„Fashion First“ auch im Wohnzimmer

JOOP! LIVING

Der kleinste JOOP! LIVING-Markenshop belegt nur einen knappen Quadratmeter Fläche. Alle Bilder ©JOOP!

Autor: Markus Oess
Kristian Markus, CEO JOOP! LIVING, über die Verzahnung von Fashion und Interior, neue Konzepte für Handelspartner und warum Möbelkollektionen keine Nebenrolle mehr spielen.

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JOOP! LIVING ist eine bedeutende Lizenz der Marke JOOP!. Was einst aus dem persönlichen Interesse von Wolfgang Joop an Interieur entstand, hat sich zu einer umsatzträchtigen, eigenständig geführten Unit entwickelt. CEO Kristian Markus spricht im Interview über die Rolle von „Fashion First“ in der Kollektionsentwicklung, die Vorteile einer engen organisatorischen Anbindung an die HOLY FASHION GROUP, über digitale Shoplösungen für den Handel – und darüber, warum die Nachfrage nach markenstarkem Wohnen gerade jetzt nicht nachlässt.

Die Leuchtturm-Destinationen wie die KaDeWe Group, breuninger oder L&T sind sehr erfolgreich mit den JOOP! LIVING-Kollektionen, führen diese aber auch in eigenen Home- oder Living-Abteilungen. Kristian Markus, JOOP! Living

FASHION TODAY: Herr Markus, Living ist eine zentrale Säule von JOOP! und sie ist eine der ältesten Lizenzen der Marke. Die Verbindungen nach Kreuzlingen sind also enger – wie eng?
Kristian Markus: „Der Bereich JOOP! LIVING geht noch auf Initiative und Engagement von Wolfgang Joop zurück, der sich auch als Sammler rarer Interiorkollektionen und Kunstwerke einen Ruf erworben hatte. Da sich aber herausstellte, dass die Einrichtungsmärkte ganz anderen Gesetzen genügen müssen als die Welt von Fashion, Fragrance und Apparel, wurde das Geschäftsfeld schon damals ausgegliedert in eine eigene Unit. Diese Organisationsstruktur wurde auch nach dem Merger in die HOLY FASHION GROUP aus gleichen Gründen beibehalten. Der Erfolg von JOOP! LIVING liegt wesentlich in der engen Verbindung von Fashion und Interior, die sich sowohl in den Kollektionen als auch im Marketing zeigt – immer dem Prinzip folgend: ,Fashion First‘, da sich die Konsumentinnen immer noch öfter und intensiver mit Mode beschäftigen als mit Einrichtung. Um das zu erreichen, pflegen wir einen sehr engen Austausch durch laufende Meetings und gemeinsame Gremien et cetera, die für beide Seiten sehr fruchtbar sind.“

Ist das ein Vorteil gegenüber anderen Lizenzmodellen, so eng verbunden zu kooperieren?
In jedem Fall gewährleisten wir in der engen Zusammenarbeit ein hohes Maß an Markenidentität und Markenprofil – das gelingt nicht in allen Brand Extensions oder Auslizenzierungen anderer Marken, wo oft nur Badge Marketing betrieben wird – nur ein Logo drauf, das kanns nicht sein, das nimmt auch die Konsumentin wahr.

Sie haben auch Unterlizenzen vergeben, wie sieht das aus?
Zunächst muss die Positionierung von Marke und Kollektionen aus Sicht der Konsumentin möglichst nachvollziehbar und homogen sein, das erfordert die konsequente Ausrichtung aller Aktivitäten am Profil der Marke. Ein Laissez-faire, ganz gleich, in welcher Hinsicht, sorgt für Irritationen, Verunsicherung oder Enttäuschung bei der Kundin, und ihre Erwartungshaltung – der Markenanspruch – ist unser höchstes Gut, das wir nicht enttäuschen dürfen. Dann arbeiten wir in der Kollektionsentwicklung LIVING konkret mit den Designs, Farben und Kollektionsthemen der Fashion, die uns durch die Orderrhythmen immer voraus ist und damit Saison für Saison wertvollen Input liefert, den wir gern in die Wohnwelten umsetzen. Ein einfaches Beispiel waren die Leo-Animal-Prints und -Jacquards aus Herbst/Winter 2024/2025, die wir in entsprechende Designs in unsere Kollektionen übersetzt haben – ein Supererfolg.

„Obwohl die Vertikalen wie zum Beispiel ZARA die kategorieübergreifende Präsentation in den neuen Flächenkonzepten idealtypisch umsetzen, fällt das dem typischen Multibrand-Handel noch sehr schwer, sich hier zu profilieren und neue Umsatzpotenziale zu erschließen.“

Mit der Zeit verändert sich nicht nur der Geschmack, Wohnen generell ist einem Wandel unterzogen. Wie hat sich das bei JOOP! LIVING bemerkbar gemacht?
Durch die Orientierung an den aktuellen Themen der Mode haben wir Saison für Saison einen laufenden Wandel auch in den JOOP! LIVING-Kollektionen. Aber auch darüber hinaus sehen und folgen wir den Megatrends in der Gesellschaft: Zum Beispiel lässt eine Welt voller Unsicherheiten die Sehnsucht nach einem harmonischen und cozy Zuhause wachsen, die JOOP! LIVING mit weichen Haptiken, runderer Formensprache und hellen, natürlichen Farben und Materialien seiner Möbelkollektionen gern bedient.

Wohnwelten …

 

Wie läuft es aktuell?
Der Hype der Einrichtungsmärkte während der Pandemie hat selbstverständlich zu vielen Vorzieheffekten geführt – jetzt kann der Verbraucher stattdessen wieder sein Geld für Reisen und Urlaub ausgeben und setzt andere Prioritäten. Daher sind wir gemessen am letzten, ,normalen‘ Jahr 2019 mit deutlichem Wachstum auch im Bereich Möbel erfolgreich unterwegs. Aktuell profitiert JOOP! LIVING vom ,Dubai-Schokoladen-Effekt‘ – auch in unsicheren Zeiten gönnt sich die Kundin den kleineren Luxus und kauft statt Möbeln mehr Accessoires – etwa den opulenten Leo, der Luxus für zu Hause bietet.

Wie wollen Sie 2025 abschließen?
Auch aufgrund der neuen Kollektionen wie der sehr erfolgreichen, erstmals zur Sommersaison 2025 präsentierten JOOP! OUTDOOR-Kollektion mit deutlichem Plus zu einem starken Vorjahr, wenn uns die zunehmenden Ausfälle in einer unter starkem Druck stehenden Branche keinen Strich durch die Rechnung machen.

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Die Baubranche ist eingebrochen, macht sich das auch bei Ihnen bemerkbar?
Das betrifft insbesondere den Einrichtungshandel mit dem volumenstarken Segment Küchen, das sehr am Neubau hängt. Die Neueinrichtung in den Wohnbereichen ist nicht ganz so vom Neubau abhängig, daher betrifft uns das direkt weniger – aber indirekt durch die Verwerfungen in der Branche. So haben wir unsere Ambitionen im Bereich Küche gegenüber dem Bereich OUTDOOR zurückgestellt.

Sie haben diese Saison eine zweite Linie gelauncht. Im Grunde geht es um die gleiche Kundengruppe, aber um unterschiedliche Lebenssituationen. Was ist die Idee dahinter?
Kaufentscheidungen in der Einrichtung sind sehr stark an Lebensphasen gebunden: die erste eigene Wohnung, die spätere gemeinsame Wohnung, das Haus für die Familie und so weiter. Das gilt auch für die JOOP! LIVING-Kundin, und die kauft anders für ein Zuhause, das den nächsten Karriereschritt begleitet, eher zur Miete, eher urban, auf teurer Fläche, als für ein Zuhause, in dem sie mit der eigenen Familie angekommen ist, eher im Eigentum, eher im Grünen, mit mehr Raum. Diese Lebenswirklichkeiten und ihre besonderen Bedürfnisse haben wir auch in der JOOP! LIVING-Community in unseren Social-Media-Kanälen erkennen können und uns gefragt, ob wir mit spezifischeren Entwicklungen im Bereich Möbel noch bessere Lösungen anbieten können.

Wie hat der Handel das angenommen?
Das Konzept überzeugt jeden, sowohl die Konsumenten als auch die Entscheider im Handel und der Hersteller. Jetzt geht es darum, das Konzept auch so im Handel umzusetzen, dass die Kundin es auch wiederfindet und versteht – und die neue Angebotsvielfalt nicht als irritierend empfindet.

Es gibt ja durchaus Berührungspunkte mit dem Modehandel, etwa bei den Accessoires oder Kleinmöbeln. Wie viele Modehäuser und welche beliefern Sie?
Die Leuchtturm-Destinationen wie die KaDeWe Group, breuninger oder L&T sind sehr erfolgreich mit den JOOP! LIVING-Kollektionen, führen diese aber auch in eigenen Home- oder Living-Abteilungen. Obwohl die Vertikalen wie zum Beispiel ZARA die kategorieübergreifende Präsentation in den neuen Flächenkonzepten idealtypisch umsetzen, fällt das dem typischen Multibrand-Handel noch sehr schwer, sich hier zu profilieren und neue Umsatzpotenziale zu erschließen – eigentlich sehr schade, weil die Home- und Living-Sortimente oft sowohl ohne große Vororders und hohe Saisonabschriften zu verkaufen sind als auch hohe Bons bieten.

… Accessoires

Auch in der Mode wachsen die Bäume nicht in den Himmel, sind Händler auf der Suche nach arrondierenden Sortimenten. Klopfen jetzt mehr Händler bei Ihnen an?
Wir erleben immer wieder ein großes Interesse seitens des Handels, für die weitere Konkretisierung fehlen aber die richtigen Entscheider für Flächenzuordnung, Budgets und Personalentwicklung. Daher sind die Häuser mit entsprechender, expliziter Abteilungsstruktur klar im Vorteil. Der typische Einkäufer für HAKA oder DOB, wie wir sie aus den Ordermeetings der Fashion kennen, kauft kein Living ein, sondern freut sich, wenn er die Vorgabe des Vorjahres übertrifft. Hier fehlt der Raum für Neues.

Wie sehen die Margen aus und was sollte ein Modehändler zu investieren bereit sein, wenn er Living aufnehmen will?
Die Margen sind nicht ganz so hoch wie in der Fashion, allerdings braucht es auch keine Vororder und keinen saisonalen Abverkauf der gesamten Order. Das Möbelgeschäft wird ohnehin auftragsbezogen abgewickelt – die wirtschaftlichen Kriterien sprechen hier für eine Sortimentserweiterung. Viel schwieriger sind die Grundsatzentscheidungen des Handels: Habe ich dezidierte Einkaufsverantwortung, schule ich das Verkaufspersonal, überzeuge ich die Kundin von den neuen Sortimenten, die sie in einem Fashion-Haus nicht erwartet? Für nachhaltigen Erfolg braucht es hier eine klare Strategie. Aber warum nicht mit einem Accessories-Tisch zur Weihnachtssaison einmal einen kleinen Versuch starten?

Nicht jedes Haus hat so viel Platz, um gleich eine Grundfläche für Living frei zu machen. Dafür haben Sie ein digitales Verkaufsinstrument entwickelt. Wie sieht das aus?
Der kleinste JOOP! LIVING-Markenshop braucht nur einen knappen Quadratmeter, wir nennen das unser Multichannel-Display: Eine Vitrine präsentiert eine Eyecatcher-Deko, darunter ein diebstahlsicheres Handlager, und als wichtigstes Element ein QR-Code, der über das Smartphone der Kundin direkt auf den Webshop des Hauses führt. Hier scrollt sich die Kundin durch die Wohnwelten und Accessoires-Sortimente, die dann über D2C-Versand aus dem JOOP! LIVING-Zentrallager direkt nach Hause geliefert werden können.

Wie sind die Erfahrungen damit bisher?
Mehr und mehr Handelsstrukturen rollen diese Multichannel-Displays an Frequenzpunkten wie Antrittsflächen oder Kassenbereichen aus, das spricht für das Konzept. Wir müssen uns an den Bedürfnissen der Kundin orientieren, nicht an den Einschränkungen durch stets zu kleine Flächen, fehlende Budgets oder Strukturen – so einfach kann das sein, mit neuen Sortimenten Potenziale zu erschließen.