E-Commerce verliert

Gero Furchheim ©bevh

Kaufzurückhaltung

Der deutsche E-Commerce konnte 2022 nicht an die hohen Vorjahresumsätze anknüpfen. Nominal fiel der Brutto-Umsatz mit Waren im E-Commerce im Gesamtjahr 2022 um 8,8 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr, teilt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) mit. Allerdings konnten die Umsätze mit digitalen Dienstleistungen wie Urlaubsbuchungen oder Konzertticketverkäufen nach den Lockdowns der ersten Pandemiejahre um 39,9 Prozent auf 11,25 Mrd. Euro aufholen. Insgesamt liegt der Branchenumsatz bei 101,7 Mrd. Euro, ein Minus von 5 Prozent. Verglichen mit den Umsätzen vor Corona (2019) lag der Onlinehandel mit Waren vergangenes Jahr hingegen immer noch mit 24,5 Prozent im Plus. Dienstleistungen sind mit einem Rückstand von 42,2 Prozent im Vergleich zu 2019 weit davon entfernt, das Niveau der Vor-Corona-Jahre wieder zu erreichen. Der Anteil des E-Commerce mit Waren am gesamten Einzelhandel im engeren Sinn (inklusive Lebensmittel, ohne Apotheken) sank 2022 auf 11,8 Prozent (2021: 14,3 Prozent). Beim Nonfood-Handel, liegt der Marktanteil des E-Commerce mit 15,4 Prozent ebenfalls unter dem Vorjahreswert von rund 20 Prozent.

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Auch der Online-Handel nimmt die Krise wahr. Die merkliche Kaufzurückhaltung, vor allem bei nicht unmittelbar notwendigen Dingen, zeigt die aktuelle Verunsicherung der Menschen verbunden mit gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die Auswahl, Verfügbarkeit und Transparenz im Onlinehandel werden von den Kunden gerade jetzt geschätzt und die Zufriedenheit mit dem Kauf im Netz ist so hoch wie nie. Verbessern sich Rahmenbedingungen und Konsumstimmung, wird der E-Commerce daher weiter überdurchschnittlich wachsen“, sagt Gero Furchheim, Präsident des bevh, sicher.

Während Warengruppen, die einen akuten Bedarf decken, wie Haushaltsgroßgeräte oder Spielwaren zulegten, sparten die Verbraucher an typischen Impulskäufen. Die Spanne reicht von einem Umsatzplus von 6,4 Prozent für Tierbedarf, +3,5 Prozent für Medikamente und +1,3 Prozent für Lebensmittel bis zu einem Minus von 16,6 Prozent für Schuhe sowie jeweils -12,8 Prozent für Bekleidung und Bücher, inklusive E-Books und Hörbüchern. Der Onlinehandel startete 2022 robust mit zweistelligen Wachstumsraten und fiel bei Kriegsausbruch in der Ukraine schlagartig ins Negative. Besonders bei Mode, Hobby und Freizeit sowie Unterhaltungselektronik brechen aktuell Spontaneinkäufe weg. Umsätze mit alltäglichen Bestellungen von Lebensmitteln, Beautyprodukten oder Medikamenten, die in der Pandemie verstärkt in den E-Commerce gewandert sind, sind hingegen stabil geblieben. „Wer den E-Commerce während der Lockdowns für tägliche Bedarfe genutzt hat, kauft auch in Zukunft weiter online ein“, sagt Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim bevh.

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Zwar waren sämtlich Versendertypen von den Rückgängen betroffen. Am deutlichsten spürbar war die Kaufzurückhaltung aber bei den Multichannel-Händlern, deren Online-Verkäufe sich zum Teil wieder ins eigene stationäre Geschäft verlagern. Deutlich besser als der Markt, aber dennoch rückläufig, waren die Umsätze bei den Online-Pure-Playern und insbesondere bei den Herstellern (Direktvermarktern). Aktuell geht der Verband für 2023 von einem Wachstum von 4,8 Prozent auf 94,7 Milliaerden Euro für den für den E-Commerce mit Waren aus.