„Wir haben das Sagen“

WILVORST

„In Suchmaschinen immer ganz vorne landen“, Dr. Karl-Wilhelm Vordemfelde, Sprecher der Geschäftsführung von WILVORST (Bild: Ina Busch)
Autor: Markus Oess

Bei Anlassmoden ist das Northeimer Unternehmen unangefochtener Marktführer in Deutschland

Dr. Karl-Wilhelm Vordemfelde ist WILVORST. Nicht allein, weil sein Name in der Marke steckt, sondern auch, weil er seit mehr als drei Jahrzehnten die Geschicke des Northeimer Menswear-Spezialisten lenkt. Ende kommenden Jahres wird Dr. Vordemfelde die Unternehmensführung abgeben. Er hinterlässt seinen neuen Geschäftsführungskollegen Andreas Wolf und Stefan Kohlman ein gesundes Unternehmen. Im angestammten Segment sind die Northeimer unbestrittene Marktführer mit einem Produktionsstandort in Deutschland. Ein Gespräch mit Dr. Vordemfelde, Nicola Maria Meyer, Marketingleitung WILVORST und TZIACCO, sowie Stefan Piel, Marketing- und Produkt-Chef von atelier toríno und CORPUS LINE by WILVORST.

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Wir haben auch Häuser wie P&C, HIRMER oder Eckerle und MEY & EDLICH als Kunden gewonnen. Dr. Karl-Wilhelm Vordemfelde 

FT: Herr Dr. Vordemfelde, jetzt sind acht Monate des laufenden Jahres vorbei, sind Sie mit WILVORST auf Kurs?

Dr. Karl-Wilhelm Vordemfelde: „Wir sind gut unterwegs. Wir liegen bei der Vororder bei plus 10 Prozent. Der festliche Bereich läuft sehr gut und auch mit atelier toríno sind wir im Plan.“

Die Hochzeiten sind im wahrsten Wortsinn für dieses Jahr durch. Konnten Sie die Wettbewerber auf Abstand halten?
 „Absolut. Wir sind auf dem Heimatmarkt unangefochten Marktführer und haben auch Häuser wie P&C, HIRMER oder Eckerle und MEY & EDLICH als Kunden gewonnen. Auch SinnLeffers gehört nun zu unseren Kunden. Sicher schläft der Wettbewerb nicht, aber in unserem Stammsegment haben wir das Sagen. Die Tatsache, dass Wettbewerber schwächeln oder wie archetipo in Italien die Segel ganz gestrichen haben, tut ihr Übriges.“

WILVORST wirbt generell mit verstärktem Händlerservice. So offerieren die Northeimer, auch aus Stoffen, die zugeliefert werden, zu schneidern und nicht nur für CORPUS LINE. „Das bieten wir generell als Kundenservice für unsere Marken an. Da wir noch hier in Deutschland fertigen, können wir das auch problemlos tun“, sagt Firmenchef Dr. Karl-Wilhelm Vordemfelde. WILVORST arbeitet bei der Maßkonfektion für CORPUS LINE mit rund 400 Händlern zusammen, die ihre Aufträge alle über das spezielle CORPUS LINE B2B ordern. haben auch Häuser wie P&C, HIRMER oder Eckerle und MEY & EDLICH als Kunden gewonnenBei der WILVORST sind es von circa 1.000 Kunden in Deutschland um die 200, die auch Maß ordern“, erläutert Dr. Vordemfelde. „Den Slogan ‚Alles auch nach Maß‘ führen wir schon viele Jahre. Wir planen, die Maßkonfektion von WILVORST künftig auch online mit einem neuen B2B abzuwickeln.“

Wir glauben an den Maßanzug. Stefan Piel

Für Stefan Piel, Head of Marketing / Head of Design / Head of Product Management atelier toríno/CORPUS LINE by WILVORST, ist der Maßanzug die Alternative zum Baukasten. „Rein rechnerisch kommen wir auf 2,7 Milliarden Kombinationsmöglichkeiten. Wir glauben an den Maßanzug. Es ist ein schönes Produkt mit Passformgarantie und dem Handel entstehen weniger Kosten, denn er kann auf unser Lager zugreifen und muss selbst nur die Schlupfgrößen ordern.“

FT: Sie haben auch begonnen, in dem Segment jüngere Käuferschichten anzusprechen. Auf der einen Seite ist das Thema Mix & Match immer noch en vogue und die Jungen wollen sich auch nicht von Konventionen einzwängen lassen. Andererseits spürt man den Trend zum Anzug bei der jüngeren Generation. Hilft das oder ist das hinderlich, weil feste Vorstellungen in der Mode stören?

Dr. Vordemfelde: „Es hilft eher. Mit Cool Classics zielen wir ja ganz bewusst auf junge Käuferschichten. Wir sehen, dass der Nachwuchs wieder Spaß an festlicher Mode hat, auch und gerade bei den Hochzeiten. Selbst der Smoking erfreut sich wieder wachsender Beliebtheit, natürlich neu interpretiert. Überdies haben wir bei atelier toríno mit GALA eine Linie, die den semifestlichen Bereich abdeckt – ,Wedding, Party, Business‘ – und das mit wachsendem Erfolg.“

Italienische Mode produziert mit deutschen Tugenden

Inzwischen wurde atelier toríno aufgewertet. Andererseits gibt es hausintern auch Konkurrenz durch bugatti. Auf die Frage, wo er das Label sieht, sagt der Firmenchef: „Wir können natürlich nur über atelier toríno, nicht über bugatti sprechen. Wir beliefern ja nicht KARSTADT oder GALERIA KAUFHOF, sondern den gehobenen Fachhandel. atelier toríno versteht sich als deutscher Italiener – italienische Mode produziert mit deutschen Tugenden. Seit einigen Saisons wachsen wir mit dem Label. Wir haben unsere Nische gefunden. Derzeit beliefern wir 1.000 Adressen, gut die Hälfte im Ausland.“  atelier toríno sei ein eigenständiges Label, ein Spezialist im Bereich Sakko/Anzüge und Baukasten. „Wir sprechen nicht die jüngsten Käuferschichten an. Das Trading-up erfolgt über die einzelnen Modelle. So setzen wir auch Stoffe von Zegna oder Loro Piana. Wir positionieren uns oberhalb von DIGEL oder CRÉATION GROSS. Wir sind als Spezialisten so aufgestellt, dass der Händler im Grunde eine eigene Kollektion zusammenstellen kann“,  betont Piel. Mit GALA soll allerdings sehr wohl eine junge Zielgruppe angesprochen werden, um diese auch an die Marke heranzuführen. „Wir bleiben aber Spezialisten und werden nicht zur Lifestylemarke, auch wenn wir das Sortiment etwas ausgebaut haben“, sagt Piel.

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FT: Wo geht die Anlassmode tendenziell hin?
Dr. Vordemfelde: Die schlanke Welle und kurz halten weiter an. Auch die Bundfalte ist wieder da, wenn auch zurückhaltend. Inzwischen machen unsere schlanken Formen Drop8 gut die Hälfte der Vororder aus. In der Saison davor waren es noch 25 Prozent. Die Farbe Blau bleibt in allen Nuancen. Der Anteil an Slim Fit liegt bei 40 Prozent.“

 Wie sieht es im Ausland aus, wie wird geheiratet?
„Das ist ganz unterschiedlich. In England wird noch im Cut oder Prince Albert Coat geheiratet, der wird allerdings geliehen, nicht gekauft und von allen Männern der Hochzeitsgesellschaft getragen. In den Niederlanden geht es deutlich farbenfroher zu. In Frankreich tuts der normale Anzug und im Süden in Italien oder in Spanien geht es deutlich eleganter, aber auch schlanker zu.“

Sie haben Daniel Hope als Markenbotschafter gewonnen. Wie wichtig ist denn der Markenbegriff in dem Segment?
 „Sehr wichtig. Wir sind seit Jahrzehnten am Markt auch mit Markenbotschaftern unterwegs. Ihre Wirkung sollte man nicht unterschätzen. Wir gehen auf den Konsumenten zu, aber immer in der Absicht, den Handel von Beginn an einzubinden. Das klappt auch digital sehr gut. Die Männer beziehungsweise die Bräute für die Männer informieren sich erst dann über Hochzeitsanzüge, wenn es so weit ist. Und da wollen wir bei der Eingabe von bestimmten Schlüsselwörtern, zum Beispiel Hochzeitsanzug, zu dem Thema in Suchmaschinen immer ganz vorne landen.“

Social Media ist wichtige Kontaktfläche für WILVORST

Wir wollen die Männer in die Läden lotsen. Nicola Maria Meyer 

Nicola Maria Meyer verantwortet das Marketing für WILVORST und TZIACCO. Neben Promi-Glamour verbindet sie bevorzugt on- und offline bei den Marketingaktivitäten der beiden Marken. „Wir unterstützen zum einen den Handel am PoS mit unterschiedlichen Werbepaketen. Das können bedruckte Einkaufstüten oder Kleiderbügel sein, aber auch Sektdosen und Gewinnspiele. Wir wollen die Männer in die Läden lotsen. Schließlich braucht auch nicht allein der Bräutigam, sondern auch die Eltern und Freunde etwas Passendes zum Anziehen.“  Dazu kommen individuelle Aktionen im Handel. An rund 300 Events im Jahr beteiligt sich WILVORST – in den Läden, aber auch auf Veranstaltungen wie Hochzeitsmessen.

Wichtige Kontaktfläche bilden für Meyer Social Media. Im Augenblick läuft wieder die Foto-Aktion. „Unter ,Echte Momente‘ schicken uns die Endkunden ihre Hochzeitsbilder und wir prämieren unter Mitwirkung der Händler vor Ort die schönsten Einsendungen. Im vergangenen Jahr war der Hauptpreis ein Romantikwochenende“, erzählt Meyer. Vergangenes Jahr haben die Northeimer sogar einen Sonderpreis ausgelobt, nachdem sie ein Bild von einem Paar aus den 1950er-Jahren erhalten hatten. „Auf dem Bild trägt der Mann einen Anzug von uns. Wir posten natürlich die Fotos auch und verlinken die Aktion mit unserer Website.“

FT: Sie haben ein neues B2B-Portal freigeschaltet mit der Möglichkeit, eine Order oder Information von allen Endgeräten aus durchführen zu können. Läuft alles rund?
Dr. Vordemfelde: „Absolut. Und wir gehen den nächsten Schritt und arbeiten künftig mit realen Fotos. Wir haben das gesamte Lagerangebot ‚Hotline‘ abfotografiert. Wir haben mit allen Marken rund 100.000 Teile in allen Größen auf Lager. Sie können sich den Aufwand vorstellen.“

Wie hat der Handel das Angebot angenommen?
„Aktuell ordern rund 10 Prozent der Händler online über B2B. Viele ordern auch telefonisch. Wir werden den Telefonservice beibehalten, aber ich wünsche mir dennoch mehr Resonanz. Auch aus diesem Grund werden wir die Tablet-Aktion wiederholen und allen Händlern ein kleines Tablet gratis überreichen, wenn sie auf der Panorama oder Interbride mindestens 24 Großteile (über alle Marken) ordern.“