„Pläne, die dir passieren“

FIL NOIR

©Fil Noir

Heiko Storz ist das Hemd schon näher als die Jacke. Nach einer Lehre (Schnittmacher und Akkordnäher) bei Schiesser studierte Storz Modedesign an der Modefachschule in Sigmaringen. Nach Stationen bei Mexx und Seidensticker übernahm er die Bereichsleitung Herren und Lizenzen bei Schiesser. Mit der Übernahme der FIL NOIR-Lizenz gründete er 2012 die swiss hest GmbH. Inzwischen beliefert das Unternehmen etwa 400 Händler und hat Kunden in Japan und Neuseeland. Jetzt launcht FIL NOIR mit Selezione Blue eine weitere Capsule. FT sprach mit Storz über Tradition und Geschmack – und was das mit John Lennon zu tun hat.

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Heiko Storz
Heiko Storz, swiss hest GmbH

FT: Herr Storz, was unterscheidet guten Geschmack von schlechtem?
Heiko Storz:
„Gut oder schlecht liegt immer im Auge des Betrachters. Was gut ist oder schlecht, muss letztendlich jeder für sich bewerten – eine Unterscheidung ist demnach eher schwierig. Für mich fängt guter Geschmack mit wertigen Rohstoffen beziehungsweise Zutaten an – lieber ein wertiges Stück kaufen als mehrere minderwertige. In Zeiten wie den unseren gehört Nachhaltigkeit auf jeden Fall zum guten Geschmack.“

Was macht ein Hemd zu einem guten Hemd?
„Das Zusammenspiel und die Ausgewogenheit aller Ingredienzien: hochwertige Stoffe als Basis, gepaart mit handwerklicher Verarbeitung, raffinierten Details und last, but not least einem fairen Preis-Leistungs-Verhältnis. Unser Ziel ist immer, das beste Hemd zum besten Preis anzubieten.“

Wieso haben Sie 2012 FIL NOIR in Lizenz einem eigenen Markennamen vorgezogen?
„Ein Zitat von John Lennon trifft es gut: ,Leben ist das, was dir passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu schmieden.‘ Bei einer Reise durch Italien brachte mich ein Freund mit den Manzini-Nachfahren zusammen. Mir gefiel die Geschichte von FIL NOIR, ein starker Name außerdem. Darüber hinaus einen uns die ursprüngliche Philosophie und der Qualitätsgedanke des Traditionshauses – warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist?“

FIL NOIR produziert Casual-Hemden. Wenn Sie schon ein Business-Hemd tragen müssten, welches Hemd/Marke wäre das Ihrer Wahl?
„BORRELLI – handgefertigte Hemden aus Italien.“

Inzwischen beliefern Sie international rund 400 Händler. Die DACH-Regionen bilden den Schwerpunkt. Wie lief die zurückliegende Saison?
„Wir dürfen in unseren Märkten Abverkäufe zwischen 70 und 90 Prozent verzeichnen – das freut uns natürlich sehr.“

Mit welchen Erwartungen starten Sie in die kommende Orderrunde?
„Seit unserem Markteintritt 2014 hat sich FIL NOIR als feste Größe im gehobenen Einzelhandel etabliert – als einer der führenden Anbieter im Casual-Segment. Dieser Erkenntnis tragen wir mit der neuen Linie FIL NOIR Selezione Blue Rechnung. Die ersten Reaktionen aus dem Handel sind vielversprechend – viele sehen in FIL NOIR Selezione Blue eine echte Alternative zu oftmals ,überdekorierten‘ Freizeithemden. Darüber hinaus ist die Capsule Collection die ideale Ergänzung zur FIL-NOIR-Uomo-Kollektion, die in ihrer Aussage subtiler ist. Wir freuen uns auf den Saisonstart und schauen optimistisch auf die kommende Saison.“

Wohin geht es mit der Mode bei den Hemden?
„Der Look passt sich dem aktuellen Bild an, das insgesamt lässiger wird – ‚casual‘ ist längst nicht mehr auf den berühmten ‚Casual Friday‘ limitiert, sondern an allen Tagen ‚politically correct‘, zumeist sogar ausdrücklich erwünscht. In zahlreichen Berufssparten hat sich der Anzug als Bürokleidung verabschiedet, gehören Sneakers zum guten Ton. Damit eröffnen sich für das Hemd ganz neue Möglichkeiten.“

 Jetzt kommt mit Selezione Blue eine weitere Capsule. Was unterscheidet sie vom normalen FIL-NOIR-Programm?
„Die neue Capsule Collection präsentiert sich insgesamt rougher und progressiver, geht also in der lässigen Aussage, für die wir stehen, noch einen eindrücklichen Schritt weiter.“

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Die Händler leiden nun nicht gerade unter Angebotsengpässen. Warum launchen Sie ausgerechnet jetzt Selezione Blue?
„Im Zuge der Entwicklung von FIL NOIR insgesamt ist der Launch von FIL NOIR Selezione Blue ein logischer Schritt. Wir konnten uns über die Jahre im Handel etablieren – dank ausgewogener Kollektionen, die dem Zeitgeist entsprechen, hervorragender Qualitäten, eines fairen Preis-Leistungs-Verhältnisses sowie marktfreundlicher Liefertermine – die Kunden vertrauen uns und wissen, dass sie sich bei FIL NOIR auf kein neues Experiment einlassen müssen. Die Summe dieser Faktoren macht uns zu einem verlässlichen Partner, auf den man bauen kann.“

Die Sache mit dem Faden

Der Tod, das Erdbeben und Schwarz. Klingt wie ein ambitionierter Buchtitel, es sind aber die Zutaten, die die Geburt der Marke FIL NOIR zu einer schönen Geschichte machen. Wie das Premiumhemdenlabel entstanden ist und wie es beim Endverbraucher eine Renaissance erlebt.

Die Geschichte von FIL NOIR beginnt 1889 im toskanischen Städtchen Certaldo. Nach dem Tod des Vaters übernehmen die Brüder Luca und Lorenzo Manzini den Familienbetrieb. Schnell wird die Herrenwäsche von Manzini auch jenseits von Florenz und Mailand ein Begriff. Nur ein Jahr später keimen bei Lorenzo Ideen für die erste eigene Oberhemdenkollektion auf, die er in Italien, England und Frankreich verkauft. 1899 beliefern die Manzini-Brüder europaweit 120 Kunden, hauptsächlich in Frankreich.

Dann zerstört ein Erdbeben die beiden einzigen verfügbaren italienischen Nähgarnfabriken. Der Nachschub bricht von einem auf den anderen Tag zusammen, es gibt schlicht kein Nähgarn mehr. In ihrer Not vernähen die beiden das einzige Garn, das ihnen blieb, und beliefern ihre Kunden mit blütenweißen Oberhemden samt – schwarzen Kontrastnähten. Der Name des Hemdenlabels ist gefunden, dessen Produktion wird aber nach dem Ersten Weltkrieg eingestellt. Ende 2012 übernimmt die swiss hest GmbH die Lizenz für die Hemden der Manzinis. FIL NOIR will sich heute bewusst von Modeerscheinungen distanzieren und setzt stattdessen auf die Tradition und den ursprünglichen Manufaktur- und Qualitätsgedanken der Gründerfamilie. Die Stoffe bezieht FIL NOIR überwiegend von italienischen Webern wie beispielsweise Canclini, Monti und Albini. Auch die Zutaten kommen hauptsächlich aus Italien, teilweise sogar aus Japan. Der hochwertige Jersey für die T-Shirts der FIL-NOIR-Finest-Cut-Linie kommt aus der Schweiz.

„FIL NOIR bietet das perfekte Hemd für den Herrn, der es lässig mag, jedoch nicht auf ein gepflegtes Erscheinungsbild verzichten möchte. FIL NOIR ist alterslos – was die Träger von 18 bis 80 unterstreichen. FIL NOIR trägt sich am besten zur Jeans oder zu sportlichen Chinos“, umreißt eine Sprecherin die Zielgruppe von FIL NOIR. Das Hemdenlabel werde in zwei handwerklichen Betrieben in Rumänien, nach Unternehmensangaben nachhaltig und fair, produziert. Heiko Storz überzeuge sich jede Saison selbst und überwache die Produktion vor Ort persönlich. Die Hemden haben figurbetonte Silhouetten und sind unaufdringlich designt. Jedes Produkt trägt an der linken Seitennaht den diskreten schwarzen „fil noir“ (schwarzer Faden), der an die Herkunft der Oberhemden erinnert. Die Herrenkollektion, FIL NOIR Uomo, macht zwei Drittel des Gesamtumsatzes aus. Das NOS-Programm ist ziemlich schmal gehalten und umfasst lediglich zwei Hemdenmodelle – gewaschene American-Oxford-Qualitäten in Weiß und Blau. Eine Mindestorder wird nicht verlangt.

PoS-Materialien werden von Saison zu Saison und entsprechend dem jeweiligen Kunden zusammengestellt. Neben Aufstellern, Postern oder dem Logo-Holzwürfel produziert FIL NOIR jede Saison ein hochwertiges Lookbook, das den Händlern – auch zur Weitergabe an den Kunden – zur Verfügung gestellt wird. Inzwischen beliefert das Label mehr als 400 Stores in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Benelux, Frankreich, Spanien, aber auch in Neuseeland, Japan sowie den USA. Zur Saison Herbst/Winter 2018/19 lanciert FIL NOIR eine Capsule Collection für Männer. Selezione Blue vertiefe den typisch lässigen Charakter der Marke, setze dabei auf „unkonventionelle, progressive Styles“ und präsentiere sich insgesamt kantiger, mit dunkleren Farben, rustikalen Stoffen und üppigeren Mustern. Die Capsule Collection umfasst insgesamt zwölf Artikel, bietet eine Kalkulation von 2,7 bei VK-Preislagen von 79 Euro, 89 Euro und 99 Euro, mit Schwerpunkt 89 Euro. Die reguläre Kollektion FIL NOIR Uomo umfasst 50 Artikel. 80 Prozent der VK-Preislagen bewegen sich zwischen 79 Euro, 89 Euro und 99 Euro. Der Rest verteilt sich auf 119 Euro, 129 Euro und 139 Euro. Auch hier liegt die Kalkulation bei 2,7 insgesamt.