„Für uns gehört Engagement dazu!“

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„Tatsächlich ist es nicht einfach, gegen Fast-Fashion-Konkurrenz und Internet Shopping zu bestehen. Wir sind aber richtig überzeugte Einzelhändlerinnen und -händler, die gerne beraten, Lust auf Kontakt mit Kundinnen und Kunden haben und viele Hintergrundinfos zu ihren Produkten liefern können", sagt Mitinhaberin Nicole Jäckle alle Bilder ©supermarché

Autorin: Tays Jennifer Köper-Kelemen
In Berlin-Kreuzberg betreiben die Lebenspartner Nicole Jäckle und Ben Irion den Laden supermarché, einen Green Fashion Store mit Fokus auf nachhaltige Denims. Kunden können vor Ort nicht nur neue Jeans kaufen, sondern auch ausgetragene Hosen für ein Recycling-Projekt abgeben. FASHION TODAY hat bei Inhaberin Jäckle nachgefragt.

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Die Lebenspartner Nicole Jäckle und Ben Irion haben 2009 ihren gemeinsamen Laden supermarché ins Leben gerufen. Seit nunmehr 2014 befindet sich dieser mit einer Verkaufsfläche von 100 Quadratmetern am jetzigen Standort in Berlin-Kreuzberg. Nachhaltige Mode aus Bio-Baumwolle, Hanf und Bio-Leinen stellt das Sortiment, dabei liegt ein wesentlicher Fokus auf verantwortungsbewusst produzierten Denims mit Brands wie KUYICHI, Kings Of Indigo, DAWN und ARMEDANGELS. Neben dem Verkauf von neuen Jeans können Kunden seit etwa zwei Jahren auch ausgediente Modelle im Laden abgeben, die dann zum Recycling nach Köln weitergeleitet werden. Über das Label Hirschkind vertreiben die Inhaber zudem eine eigene Kollektion für Mode und Wohntextilien, die in einer eigenen Siebdruckwerkstatt von Hand bedruckt werden. Sämtliche Artikel sind nicht nur stationär, sondern auch online verfügbar. FASHION TODAY hat bei der Gründerin Jäckle nachgehört, wie sich ihr Ladenkonzept gestaltet.
„Das Angebot, bei uns alte Jeans abzugeben, wird immer besser angenommen. Es hat sich herumgesprochen. Oftmals kommen Menschen mit riesigen Taschen voller alter Jeans und sind froh, dass daraus etwas Neues entsteht.“ Nicole Jäckle, Mitinhaberin supermarché

FASHION TODAY: Nicole Jäckle, welchen Stellenwert hat für Ihr Ladenkonzept das Thema Denim?
Nicole Jäckle: „Jeans sind unsere Leidenschaft! Wir achten darauf, eine sehr große Auswahl unterschiedlicher Styles anzubieten. Und wir bieten eine gute und ehrliche Beratung. Unsere Kundinnen und Kunden freuen sich, wenn wir ihnen helfen, ihre neue perfekte Jeans zu finden. Und wir selbst haben auch Freude daran. Das größte Kompliment ist es, wenn eine Kundin oder ein Kunde am Ende sagt: ‚Eigentlich hasse ich es, Jeans zu kaufen, aber das hat richtig Spaß gemacht.‘
Hinzu kommt, dass Jeans in der ohnehin schmutzigen konventionellen Textilindustrie aufgrund von Veredelungsprozessen ein besonders problematisches Thema sind. Da ist es umso wichtiger, eine ökologische Alternative zu bieten. Unsere Jeans sind aus recyceltem Denim oder Bio-Baumwolle gefertigt und es werden bei ihnen umweltverträgliche Waschverfahren wie Ozon oder Laser genutzt.“

Sie bieten Kunden in Ihrem Laden an, ausgediente Jeans zum Recycling abzugeben. Wie wird Ihr Angebot angenommen?
„Das Angebot, bei uns alte Jeans abzugeben, wird immer besser angenommen. Es hat sich herumgesprochen. Oftmals kommen Menschen mit riesigen Taschen voller alter Jeans und sind froh, dass daraus etwas Neues entsteht.“

Was passiert genau, wenn alte Jeans einmal abgegeben wurden?
„Wir haben zwei Wege, die die alten Jeans gehen: Zum einen werden sie in Berlin in einem Projekt für Menschen mit psychischen Einschränkungen zu Sitzkissen für Kitas vernäht. Hier handelt es sich um klassisches Upcycling. Zum anderen schicken wir die Jeans in großen Mengen zu einem nachhaltigen Laden in Köln, der das Jeans-Recycling-Projekt angestoßen hat. Dort kommen gesammelte Jeans aus ganz Deutschland an und gehen weiter zu einem Stoff-Recycler. Der alte Jeansstoff wird anschließend geschreddert und zu neuem Garn verarbeitet, aus dem dann neuer Stoff hergestellt wird – aus den kaputten Jeans, die sonst im Abfall gelandet wären.“ 

Wie leisten Sie Ihren Kunden gegenüber Aufklärungsarbeit?
„Wir informieren hauptsächlich über unsere Website, Newsletter und vor Ort, zum Beispiel, wenn die Kundinnen und Kunden kommen und sich für unsere große blaue Tonne interessieren, in der wir im Laden Jeans sammeln.“

Nur nachhaltige Jeans im Angebot

Ist es Ihnen wichtig, dass Kunden nachhaltige Denim-Produkte und Recycling richtig verstehen?
„Uns ist es generell wichtig, dass sich unsere Kundschaft und die Gesellschaft insgesamt mit der Herstellung von Mode beziehungsweise Textilien und deren Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Menschen, die die Produkte herstellen, beschäftigen. Wir haben als Gesellschaft Produktion outgesourct, um günstige Preise für die Produkte zu bekommen – den Preis hierfür zahlen aber dann die Natur sowie die Produzenten vor Ort. Da Produktion meist an Orten geschieht, die sehr weit von uns entfernt sind, schauen wir (lieber) nicht so genau hin. Abgesehen davon ist es ein tolles Gefühl, ein Produkt zu tragen, das kaputte Jeans davor bewahrt, einfach nur auf dem Müll zu landen. Und das Gute ist, man sieht es den Jeans absolut gar nicht an, dass sie aus Müll hergestellt wurden. :-)“

Nutzen Sie auch für Ihr Eigenlabel Hirschkind recycelten Denim?
„Nein, dafür nutzen wir den Stoff nicht. Wir arbeiten ausschließlich mit Bio-Baumwoll-Stoffen für die Produkte unseres Eigenlabels Hirschkind. Dafür haben wir bereits vor langer Zeit Lieferketten aufgebaut, mit denen wir sehr zufrieden sind, und diese wollen wir auch so beibehalten.“ 

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Setzen Sie neben der Textil-Recycling-Station noch auf weitere Ideen, um Nachhaltigkeit in Ihrem Laden zu fördern?
„Unser Konzept beruht auf Nachhaltigkeit, angefangen mit den Textilien, die wir verkaufen und die ausschließlich aus recycelten oder ökologisch unbedenklichen Stoffen wie Bio-Baumwolle, Hanf oder Bio-Leinen bestehen. Es gibt daneben aber auch kleine Schritte wie die ausschließliche Nutzung recycelten Papiers, den Verzicht auf unnötige Verpackungen beim Onlineversand oder die Wahl einer ethisch wirtschaftenden Bank. Wir machen immer wieder Projekte im Laden, um auf das Thema ökologische und faire Produktion aufmerksam zu machen, wie zum Beispiel während der Fairen Woche, in der bei uns an einem Tag Fairtrade-Kaffee an alle ausgeschenkt wird und Infos dazu angeboten werden, um Kundinnen und Nachbarn auch über das Thema Mode hinaus für fairen Handel und Nachhaltigkeit zu sensibilisieren.“

Wie wichtig ist für Sie heutzutage Engagement von Einzelhändlern pro fairer und sozialverträglicher Mode?
„Für uns gehört das Engagement dazu, dafür haben wir unseren Laden gegründet. Tatsächlich ist es nicht einfach, gegen Fast-Fashion-Konkurrenz und Internet Shopping zu bestehen. Wir sind aber richtig überzeugte Einzelhändlerinnen und -händler, die gerne beraten, Lust auf Kontakt mit Kundinnen und Kunden haben und viele Hintergrundinfos zu ihren Produkten liefern können. Zum Glück gibt es noch genügend Kundinnen und Kunden, die dies schätzen und nicht nur ein Paket aufreißen wollen, um dann festzustellen, dass die bestellte Jeans nicht passt. Denn tatsächlich kommen fast alle bei uns online bestellten Jeans wieder zurück. Wir verkaufen sie viel lieber offline!“

Der Store wurde 2014 gegründet.

Was meinen Sie, was sind Sie mit Ihrem Laden für Ihre Kunden?
„Eigentlich habe ich die Frage oben schon fast beantwortet. Wir wollen ein Ort sein, an dem alle Menschen sich wohlfühlen. Egal ob modeinteressierter Hipster oder ältere Dame, die eine nachhaltige Jeans möchte. Ich denke, wir sind ein Laden, in den Leute gerne kommen, weil sie merken, dass wir hinter dem stehen, was wir machen. Bei uns herrscht gute Stimmung im Laden, wir halten auch gerne ein Schwätzchen.
Der Community-Gedanke ist für uns ganz wichtig. Mit unserem ‚Kiezmodel-Projekt‘ haben wir zum Beispiel eine etwas ungewöhnliche Art der Vernetzung zwischen Gewerbetreibenden im Kiez ins Leben gerufen: Wir haben andere Gewerbetreibende gebeten, Models für unseren Onlineshop zu sein. Der Hintergrund war, dass wir unseren Shop diverser machen wollten, die Fotos sollten besser zu uns und unserem Kreuzberger Kiez passen. Im Gegenzug haben wir die Betriebe und Projekte der ‚Kiezmodels‘ in unserem Blog ausführlich vorgestellt und mit unserem Shop verlinkt. Man kann also aus dem Onlineshop heraus schauen, was für eine Bar das ‚Model‘ im blauen Hoodie betreibt. Das Projekt kam gut an, das Feedback war sehr positiv. Mittlerweile machen wir diese ‚Kiezmodel‘-Aktion einmal im Jahr mit Kundinnen und Nachbarn zur fashion revolution week (www.supermarche-berlin.de/laden-und-konzept/nachbar-innen-statt-models/).“

supermarché
Wiener Straße 16
10999 Berlin-Kreuzberg

Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag: 11 bis 19 Uhr
Samstag: 11 bis 18 Uhr