Mode und Grenzen

Kommentar

Tays Jennifer Köper-Kelemen

Autorin: Tays Jennifer Köper-Kelemen

Camouflage-Prints sind aktuell wieder Trend. So weit, so gut. Allerdings drängt sich angesichts der schwierigen weltpolitischen Lage die Frage auf, ob es angemessen ist, aus rein modischer Motivation heraus Tarnmuster zum Besten zu geben. In den Medien finden sich nicht wenige kritische Beiträge zu diesem Thema – mit Verweis darauf, dass das öffentliche, unbedachte Tragen des Militärdrucks von Opfern und Flüchtlingen mitunter als belastend empfunden werden kann, von Veteranen fallweise als Respektlosigkeit. Tatsächlich sind Camouflage-Optiken und -Farben in einigen karibischen sowie auch afrikanischen Staaten für Zivilisten verboten. Eine Grenze, die nicht überschritten werden sollte?

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Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Mode und Politik fortwährend in Interaktion stehen und diese in zwei Richtungen funktioniert und Grenzen auslotet. Während einerseits politische Motive heruntergebrochen und verwaschen werden, bis sie ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren und schlussendlich in der kollektiven Wahrnehmung nur noch als Trend durchgehen, auch darüber kann ein Statement passieren, findet andererseits eine Politisierung von Bekleidungsstücken wie einem banalen T-Shirt statt. Der Berliner Designer Kilian Kerner nutzte so jüngst seine Kollektion Sommer 2025, die in der Berliner Uber Arena gezeigt wurde‚ um unter dem Titel „DDR. Die gestohlenen Kinder.“ auf die Thematik von Zwangsadoptionen in der ehemaligen DDR aufmerksam zu machen. Sowohl Modemacher der High Fashion sowie Mainstream-Marken bringen Statement Pieces auf den Weg, die sich zudem aufmerksamkeitsstark pro Feminismus aussprechen oder Solidarität mit der derzeit von zunehmender Repression bedrohten LGBTQ-Szene demonstrieren. Das Sneaker Brand CONVERSE feierte mit seiner Sneaker-Kollektion „Proud to be“ nunmehr zum zehnten Mal den Pride Month und spendete Geld an Pride-Organisationen. Beide Fahrtrichtungen können etablierte Grenzen überschreiten, herausfordern und gesellschaftliche Diskussion anstoßen – ein Prozess, der zur Schärfung von Bewusstsein und gesellschaftlicher Weiterentwicklung wohl grundsätzlich positiv zu werten ist.

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Doch Grenzen spielen in der Mode nicht nur im sozialpolitischen Zusammenhang eine Rolle. Gerade Green Fashion Brands nutzen schlichtweg die Tatsache für sich, dass ihr Design aus einem Modezentrum stammt, wahlweise Paris, und ihr Produkt in Portugal, Spanien oder Indien gefertigt wird. Die Entstehung eines Produktes über geografische Grenzen hinweg vermittelt man werbewirksam als erfolgreiche, designorientierte und internationale Kooperation und Verständigung mit geteilter Philosophie um Nachhaltigkeit. Und auch in kultureller Hinsicht werden Grenzen überstiegen. Designer kreieren mit ihren Entwürfen kontinuierlich Brücken und Symbiosen, die neue Schnitte und Silhouetten mit kulturtypischen, traditionellen Einflüssen verbinden. Independent Labels legen ihren Fokus teils sehr konkret auf eine Wiederbelebung von landeseigenem Handwerk und sprengen über neue Konzepte konventionelle Optiken auf. Es sei jedoch angemerkt, dass die Überwindung kultureller Grenzen, um Neues zu schaffen, auch wiederum Grenzen mit sich führt. Man denke nur an immer wieder aufflammende Diskussionen um kulturelle Aneignung. Da scheint es um Mode, die Grenzen in Bereiche wie Kunst und Technologie aufstößt, weit weniger limitiert gehalten. So schafft als Paradebeispiel die Designerin Iris van Herpen mit ihren kunstvollen Kreationen geradezu Ausstellungsstücke, eine entrückte Modewelt, völlig losgelöst von jeglichen Restriktionen. Die Möglichkeiten scheinen hier mehr noch ganz frei verhandelbar.

Mode und ihre Grenzen. Am Ende geht es – wie in anderen Lebensbereichen auch – vor allem um Respekt Mensch und Natur gegenüber. Denn so sehr Grenzen auch zum Thema gemacht werden, mutet ebendies als wesentlicher Drehpunkt an, ganz gleich, ob Grenzen aufgebrochen oder gesetzt werden.