Verändern, um zu bewahren

TIMEZONE

„Es tut sich zurzeit einiges, der Markt ist offen." (alle Bilder ©TIMEZONE)

Autor: Markus Oess

TIMEZONE-Gründer Wolfgang Endler hielt sich als Surflehrer über Wasser und verdingte sich als Importeur verschiedener Sportswear-Marken. Nach jahrelanger Zusammenarbeit mit der Activewear-Marke BRUNOTTI gründete er die W. Endler Textiltrading GmbH, aus der 1993, zwei Jahre später, die heutige Vertriebsgesellschaft Escape Clothing GmbH hervorging. Im November 1993 launchte Endler auch die Marke TIMEZONE. Die Marke lebte so vor sich hin, bis im Jahr 2000 mit der Hose „Danny“ der Durchbruch gelang. TIMEZONE hatte im vergangenen Jahr zu kämpfen. Wolfgang Mosebach, nach dem Verkauf an die LEO Textil-Holding GmbH seit Dezember Geschäftsführer der Brannenburger, betont im Interview mit FT, schon gemeinsam mit Wolfgang Endler habe das Management an der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gearbeitet, die Läger bereinigt und die Marke wieder sauber aufgestellt. Wie TIMEZONE profitabel wachsen soll.

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Wir haben die Repositionierung auf nachhaltiges, profitables Wachstum ausgerichtet.“ Wolfgang Mosebach, Geschäftsführer von TIMEZONE

FT: Herr Mosebach, surfen Sie gerne?
Wolfgang Mosebach: „Ich bevorzuge zwei Bretter, das passt auch besser zur Gegend hier. Leider finde ich aber momentan kaum Zeit zum Skifahren.“

Bevorzugen Sie eher weiße, langsam abfallende Sandstrände der Südsee oder mehr die rauen Küsten des Atlantiks?
„Ich komme mit beiden ganz gut zurecht.“

Wie rau war denn das Wasser für TIMEZONE?
Sagen wir, die Wellen schlugen schon die Bordwand hoch. Aber das Schiff war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Das Unternehmen wurde von Herrn Endler und seinem Team sehr gut aufgestellt, um zukunftsfähig zu bleiben. Wir haben 2017, als Herr Endler noch an Bord war, Geld ins Produkt gesteckt und in die Systeme sowie ins Personal investiert. Wir haben die Menswear nachjustiert, an der Markenpositionierung gearbeitet. Wir haben den Bereich der Oberteile ausgeweitet. Das Gleiche haben wir in der DOB gemacht. Mittelfristig sollen die Frauen 40 Prozent des Umsatzes bringen. Gekommen waren wir von 30 Prozent. Auch bei der modischen Ausrichtung sind wir ein gutes Stück weiter. Insbesondere aber beim Merchandising und Merchandising-Controlling haben wir einen großen Schritt nach vorn gemacht. Wir sprechen von einem Investitionsvolumen von 800.000 Euro. Wir sind Partner des Handels und das wissen unsere Kunden.“

Endler wollte sich auf sein Projekt „Dahoam im Inntal“ fokussieren und verkaufte im Dezember 2017 die Escape Clothing GmbH TIMEZONE an die LEO Textil-Holding GmbH. Die Escape Clothing GmbH TIMEZONE blieb erhalten. Die Geschäftsführung übernahm Wolfgang Mosebach, der dem Unternehmen als externer Personalberater schon seit mehr als zehn Jahren verbunden ist. TIMEZONE wurde in den zurückliegenden Monaten neu aufgestellt, das Unternehmen machte im vergangenen Jahr Verluste und wird auch aus diesem Jahr mit einem Minus aussteigen.

Jetzt gibt es einen neuen Eigentümer. Firmengründer Endler kümmert sich lieber um das Mehrgenerationenprojekt. Wurde TIMEZONE zum Stiefkind, auch wenn das Unternehmen den finanziellen Grundstock für andere Unternehmungen geschaffen hat?
„Nein, auf keinen Fall. TIMEZONE ist das Baby von Herrn Endler. Wir haben alle Entscheidungen im vergangenen Jahr gemeinsam getroffen. Als klar war, dass TIMEZONE wieder mehr Zeit binden würde, stand zur Diskussion, wie es weitergehen sollte. Nimmt Herr Endler wieder auf dem Fahrersitz Platz oder steigt er aus? Er hat sich dann für sein Mehrgenerationenprojekt ‚Dahoam im Inntal‘ entschieden.“

Schaut Herr Endler öfter noch vorbei? Er wohnt in der Nähe.
„Ja. Ihm gehört immer noch das Gebäude, in dem wir sitzen und das wir langfristig angemietet haben. Er schaut häufiger vorbei. Der Kontakt ist rege und wir schätzen seinen Rat. Herr Endler und sein Team haben ein geordnetes Haus übergeben. Dass das auch noch so ruhig und reibungslos über die Bühne ging, dafür bin ich sehr dankbar.“

Sie kennen das Unternehmen bereits länger, hatten als Berater schon eine Weile den Einblick. War der falsche Kurs nicht früher zu erkennen?
„Das Unternehmen war zu sehr Produzent. Das hat man sehr gut gemacht, aber die Distanz zum Wholesale war etwas groß, das Verständnis für die Belange des Handels fehlte. Ich habe schon früh zu Herrn Endler gesagt, dass wir lernen müssen, was die Händler bewegt, schließlich sind sie unsere Kunden. Es gibt da einen Spruch: ‚Wenn wir wollen, dass es bleibt, wie es ist, müssen wir uns alle verändern.‘ Da steckt viel Wahrheit drin.“

Langfristig angemietet: Die Zentrale von TIMEZONE. 

Sie sagen, Herr Endler wollte sein Lebenswerk, aber auch Arbeitsplätze sichern. TIMEZONE wird dieses Jahr noch mit einem Minus aussteigen. Hätte der neue Investor auch Geduld für ein weiteres, vielleicht sogar zwei rote Jahre?
„Ja, absolut. Wir haben sehr konservativ geplant und haben uns ganz bewusst bei den Zahlen zurückgehalten. Möglicherweise weisen wir auch noch 2019 einen kleinen Verlust aus. Wir haben die Repositionierung auf nachhaltiges, profitables Wachstum ausgerichtet und nicht auf schnelle Erfolge, die wieder verpuffen. Beispielsweise haben wir auch den Neustart von ORWELL sehr zurückhaltend geplant.“

Operativ greift der Investor nicht ein, oder?
„Nein. Wir telefonieren regelmäßig und tauschen uns aus. Er tut dies aber eher aus der Rolle des Sparringspartners. Operativ haben wir völlig freie Hand.“

Anfang 2017 übernahm die Escape Clothing GmbH die Rechte an der Marke ORWELL, um diese zum Winter 2018/2019 wieder auf den Markt zu bringen. Mit ORWELL soll neben TIMEZONE im hochwertigen Sektor ein zweites Standbein aufgebaut werden.

Wie sieht es bei den strategischen Entscheidungen aus, zum Beispiel der Investition in ORWELL?
„Dem Investor ist an einem nachhaltigen Engagement gelegen. Auch auf der menschlichen Ebene muss es ja passen. Wir haben unsere Langfristplanungen entwickelt, bevor wir in abschließende Kaufverhandlungen getreten sind. Nicht umgekehrt. Wir haben in der Menswear, der Womenswear und bei ORWELL Handlungsfelder definiert und abgearbeitet. Es tut sich zurzeit einiges, der Markt ist offen und das sehen wir als Chance für uns. Wir haben die richtigen Produkte und jetzt auch das professionelle Rüstzeug zur Betreuung unserer Händler.“

Wir fokussieren uns zwar generell mehr auf die Menswear, aber können Sie uns bei ORWELL eine kurze Wasserstandsmeldung geben?
„Die Kollektion wird in diesen Tagen fertig und wir werden jetzt gezielt auf die Händler zugehen. Im Juli/August wollen wir starten. Erste Einkäufer haben schon einen Blick auf Teile der neuen Kollektion geworfen. Die Reaktionen sind überaus positiv. ORWELL hat eine eigene Handschrift. Wir haben mit Hedi Bouley eine Topkraft gewonnen und unsere deutschen Produktionspartner liefern erste Qualität. Die Produktion der im Schwarzwald ansässigen Reutter GmbH liegt seit drei Jahrzehnten in den Händen von Kristina Reutter-Hopp. Das Unternehmen steht seit seiner Gründung 1840 für Qualität und Expertise im Hosenbereich. Wir wollen in einem ersten Schritt 30 bis 35 Händler gewinnen, rechnen aber für das Jahr eins mit einem Anlaufverlust, den wir durchaus handeln können.“

Die Kollektionen von TIMEZONE wurden ebenfalls in ihrer Struktur und Zusammensetzung angefasst. Änderungen, die sich auch im Export bemerkbar gemacht haben, denn das Label geht stärker auf die Besonderheiten des jeweiligen Marktes ein. Mosebach rechnet fest mit Umsatzwachstum, nachdem 2017 trotz der Neuausrichtung das Volumen gehalten werden konnte.

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Zurück zu TIMEZONE, wie ist die Order bislang angelaufen? Sind die avisierten 8 Prozent Umsatzplus für 2018 immer noch realistisch? Der Handel hat ‚TIMEZONE reloaded‘ gesehen.
„Die Signale gehen in diese Richtung. Wir haben neue Flächen dazugewonnen und wir spüren erste gute Erfolge im Merchandising-Controlling, das ständige Nachsteuern der Fläche zahlt sich aus. Die Kollektion hat mehr Oberteile, ist modischer geworden und wir haben das NOS gestrafft. Wir haben überdies einen Teil der Produktion aus Asien wieder nach Europa geholt, was sich positiv auf die Qualität der Ware auswirkt. Auch die Preislagen haben wir neu austariert und das Preis-Leistungs-Verhältnis optimiert. Im Ergebnis steigen die Stückzahlen. Wir haben bei Hosen auch oben angebaut. Wer sagt denn, dass wir Hosen nicht auch für mehr als 99 Euro verkauft bekommen, wenn sie entsprechend ausgestattet sind? Der Kampf wird nicht beim Einstiegspreis gewonnen. Wir müssen die Durchschnittspreise nachhaltig erhöhen. Bei Shorts sind wir extrem stark und haben die Planungen verdoppelt. Gerade heute haben wir einen Auftrag für 40 Flächen geschrieben. Helfen werden sicher auch unser 25-jähriges Jubiläum und der Start von ORWELL.“

Wie teilt sich das Geschäft zwischen In- und Ausland auf?
„Wir machen rund 30 Prozent unseres Umsatzes im Ausland. In Italien haben wir eine eigene Vertriebstochter. Auch Frankreich ist für uns ein wichtiger Markt. Österreich und die Schweiz lassen sich ebenfalls noch gut abdecken.“

Hat man jenseits der Grenzen die bestehenden Probleme genauso registriert wie hier?
„Wir sind zu wenig auf die landesspezifischen Eigenheiten eingegangen. In Italien zum Beispiel sind die Hosen generell cleaner und abgeräumter. Hierauf haben wir reagiert und prompt ein Orderplus verzeichnet. 60 Prozent unserer Hosen laufen über Lager. Dafür brauchen wir verkaufsstarke Produkte. Auch bei Strick haben wir Hand angelegt und sind anspruchsvoller geworden. Hier verzeichnen wir in der Order ebenfalls wieder ein Plus. Ein kleines Plus zwar, aber ein Plus.“

In diesem Jahr feiert TIMEZONE sein 25-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass legen die Bayern vier Kapseln auf. Auch das soll neben der Einführung einer systematischen Flächenbewirtschaftung und dem Verkaufsstart von ORWELL sowie der neuen Kollektionsausrichtung spürbare Wachstumsimpulse setzen. Mosebach ist überzeugt, dass TIMEZONE inzwischen wieder in der Spur ist, die Maßnahmen sind langfristig angelegt.

Sie werden vier Jubiläumskapseln auflegen, was genau ist geplant?
„Wir starten im März mit der ersten Kapsel ‚Legend Pants‘. Wir legen uns 30.000 Teile, Mens- und Womenswear, aufs Lager und verkaufen die runter. Dann folgt die größte Aktion des Jahres ‚Short Kicks‘ mit 80.000 Teilen. Wir starten mit der Lieferung in den Feriengebieten im Norden bereits im März und liefern bis September als Seasonal NOS aus. Wir haben schon die Hälfte in den Handel verkauft. Im September folgt eine Aktion mit Einstiegsjeans und –Sweatshirts. Zu Weihnachten kommt dann eine Kapsel mit etwas ausgefalleneren Teilen. Die Kapseln drei und vier fallen etwas kleiner aus, tragen aber den Kombigedanken nach vorn.“

Wie sehen die Konditionen aus?
„Bei allen Kapseln arbeiten wir mit einer Kalkulation von 2,7 und bieten eine Rücknahme an. Bei den beiden ersten Shorts-Kapseln haben wir auch auf unsere Kosten Pop-up-Flächen vorgesehen. Wir wollen die Aktion übrigens 2019 wiederholen.“

Tauchen Hammer und Zirkel auf? Labelgründer Endler ist gelernter Schreiner …
„Bis jetzt noch nicht (lacht). Übrigens stammen die Möbel tatsächlich alle aus der Feder von Herrn Endler. Wir haben auch schon welche verbaut, etwa bei KARSTADT Rosenheim, SAUER, Bad Hersfeld, und bei MODEPARK RÖTHER. Aber um das klarzustellen: Wir verkaufen Mode und keine Möbel.“

Wie ist der Handel bei alldem eingeplant, erhält er auch Geburtstagsgeschenke?
„Wir haben die vier Kapseln mit besonders guten Konditionen aufgelegt. Darüber hinaus planen wir für das kommende Jahr ein Dankeschön für 25 Jahre Treue im Handel.“

Sie wollen einen Beirat aus Branchenkennern bilden. Gibt es schon erste Namen?
„Wir haben grünes Licht von unseren Investoren erhalten und können den Beirat besetzen, wie wir es für richtig halten. Ich habe bereits zu zwei Branchenpersönlichkeiten Kontakt aufgenommen. Ich verspüre da jetzt keinen Handlungsdruck. Namen werden wir erst nennen, wenn das Gremium vollständig besetzt ist.“

Wie weit sind Sie bei der Flächenbewirtschaftung?
„Wir haben Microsoft Dynamics eingeführt und greifen auf das Planungstool beziehungsweise auf die Zahlen vor Ort zu. Wir können jetzt Quadratmeterumsätze, Spannen, Abschriften und alle weiteren relevanten Daten abrufen und analysieren. Wir haben in unserem Haus drei Leute für das Projekt abgestellt. Ziel ist es, möglichst alle EDI-Kunden einzubinden.“

Sie halten also an den bereits proklamierten Zielen fest: 8 Prozent Umsatzwachstum und schwarze Zahlen für 2019?
„Wir beliefern 800 Händler. Rund 90 große Häuser, einige Filialisten, sind schon dabei, sodass wir bereits eine große Anzahl von Flächen steuern. Wir werden das Projekt in diesem Jahr Schritt für Schritt abarbeiten und weitere Händler aufschalten.“

Im Februar waren die Olympischen Spiele. Wären Sie als Bekleidungssponsor jetzt im Winter oder bei den kommenden Sommerspielen dabei?
„Wir wären schon bei den Sommerspielen besser aufgehoben.“

Welches Land würden Sie gern unterstützen?
„Ich fände ein skandinavisches Land sympathisch.“