Positionierung und der eigene Retail nimmt erst mal den Fuß vom Gas. Auch digital wollen die Metzinger sich verbessern, omnichannelfähig werden. Überdies werden die Preise nivelliert, frei nach dem Motto: ein Produkt, ein Preis.

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Gleichzeitig muss Langer seine Investoren bei Laune halten und kräftig Dividende ausschütten. Rund 250 Millionen Euro gehen dafür durch den Schornstein. Das Eigenkapital verliert zwar 7 Prozent, ist aber mit einer Quote von 50 Prozent immer noch recht komfortabel. Und dann? Das Management verfügt über ausreichend Ressourcen und Zeit, den Konzern wieder in die Spur zu bringen. Die Maßnahmen klingen alle in sich schlüssig. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Die Entwicklungen in den USA waren sicher schmerzhaft, genauso wie in Asien, genauer genommen in China. Zwei Dinge bleiben festzuhalten: 61 Prozent des Umsatzes kommen immer noch vom alten Kontinent. Amerika steuert 22 Prozent und Asien/Pazifik 14 Prozent bei. Vor allem aber werden 89 Prozent des Geschäftes mit der Menswear gemacht. Und hier werden die größeren Räder gedreht.

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Ob der Masterplan des Vorstandes aufgehen wird, hängt davon ab, wie gut die Neupositionierung der Marken für die Menswear ankommt und ob sich bei der weltweiten Preisfindung nicht doch die Schwerkraft bemerkbar macht. Da hat das Management im Gegensatz zu den Prozessoptimierungen, dem Aufbau von Omnichannel-Strukturen und Kosteneinsparungen bei Weitem nicht alle Fäden in der Hand. Hier hat der Markt das Sagen, hier trifft der Konzern auf gewachsene Strukturen. Schnelle Erfolge wie in China dürften nicht so leicht zu realisieren sein. Andererseits sind die Ausschläge nicht so dramatisch schlecht, dass eine Kurskorrektur unmöglich ist. Deutschland hat für den Konzern vielleicht nicht die zentrale Bedeutung wie für andere Firmen. Aber kann es sich HUGO BOSS leisten, dauerhaft auf dem Heimatmarkt zu schwächeln? Nicht nur der eigene Retail, auch der Wholesale muss laufen. Denn Omnichanneling heißt, dass die Kunden auch in den stationären Läden einkaufen können, aber der Konzern ist nicht omnipräsent mit eigenen Stores vertreten. Da wird noch viel Überzeugungsarbeit nötig sein, zumal im Handel nun auch nicht gerade Aufbruchsstimmung herrscht. Das beste Argument ist immer noch ein gutes Geschäft.