Kostendruck, Konsumflaute und politische Polarisierung

Branchenstimmung

Der Ausblick auf 2026 bleibt von Vorsicht geprägt. © Anja auf Pixabay

Autor: Markus Oess
Die FT-Jahreswechsel-Umfrage unter Menswear-Anbietern zeichnet für 2025 ein insgesamt nüchternes Bild. Die Nachfrage entwickelt sich überwiegend stabil bis rückläufig, während steigende Kosten, Unsicherheit im Handel und eine gedämpfte Konsumlaune die Geschäftsentwicklung belasten. Für 2026 überwiegen vorsichtige Erwartungen, getragen weniger von Wachstumshoffnungen als von dem Bemühen, Stabilität zu sichern.

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Mehrere Unternehmen berichten, dass stabile Umsätze nur durch Ausgleichseffekte erreicht wurden – etwa durch Exportgeschäft, höhere D2C-Anteile oder eine stärkere Konzentration auf wenige, verlässliche Handelspartner. Gleichzeitig wird eine zunehmende Zurückhaltung bei Vorordern beschrieben, insbesondere bei größeren Kunden. Insolvenzen im Handel, reduzierte Kreditversicherungen und ein wachsender administrativer Aufwand verschärfen die Situation zusätzlich.

Klar dominierend bleibt das Thema Kosten. Steigende Löhne und Gehälter, höhere Energiepreise, zusätzliche regulatorische Anforderungen und ein wachsender Bürokratieaufwand werden branchenübergreifend genannt. Mehrere Teilnehmer verweisen darauf, dass der Margendruck strukturelle Anpassungen erzwingt – von Prozessoptimierungen über Sortimentsstraffungen bis hin zu einer noch konsequenteren Markenfokussierung.

Auf der positiven Seite stehen operative Fortschritte. Genannt werden verbesserte Lieferketten, eine stabilere Auslieferungsperformance, Erfolge im eigenen Retail sowie eine wachsende Bedeutung europanaher Produktion. Einzelne Anbieter berichten von Umsatzwachstum in spezifischen Produktgruppen oder von einer stabilen Entwicklung im Export. Auch organisatorische Themen wie Kostenmanagement, neue Design-Impulse oder der Ausbau von Agenturstrukturen werden als Fortschritte genannt.

Der Blick auf 2026 bleibt dennoch verhalten. Die Mehrheit der Befragten rechnet mit stabilen Umsätzen, einige mit Rückgängen, andere mit moderaten Steigerungen. Bei der Ertragslage überwiegt die Erwartung, dass Margen weiter unter Druck bleiben und nur durch zusätzlichen Umsatz oder weitere Effizienzmaßnahmen abgesichert werden können. Investitionen werden selektiv geplant, mit Fokus auf Prozesse, Lieferketten und Kostenkontrolle.

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Politik und AfD-Frage als Spiegel der Stimmung

Im politischen Teil der Umfrage äußern sich viele Teilnehmer kritisch zur Arbeit der Bundesregierung. Häufig genannt werden fehlende messbare Ergebnisse, ein anhaltender Reformstau und eine aus Sicht der Branche unzureichende Berücksichtigung des Mittelstands. „Keine Inovation oder Lösungsansätze die wirtschafliche katastrophale Lage in Deutschland auch nur im Ansatz zu verbessern“, moniert etwa Ralf Grossmann, CEO von Dockers by Gerli.  Bürokratie, hohe Abgaben und mangelnde Planungssicherheit gelten als zentrale Bremsfaktoren für Investitionen und Konsum.

Michael Kaiser, Geschäftsführer der Kaiser Bekleidungs-GmbH, bringt diese Erwartungen auf den Punkt: „Die Binnenkonjunktur lässt sich nur dann nachhaltig beleben, wenn den Menschen real und nominal mehr Geld zur Verfügung steht. Weder Unternehmen noch private Haushalte, insbesondere nicht die Leistungsträger, können zusätzlich belastet werden.“ Weiter sagt er: „Eine weitere Erhöhung von Steuern und Abgaben wäre ungerecht und wirkte demotivierend. Daher müssen Kosten und Bürokratie konsequent reduziert werden.“ Zudem verweist Kaiser auf die besondere Abhängigkeit der Branche von Stimmungen: „Die Modebranche ist besonders abhängig von Konsumlaune, Optimismus und einer positiven gesellschaftlichen Grundstimmung.“

Auffällig ist auch die Bandbreite der Antworten auf die AfD-Frage, ob es im Landesinteresse für erforderlich sei, die AfD weiter im politischen Diskurs zu sanktionieren. Ein Teil der Befragten spricht sich für eine klare politische Abgrenzung aus und hält Sanktionierung im politischen Diskurs für erforderlich. Andere lehnen dies ab und verweisen auf demokratische Grundprinzipien sowie die Gefahr, durch Ausgrenzung zusätzliche Wählerstimmen zu mobilisieren. Mehrere Stimmen betonen, dass nicht Verbote, sondern inhaltlich überzeugende Politik, wirtschaftliche Ergebnisse und Vertrauen entscheidend seien. Die AfD-Frage wird damit weniger parteipolitisch als vielmehr als Ausdruck einer tieferliegenden Unzufriedenheit mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und politischer Kommunikation verstanden.

Insgesamt zeigt die Umfrage eine Branche, die sich in einem schwierigen Umfeld behauptet, operative Fortschritte erzielt, zugleich aber stark von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt, vor allem die breite Nachfrageschwäche im Land macht schwer zu schaffen. Zwischen Kostenrealität, Konsumzurückhaltung und politischer Polarisierung bleibt der Ausblick auf 2026 von Vorsicht geprägt.