„Eine neue Interpretation von Zeitgeist“

Regent

©Regent

Autor: Markus Oess

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„Regent unterwirft sich eher der Zeitlosigkeit“, sagt Philippe Brenninkmeijer im Interview mit FT. Er (75 Prozent der Anteile) hat zusammen mit seinem Partner Andreas Meier (25 Prozent der Anteile) den Traditionsschneider übernommen, nachdem das Unternehmen zwei Mal in kurzer Zeit in die Insolvenz gerutscht war. Jetzt muss das Management den Beweis antreten, dass die Wiederbelebung von Regent tatsächlich gelungen ist und der Handel nachhaltig beliefert werden kann.

 „Regent ist das einzige deutsche Unternehmen, welches in Handarbeit für Männer Konfektion in Deutschland schneidert. Der Regent von 2018 ist in keiner Beziehung mit dem Regent der Vergangenheit zu vergleichen – mit Ausnahme der Mitarbeiter, die für eine entsprechende Verarbeitungsqualität stehen. Regent hat sich zum Ziel gesetzt, ein neues Komfortbewusstsein für das Sakko und den Anzug 2018 zu entwickeln und damit formelle Kleidung neu zu definieren.“ Bescheidenheit geht anders, ist aber auch nicht unbedingt der passende Auftritt für das wiederbelebte Schneiderlabel (Regent wurde 1946 von Henryk Barig und Michael Aisenstadt im fränkischen Weißenburg gegründet), das nach zwei Insolvenzen und Übernahme durch Philippe Brenninkmeijer und seinen Partner Andreas Meier jetzt endlich wieder losmarschieren will. Direkt nach der Übernahme schaffte es das Label zurück in die Chefetage der deutschen Wirtschaft, wenigstens auf den Schreibtisch, denn unter anderem berichteten FAZ, Süddeutsche, Handelsblatt und das Manager Magazin über den Kauf der deutschen Traditionsmarke Ende 2016. Denn einer der beiden neuen Chefs, Philippe Brenninkmeijer, stammt aus der C&A-Dynastie. Brenninkmeijer hat eine schillernde Biografie. Und er hat sich als Derivatehändler und Unternehmer – er sanierte den Londoner Edelschneider HUNTSMAN – vom Geschäftsmodell der Familie losgesagt. Jetzt also ein deutsches Traditionshaus, das dereinst Til Schweiger, Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Ex-Daimler-Chef Jürgen E. Schrempp und den heutigen niederländischen König Willem-Alexander zu seinen Kunden zählte.

„Ich habe schon lange nach einer solchen Gelegenheit gesucht, da ich ein Verfechter des deutschen Textil-Know-how bin“, sagt Brenninkmeijer. Seinen Partner und Freund, Andreas Meier, hat er in der Studienzeit kennengelernt. Komplettiert wird die Führung vom stellvertretenden Geschäftsführer Andreas Feet, den Brenninkmeijer von HUNTSMAN ins beschauliche Franken lotste. Nun soll mit der kommenden Orderrunde Herbst/Winter 2018/19 das nächste Kapitel geschrieben werden. „In der Mode dominiert Italien mit seinen bekannten Herrenkonfektionären die hochwertige trendorientierte Konfektion der Männer mit seiner beliebten Leichtigkeit in der Verarbeitung. Wenn in der Diskussion die Sprache auf Maßkonfektion kommt, dann spricht man als Erstes über die Savile Row in London. Dazwischen befindet sich Deutschland mit seinem schnörkellosen Selbstverständnis und dort wird sich Regent eine neue und eigenständige Marktposition sichern“, ist Brenninkmeijer überzeugt. Eine Mindestorder gibt es nicht. Maßkonfektion läuft über Schlupfgrößen, aber auch über Vollmaß. Die Orderkollektion wird davon unabhängig verkauft. 70 Prozent des Geschäftes macht Regent nach dem Neustart in Deutschland, der Rest verteilt sich auf Österreich und Holland. Regent präsentiert sich im Rahmen der Messen in München und Düsseldorf oder eben nach Termin.

Seit der Übernahme habe sich in Weißenburg einiges getan, berichten die Franken. Der gesamte Produktionsprozess sei durchforstet und den heutigen Anforderungen einer modernen Manufaktur angepasst worden. Acht Mitarbeiter mussten aufgrund der Insolvenz entlassen werden, 38 wurden übernommen. Inzwischen sind es wieder mehr als 40. Die Schnitte wurden modernisiert. Neben der Luxus-Maßlinie „Phoenix“ wurde überdies eine Orderkollektion „Pionier“ entwickelt, die preislich deutlich darunter liegt (siehe Kasten). „Neues Denken in der Konfektion = Qualität + Komfort + Zeitgeist. Eine neue Generation geht mit dem Thema Konfektion anders um, denn dass sich die Konfektion heftig verändert hat, beweist die Tatsache, dass man wieder darüber spricht. Das Sakko muss mit der Forderung nach modernem Komfort zurechtkommen und hat sich damit völlig verändert – eine große Herausforderung an alle Konfektionäre, die ein heftiges Umdenken bewältigen müssen“, heißt es dazu von Regent. Der Anzug sei eigentlich kein Anzug mehr, sondern ein Sakko und eine Hose, die eben zusammenpassten, aber auch allein bestehen könnten. Das Sakko folge zudem einer anderen modischen Geschwindigkeit als die Hose, die sich in Schnitt und Passform gerade – besonders im hochmodischen Bereich – stilistisch drastisch verändere. „Einer der Trendmacher in diesem Segment ist Salvatore Ambrosi, der künftig mit Regent zusammenarbeiten wird“, kündigen die Weißenburger an und versprechen feine Stoffe, perfekte Passform und Individualität. Die erste Kollektion Frühjahr/Sommer 2018 habe erste Erfolge gebracht und „sollte dem Handel beweisen, dass sich etwas wesentlich verändert hat. Die zweite neu positionierte Kollektion Herbst/Winter 2018 wird dagegen beweisen, dass die Veränderung nicht stehen bleibt.“ Sie sei für einen Endkunden gedacht, der selbstbewusst, stilsicher und langfristig engagiert ist. Das Management ist davon überzeugt, dass bewusstes Konsumieren und nicht Markenverliebtheit den neuen Kunden in den Handel führt.

Regent will sich auch nach außen neu und selbstbewusst präsentieren, offen und transparent kommunizieren, um auch eine neue und junge Zielgruppe anzusprechen. Regent will in Zukunft intensiver mit einzelnen Handelspartnern kooperieren. Events würden zeitgleich in den sozialen Medien wie Instagram und Facebook verbreitet und dem interessierten Kunden vermittelt. Ergänzt wird das Ganze dann um einen Blog auf der Homepage von Regent. Dabei geht es weniger um groß angelegte Kampagnen als vielmehr um Trunk Shows oder einzelne Aktionen, die mit dem passenden Handel durchgeführt werden. Der erste Event wurde mit dem Traditionshaus Ladage & Oelke in Hamburg umgesetzt. „Das Reizvolle an dieser Kooperation ist, dass nicht nur existierende Kunden sich des Produktes erfreuen, sondern wir dadurch auch eine ganz neue Kundenschicht gewinnen konnten“, sagt dazu Selma Wegmann von Ladage & Oelke in Hamburg. „Wir arbeiten mit Regent im Schwerpunkt bei Maßanzügen zusammen. Aber auch die Orderware Pionier macht wirklich einen guten Eindruck. Wir haben bislang sehr gute Erfahrungen gemacht und sind gespannt, wie sich Regent noch weiterentwickeln wird.“ Hans-Günter Loch, Ex-Regent-Händler und Inhaber von Spönemann in Koblenz, will sich das Label zur kommenden Order anschauen. „Ob wir ordern, hängt davon ab, ob uns die modische Aussage, aber auch Preis/Leistung hinsichtlich der Qualität tatsächlich überzeugen und wir nachhaltig beliefert werden können“, sagt er. Genau diesen Nachweis will Regent erbringen.

Regent – Herbst/Winter 2018

„Luxury Comfort“ wird in Weißenburg unfixiert handgefertigt. Das Programm umfasst 15 Anzüge, 36 Sakkos und 15 Casualteile. Für die Anzüge und Sakkos werden zwei Passformen angeboten: Passform 1 kommt ohne Schulterpolster aus und formt mit einer leichten Rosshaareinlage etwas Schulter nach. Passform 2 ist klassischer in der Verarbeitung mit etwas Schulterpolster und einer stabileren Rosshaareinlage. Der Handel kann zwischen sechs Modellen wählen. Die Auswahl der Stoffe reicht von BBC über Loro Piana bis hin zu Cashmere von Fratelli Piacenza. Jedes georderte Teil wird in Handarbeit in Weißenburg genäht. Regent setzt auf Fischgrat, Hahnentritt, englische Checks, unterschiedliche dezente Streifen im Anzug oder Cashmere-Jersey von Loro Piana. Die Casual-Kollektion besteht aus vier Mänteln, ein- und zweireihig geknöpft, einem Parkastyle, einem Daunensakko, vier Casualjackets mit Rückenbund und einer Outdoorjacke mit Pelzkragen. Beginnend mit 365 Euro für Sakkos, bewegt sich die Schwerpunktpreislage bei 440 Euro. Anzüge starten bei 415 Euro mit Schwerpunktpreislage 540 Euro.

Luxus ist Passion

Regent-Chef Philippe Brenninkmeijer über Luxus, Zeitgeist und Mode

Regent-Chef Philippe Brenninkmeijer

FT: Herr Brenninkmeijer, was bedeutet für Sie Luxus?
Philippe Brenninkmeijer: „Luxus ist, seiner Passion nachgehen zu können, sich selbst treu bleiben zu können beziehungsweise ein persönliches Umfeld zu besitzen, mit dem man sowohl Erfolg als auch Misserfolg teilen kann.“

Ist ein Maßanzug Luxus?
„Ja, wenn der Käufer in die Konfektion passt und sich einen Maßanzug gönnen möchte (Selbstverwirklichung und Individualität), und nein, wenn der Käufer aufgrund seiner Figur nicht einfach zu Standardgrößen greifen kann.“

Wie kamen Sie auf die Idee, ausgerechnet Regent zu übernehmen?
„Mein Geschäftspartner, Andreas Meier, und ich kennen Regent schon lange. Wir wussten um die hohe Qualität der Fertigung, aber auch um die Mängel und früheren Fehler in der Umsetzung der Kollektion. Beides passte nicht zusammen. Das hat sich jetzt geändert. Wir setzen die Qualität der Fertigung jetzt zeitgemäß ein.“

Zweimal ist das Unternehmen in die Insolvenz gerutscht, was macht Sie so sicher, dass es diesmal klappen wird?
„Sicherheit gibt es nicht, aber das Team erlaubt eine optimale Neupositionierung, da alle dasselbe Ziel vor Augen haben. Zum Team gehören der Vertrieb, die Geschäftsleitung, die Mitarbeiter und das Marketing.“

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 Dass Rentabilität zumindest zeitlich nicht oberste Priorität hat, klingt auch ein wenig nach Luxus. Wie lange geben Sie sich Zeit, wenn 2019 der Break-even doch nicht erreicht wird?
„Der Break-even wird nicht an einem Zeitpunkt bemessen.“

Mode ist dem Zeitgeist unterworfen, welchem Zeitgeist folgen Ihre Designer?
„Regent unterwirft sich eher der Zeitlosigkeit. Komfort ist keinem Zeitgeist unterworfen. Regent ist kein Modeunternehmen. Eine neue Interpretation von Zeitgeist.“

 Wie würden Sie Ihre Zielkunden umschreiben, sind sie eine Art Young Conservatives?
„Sie gehören sicherlich zu unserem Kundenkreis. Unser Kundenkreis orientiert sich generell eher an dem Thema Individualität und Qualität, unabhängig von einer bestimmten Zielgruppenzugehörigkeit.“

 Wenn Sie wählen dürften, wen würden Sie gern einmal komplett einkleiden?
„Da fallen mir Stephan Winkelmann, Heino Ferch, Christoph Waltz ein.“

 Wieso setzen Sie auf Social Media, oft geht es dort doch um schnelllebige Dinge? Nehmen Sie nur Snapchat, da werden Bilder verschickt, die wieder verschwinden. Und Facebook gilt unter den Jungen schon als altmodisch.
„Social Media ist nur einer von vielen Kanälen, auf denen man kommunizieren müsste, wenn man Markenbildung betreibt. Aber wir können nicht alles auf einmal finanzieren.“

Sie beliefern 15 Händler in Deutschland und wollen sich mit der Rentabilität bis 2019 Zeit geben. Wie viele Händler wollen Sie mittelfristig in Deutschland beliefern?
„Mittelfristig planen wir mit 40 bis 50 Kunden.“

Wie sieht es mit dem Ausland aus?
„Erst mal hat der deutschsprachige Raum oberste Priorität. Der internationale Markt kommt mit dem Bekanntheitsgrad in Deutschland, der über die Grenzen ausstrahlen soll.“

Sie bieten Maßkonfektion und Orderware an. Beides in Handfertigung in Deutschland?
„Ja. Wir produzieren in Weißenburg und haben noch ausreichend Fertigungskapazitäten für die erste Wachstumsphase. Wir recherchieren gerade zusätzlich Kapazitäten in der Region.“

Wie viel des Geschäftes wollen Sie mit der Orderware machen?
„Wir rechnen mit einem Umsatzanteil von 60 bis 70 Prozent.“

Nicht allen Luxus- beziehungsweise Premiumlabels geht es derzeit gut. Und auch im Luxussegment ist der Markt eng geworden. Wie wollen Sie die Händler überzeugen, wieder oder neu mit Regent zusammenzuarbeiten?
„Regent bietet etwas, was kein anderer Hersteller bieten kann: regionale Handwerklichkeit, gepaart mit unserer Qualität und dem Vorteil der Flexibilität, die sich aus unserer Größe ergibt. Regent ist ein ehrliches Produkt, die Prominenz, die Regent getragen hat, hat Regent aus Überzeugung bevorzugt.“