Denys’ Welt

FYNCH HATTON

„Die Geschichte eines Abenteurers und Lebemanns, verbunden mit einem Schuss Exotik" (alle Bilder ©FYNCH HATTON)

Autor: Markus Oess

Die Schirmakazie ist der typische Baum der afrikanischen Savanne und steht damit für die Faszination, die diese Region seit jeher ausstrahlt. So steht es auf der Website von FYNCH-HATTON. Die Faszination des Landes scheint auf die Marke überzuspringen. Das Label wurde 1998 von Roger Brandts gegründet und wächst immer noch deutlich zweistellig. Ehrliche und entspannte Mode statt Schickimicki-Mode, die auch dem Abenteurer und Lebemann Denys Finch Hatton, nach dem das Label benannt wurde, gefallen würde. Im vergangenen Geschäftsjahr erzielten die Mönchengladbacher einen Umsatz von 56,1 Millionen Euro. In vier Jahren feiert FYNCH-HATTON seinen 25. Geburtstag. Bis dahin soll die 100-Millionen-Grenze geknackt werden. Wie, darüber sprach FT mit Christian Bieniek, Director Brand & Product Management, und Christoph Brandts, Managing Director.

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FT: Herr Bieniek, wie ist FYNCH-HATTON aus der Orderrunde herausgekommen?
Christian Bieniek: „Aufgelaufen liegen wir bei einem Plus von rund 17 Prozent in der Hauptorder. Auf das laufende Geschäftsjahr gesehen planen wir mit einem Mehrumsatz von 20 bis 25 Prozent. Das Wachstum ist ungebrochen. Wir hatten 2015 geplant, innerhalb von fünf Jahren den Umsatz auf mindestens 50 Millionen Euro hochzuschrauben. 2017 haben wir bereits mit einem Volumen von 51,6 Millionen Euro abgeschlossen.“
Christoph Brandts:Inzwischen platzt auch unsere Logistik aus allen Nähten, sodass wir jetzt hier auf dem Gelände neue Büroräume mit 1.000 Quadratmetern und ein neues Lager mit einer Grundfläche von 3.500 Quadratmetern, die teilweise aber mehrgeschossig genutzt werden wird, bauen. Unsere Familie investiert 7,5 Millionen Euro. Die Infrastruktur wird auch von COLOURS & SONS, das mein Schwager führt, genutzt.“

Das Unternehmen generiert immer noch deutliches Wachstum – gegen den Markt. Was machen Sie besser als andere? Mode ist ja keine Raketenwissenschaft.
Bieniek: „Das Zusammenspiel von drei Dingen macht FYNCH-HATTON so erfolgreich und einzigartig in seinem Segment: Erstens bieten wir ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich weiß, das sagen alle Anbieter, aber wir bestimmen den Preis nicht aus der Kostenkalkulation mit einem festen Aufschlag, sondern definieren diesen über das fertige Produkt am Markt. Das ist nicht allein in der Herangehensweise ein Unterschied, denn Price/Value ist unsere Zielgröße. Zweitens achten wir auf eine sehr hohe Passformsicherheit. Den Slim-Weg ist FYNCH-HATTON nie so konsequent gegangen wie andere Anbieter. Unser Endkunde schätzt das offenbar. Drittens haben wir eine enorme Farbkompetenz. Allein bei den Basisqualitäten bieten wir eine Auswahl aus 25 Farben. Das und unsere Markenidentität mit unserer Heritage machen die Marke FYNCH-HATTON so einzigartig im Markt.“

Inzwischen spricht Firmengründer Roger Brandts selbst vom Total Look, andererseits expandieren Sie auch mit eigenen Läden. Worauf legen Sie strategisch mehr Gewicht, Wachstum auf der Fläche oder mit den Läden?
Brandts: „Wir haben uns vor drei Jahren für eine fest definierte Testphase entschieden, um zu sehen, wo und in welchem Umfeld wir funktionieren. Wir wollen aber in erster Linie aus dem Produkt heraus im Wholesale wachsen.“

Neue Büroräume und ein neues Lager mit einem Investitionsvolumen vom 7,5 Millionen Euro

Wohin könnte sich das Kräfteverhältnis zwischen Retail und Wholesale auspendeln?
Bieniek: „Nach der Testphase werden wir entscheiden, wie es weitergeht.“
Brandts: „Wir haben zum 1. Februar unseren neuen Online-Shop nach einer ersten Testphase angepasst. Die ersten Wochen sind vielversprechend angelaufen. Wir behandeln im Grunde den Online-Shop als eine weitere Filiale.“

Wie viel Umsatz wollen Sie damit machen?
Brandts: „Wir wollen mittelfristig einen zweistelligen Umsatzanteil generieren. Die generelle Entwicklung ist auch wirklich schwer abschätzbar, denn gerade in der digitalen Welt sind die Fortschritte und Veränderungen sehr schnell und umfassend. Wir planen sehr sorgfältig und agieren entsprechend vorsichtig.“

Wie sieht es im Wholesale aus?
Bieniek: „Der B2B-Shop war der erste Schritt unserer Digitalisierungsstrategie. Seit November vergangenen Jahres können unsere Händler direkt ordern und haben den vollen Zugriff auf unsere Bestandsdaten. Unsere gesamte Kollektion ist mittlerweile digitalisiert.“

Wie viele Händler beliefern Sie inzwischen?
Brandts: „Wir kommen auf 2.200 PoS, davon 1.100 in Deutschland. Wir erwirtschaften rund 53 Prozent unseres Umsatzes im Ausland und sind in 55 verschiedenen Ländern vertreten.“

Wäre Südafrika ein Thema?
Brandts: „Wir haben tatsächlich darüber nachgedacht, aber der Fokus liegt auf Europa und Russland. Dazu der Nahe Osten, Asien und Kanada.“
Bieniek: „Wir haben aber auch in Deutschland noch weiße Flecken und wollen diese gerne ausfüllen. Hinzu kommt die Expansion über neue Produktgruppen, wie unsere Jacken-Offensive.“

Modisch verortet sich das Unternehmen nach Südafrika. Damit verbinden die Menschen einen bestimmten Kleidungsstil. Andere Marken wollen sich von dieser Eindeutigkeit verabschieden. camel active etwa will weg vom Image der klassischen Abenteurer-Marke hin zu einem urbanen Lebensstil. Wie ist das bei FYNCH-HATTON?
Brandts: „Unsere Geschichte ist und bleibt eng mit Denys Finch Hatton und seinem Lebensstil verbunden. Das Leben von Denys ist die Geschichte eines Abenteurers und Lebemanns, verbunden mit einem Schuss Exotik. Das gefällt jedem Mann. Unsere Identität pflegen wir auch weiterhin mit einem gewissen Augenzwinkern. So gibt es zu jeder Saison eine kleine Heritage-Kapsel unter der Überschrift ,Safari‘. Wir adaptieren die Welt von Denys in die heutige Zeit und interpretieren sie neu.“

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Im Casual-Bereich haben Sie einen hohen Deckungsgrad erreicht, bieten aber auch Sakkos an. Sind irgendwann Anzüge denkbar? Viele Anzugmarken bauen ja umgekehrt die Casual Wear strategisch aus, wollen ebenfalls Komplettanbieter werden.
Bieniek: „Nein, sicher haben wir auch Sakkos. Aber Anzüge passen nicht zu uns. Wir fokussieren uns im Bereich Casual Wear. Zum Beispiel haben wir sowohl in der Outerwear noch genug Wachstumspotenzial als auch mit Sweats und Polos.“

Wäre DOB ein Thema?
Brandts: „Wir denken darüber nach. Konkrete Planung gibt es aber noch nicht. Für uns hat die Womenswear nicht oberste Priorität. Wir sehen in der Menswear noch viel Raum. Wir wollen im 25. Jahr unseres Bestehens die 100-Millionen-Grenze überschreiten. Dazu haben wir noch fünf Jahre Zeit und ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen werden.“

Das Brand legt auch großen Wert auf Nachhaltigkeit. Wie weit ist das Thema im Unternehmen verankert?
Bieniek: „Produktqualität bedeutet für uns auch Nachhaltigkeit in der Herstellung und im Wareneinsatz. Wir haben zum Beispiel ‚Cotton made in Africa‘ verarbeitet und sind auch hier an unserem Standort in Arbeitskreisen aktiv. Dazu gibt es eine neue Kooperation mit bioRe – eine 100 Prozent nachhaltige Baumwolle aus Tansania. Außerdem engagieren wir uns regelmäßig bei Projekten der Welthungerhilfe in Afrika.“

Lassen Sie Ware zertifizieren, zumindest teilweise?
Brandts: „Wir sind SUPIMA-zertifiziert. Aber Ziel ist nicht das Zertifizieren, sondern nachhaltige Produktionsprozesse zu implementieren.“

Nachhaltigkeit wird wichtiger. Viele Verbraucher wollen wissen, wo und unter welchen Bedingungen ihre Kleidung hergestellt wurde. Beim Preis hat das Thema dann aber schnell ein Ende. Wie sehen Sie das, wenn FYNCH-HATTON bezahlbare Premiumqualität anbietet? Wären Ihre Endkunden bereit, für einen fairen Preis mehr auszugeben?
Brandts: „Tatsächlich messen viele Verbraucher dem Thema zusehends Bedeutung bei. Aber so erstrebenswert die Ziele eines ökofairen Welthandels auch sind, die meisten Verbraucher in Deutschland sind noch nicht bereit, dafür auch mehr Geld auszugeben. Wir achten auf Price/Value. Wir verstehen uns als fairer Partner und sind auf eine Win-win-Situation für alle Beteiligten bedacht. Das heißt auch, dass wir sehr wohl wissen, dass unsere Lieferanten nicht bis zum letzten Cent ausgequetscht werden dürfen. Im Gegenteil – wir bezahlen sehr fair. Viele unserer Lieferanten sind von Anfang an dabei. Dafür erwarten wir aber auch gute Qualität und ordentliche Arbeitsbedingungen in der Fertigung. Das prüfen wir regelmäßig vor Ort.“

Ist FYNCH-HATTON auch politisch? Südafrika hat in der jüngeren Geschichte auch eine sehr bewegte Geschichte hinter sich.
Brandts: „Nein, wir sind keine politische Marke.“

Facebook steckt in der Krise, weil Algorithmen nicht zwischen „gut“ und „böse“ unterscheiden und das Management ein Geschäftsmodell betreibt, das mindestens eine recht eigene Vorstellung von Datenschutz und Verantwortung verlangt. Wie gehen Sie mit dem aktuellen Skandal um, ziehen Sie Konsequenzen?
Bieniek: „Wir sind in den sozialen Medien präsent und beobachten natürlich die aktuelle Entwicklung, sehen aber derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf. Datenschutz und die damit verbundene Verantwortung sind für FYNCH-HATTON ein wichtiges zentrales Gut, das wir auch weiterhin stark schützen werden.“

Wenn die Digitalisierung die Gesellschaft und die Menschen in einer Art und Geschwindigkeit verändert, die so kaum vorhersehbar scheint, was macht sie dann mit Marken?
Brandts: „Unsere Endkunden zählen nicht zu den Digital Natives. Für sie hat die Digitalisierung hinsichtlich der Markenentwicklung lange nicht die Bedeutung wie für junge Marken, die zum Teil sogar aus der digitalen Welt heraus entwickelt wurden.
Dennoch verfolgen wir selbstverständlich die Entwicklung und werden uns entsprechend ausrichten.“

Zum Unternehmen:
Er war ein Sprössling der britischen Aristokratie und Schüler am Eton College. Denys Finch Hattons Werdegang schien vorgezeichnet. Doch seine Vorfahren hatten ein stattliches Vermögen verspielt. 1911 reiste der damals 24-jährige Denys Finch Hatton mit Verwandten nach Südafrika. Als er von seinem Onkel erbte, kaufte Finch Hatton in Kenia eine Farm und verbrachte fortan den Großteil seines Lebens auf dem Schwarzen Kontinent. Finch Hatton wurde Großwildjäger, Safari-Guide, Buschpilot und Liebhaber von Karen Blixen in Afrika. Ein Leben, das den Film „Jenseits von Afrika“ inspirierte und der 1985 in die Kinos kam. Zu dieser Zeit hielt sich Roger Brandts in Südafrika auf. „Als ich Mitte der 1980er-Jahre zur Vorbereitung für mein Studium der Textiltechnik ein sechsmonatiges Praktikum in Südafrika machte und in dieser Zeit auch noch der Film in die Kinos kam, war ich gefesselt. Nicht nur von diesem wundervollen Kontinent, sondern auch von der Person Denys Finch Hatton, im Film gespielt von Robert Redford. Ein großartiger Mann, der sich seine Freiheiten nahm und der die Natur und die Wildheit Afrikas liebte“, sagt Brandts. 1998 gründete er FYNCH-HATTON. Inzwischen bietet das Label einen Komplett-Look und erwirtschaftet in 55 Ländern einen Umsatz von zuletzt 56,1 Millionen Euro. Bis 2023 soll die 100-Millionen-Grenze übersprungen werden.