Über Grenzen, Mut und Fehler

Luca Strehle

„Begehe niemals denselben Fehler zweimal.“ Luca Strehle ©BrightPlaces

Autor: Markus Oess
Luca Strehle ist Unternehmer, Berater, Stratege – und ein Mensch, der sich nicht gerne festlegt. Als Seniorpartner bei der Strategieberatung BrightPlaces betreut er Unternehmen aus Tourismus, Lifestyle und Infrastruktur. Im Gespräch mit FASHION TODAY spricht Strehle über sein Generalistentum, seinen analytischen Umgang mit Risiko und den Wert von Fehlern. Warum es manchmal Mut braucht, um Grenzen zu überschreiten, wie er mit Rückschlägen umgeht – und weshalb seine wichtigste Entscheidung nichts mit Karriere zu tun hat.

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FASHION TODAY: Herr Strehle, was machen Sie heute?
Luca Strehle:
 „Ich bin seit eineinhalb Jahren Seniorpartner bei der Strategieberatung BrightPlaces. Wir sind Teil einer Beteiligungsgesellschaft mit Büros in Berg, Zürich, Chur, Bozen und Innsbruck, die sich auf die DACH-Region konzentriert. Im Schwerpunkt beschäftigen wir uns mit Lifestyle und Tourismus, Infrastruktur, Mobilität und Energie. Wir arbeiten in unserem eigenen Ökosystem und betreuen daraus unsere Unternehmen selbst. Wir verfügen über das nötige Know-how. Wichtig ist uns, dass die Firmen eigenständig agieren können. Uns selbst als Inhaber nehmen wir in der Öffentlichkeit zurück. Anders ausgedrückt: Wir verstehen uns als Holding, treten aber nicht so auf.“

Ein Blick auf Ihr LinkedIn-Profil listet eine Vielzahl von Aktivitäten und Jobs auf. Was treibt Sie dazu an?
„Ich bin ständig auf der Suche nach Neuem, nach Abwechslung. Spezialistentum ist nicht mein Ding. Schon im Studium war ich ziemlich breit aufgestellt. Ich habe Finanzen, Marketing und Strategisches Management in London studiert. Das Generalistentum zieht sich durch meine ganze Karriere. Ich will von den Besten lernen, egal ob in KI, Fintech oder Finanzen. Irgendwann komme ich an einen Punkt, an dem ich das Wichtigste gelernt habe, um das betreffende Feld grundsätzlich zu verstehen – und dann zieht es mich weiter. Stillstand ist für mich als Mensch schwierig.“

Wollen Sie sich nicht zumindest langfristig festlegen?
„Es entspricht dem Zeitgeist, dass Menschen nicht mehr ihr ganzes Leben bei ein und derselben Firma verbringen oder denselben Beruf ausüben. Aber an Ihrer Frage ist schon was dran. Ich bin Unternehmer durch und durch, mit Ausnahme meiner Zeit bei Mercedes war ich immer selbstständig. Ich will alle wesentlichen Bereiche eines Unternehmens gestalten und verstehen.“

„Grenzen kommen selten explizit zur Sprache. Es sind meist Probleme, die Grenzen setzen.“

Sind Sie vor diesem Hintergrund eher ein vorsichtiger Mensch oder gehen Sie volles Risiko?
„Ich bin kein Hasardeur, der blind volles Risiko eingeht. Ich gehe analytisch an die Dinge heran. Wenn ich mich aber entscheide, etwas zu tun, dann bin ich auch bereit, Risiken einzugehen. Ohne diese Eigenschaft bist du kein guter Unternehmer.“

Sind von außen gesetzte Grenzen für Sie Mahnung oder Ansporn, sie zu überschreiten – frei nach dem Motto: Jeder sagt, das geht nicht, bis es jemand doch tut?
„Das muss ich unterscheiden. Geht es um Gesetze, Moral oder das Wertegerüst, gibt es für mich feste Grenzen, die ich auch nicht überschreiten werde – egal, wie groß der Anreiz ist. Das ist ganz klar. Anders sieht es im Geschäftlichen aus. Für mich gilt: Geht nicht – gibts nicht. Um erfolgreich zu sein, musst du Grenzen ausloten – und überschreiten.“

Wahrscheinlich gibt es auch bei Ihnen Entscheidungen, die im Nachhinein nicht die klügsten oder überraschend die besten waren. Gehören Sie zu denen, die bedauern, oder zu denen, die schnell abhaken und weitermachen?
„Ich gehöre zu denen, die schnell abhaken und weitermachen. Ich analysiere immer, was falsch war. Fehler sind Chancen zur Korrektur. Aber für mich gilt auch: Begehe niemals denselben Fehler zweimal. Das sage ich auch meinen Mitarbeitern: Ihr dürft Fehler machen – nur nicht den gleichen zweimal.“

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Gibt es eine Entscheidung, die Sie Ihr Leben lang positiv oder negativ begleitet?
„Die bedeutsamste Entscheidung meines Lebens war vor 13 Jahren, als ich meiner Frau einen Heiratsantrag gemacht habe. Heute sind wir glücklich verheiratet, haben zwei Töchter und führen ein gutes Leben. Der Antrag kam nicht aus einer blinden Verliebtheit. Das war eine bewusste Entscheidung. Wir waren schon acht Jahre zusammen – diese Beziehung aufzubauen und zu festigen, bedeutete auch viel Arbeit. Ich bin sehr froh, dass sie damals Ja gesagt hat, und ich bereue keinen Tag. Im Gegenteil: Meine Familie ist das Wichtigste in meinem Leben. Für sie würde ich alles tun. Sie gibt mir Halt und Kraft.“

Sie sind Berater. Was sagen Sie Ihren Kunden: Wie kann man lernen, gut zu entscheiden – und wie wichtig ist der richtige Umgang mit Fehlern?
„Wir beraten auf Ebene der Inhaber oder CEOs. Oft sind unsere Kunden älter oder erfahrener als ich – erfolgreiche Unternehmer und Manager. Da wäre es fehl am Platz, gönnerhaft mit Tipps ums Eck zu kommen. Nein, wir verstehen unsere Rolle als Sparringspartner, als Reflexionsfläche, um unsere Mandanten während der Entscheidungsfindung zu begleiten. Oft ist die Lösung schon da. Ich rate immer dazu, gründlich nachzudenken, zu reflektieren, im engen Umfeld zu diskutieren. Wenn man aber zu 60 bis 70 Prozent sicher ist, sollte man sich schnell und konsequent entscheiden. Wer zaudert, verschenkt wertvolle Zeit.“

Wie definieren Sie als Berater den Begriff „Grenzen“ – und wie Ihre Kunden?
„Grenzen kommen selten explizit zur Sprache. Es sind meist Probleme, die Grenzen setzen. Oft hat der Unternehmer oder CEO erfolgreich gearbeitet und sich in seiner Position gefestigt. Dann besteht aber die Gefahr, dass man sich in seiner Komfortzone einrichtet und nicht mehr hinauswill. Der Wunsch nach Sicherheit lähmt. Dann ist es unsere Aufgabe, die Augen zu öffnen, die Kunden zu sensibilisieren und zu bestärken. In dem Moment geht das Ganze in Richtung Coaching.“

Wie würden Sie Ihre eigenen Grenzen überwinden?
„Der eben beschriebene Mechanismus gilt natürlich auch für mich. Ich will immer Neues ausprobieren, neue Wege gehen und offen auf die Welt zugehen. Das bedeutet auch, bereit zu sein, die eigene Komfortzone zu verlassen. Ich versuche, andere Menschen zu akzeptieren und von ihnen zu lernen. Anderssein ist keine negative Eigenschaft. Ich versuche, mit meinem Gegenüber so umzugehen, wie ich es selbst erwarten würde: respektvoll, ehrlich und freundlich.“

Und wann lohnt es sich für Sie, Grenzen zu überschreiten?
„Solange es mein Wertegerüst erlaubt – immer dann, wenn es geschäftlich einen Gewinn verspricht. Und damit meine ich nicht nur den monetären Gewinn. Um meine Familie zu schützen, gibt es für mich aber keine Grenzen.“

Zur Person

Luca Strehle ist Seniorpartner bei der Strategieberatung BrightPlaces, die sich auf Beteiligungen in den Bereichen Lifestyle, Tourismus, Energie und Mobilität konzentriert. Bekannt wurde Strehle in der Branche als CEO der Modemarke STRENESSE, die einst seiner Familie gehörte. Die Marke STRENESSE steht nach zweimaliger Insolvenz in den zurückliegenden Jahren unter neuer Konstellation im Herbst vor der Rückkehr in ausgewählte Department Stores.

Strehles Werdegang ist geprägt vom Generalistentum. Er studierte in London Finanzen, Marketing und Strategisches Management und war unter anderem bei DAIMLER, Mercedes-Benz Accessories und LIGANOVA tätig. Mit seiner Beratungsboutique LS Consultants betreute er internationale Marken, darunter Roberto Geissini und Virus AG. Weitere Stationen umfassen ALTERNAVEST, eine auf Fintech spezialisierte Plattform, und Positionen bei Basinghall Partners sowie von der Heyden, Reitzel & Reichenberger.