Rick Moorman – wo Männer zu Hause sind

Ladenreportage

Rick Moorman wird zur 'Eigenmarke'. (Bild: Oess)

Autor: Markus Oess

Wirbel um sich machen, das kann er am besten, sagt er. Und es klingt in einer gewissen Weise bescheiden. So bescheiden, wie ein Mann sein kann, der sehr genau weiß, was er will und was nicht. Rick Moorman, Jahrgang 1962, mehrfach von der Fachwelt ausgezeichnet, betreibt im Amsterdamer Süden einen Store House of Men. Dort, wo das Geld sitzt. Entsprechend gehoben ist das Genre. Anzüge von Armani, Boss und Hemden von van Laack gehören zum Sortiment, auch Hosen von Heinecke & Klaproth, besser bekannt als m.e.n.s.

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Beim FT-Besuch lädt Rick Moorman, Inhaber des House of Men, nach hinten in sein Büro. Dort, wo auch hin und wieder die Topmanager der niederländischen Geschäftswelt zum Meeting zusammenkommen – alles sehr diskret, versteht sich. Moorman hat vor ein paar Jahren einen exklusiven Club gegründet, den Rick Moorman Preference Club (R.M.P.C.). Ein exklusiver Laden, für die Reichen und Prominenten im Land. Für müde 5.000 Euro Mitgliedsbeitrag kommt der findige Ladenbesitzer auch in die Unternehmen, hält Vorträge und berät seine Kunden. Auch die Nutzung seines Büros für Meetings gehört zum Angebot, das die Mitglieder gern annehmen, wie Moorman berichtet. Networking für alle.

Der holländische Händler ist ein Hans Dampf in allen Gassen. Er tourt zusammen mit einem Comedian mit einem 1,5-Stunden-Programm durch Holland, ist Buchautor, hat eine eigene Radio- sowie eine Fernsehshow und ist nebenbei noch Präsident des Erstligaclubs Sparta Rotterdam gewesen, der sich im Binnenverhältnis zum weit bekannteren Lokalrivalen Feyenoord noch am ehesten mit 1860 München vergleichen ließe, wenngleich Sparta keine zarten Bande mit Jordanien geknüpft hat wie der bajuwarische Club. Doch wie tickt dieser Mann, der es geschafft hat, aus einem zugegebenermaßen gut gehenden HAKA-Laden zur Stilikone aufzusteigen und sich selbst zur Marke zu stilisieren?

Den Laden gründete Ricks Vater Jan 1981. Rick studierte BWL und arbeitete im Laden mit. Nach dem Studium heuerte er mit 20 Jahren bei Jockey an, ein direkter Einstieg im väterlichen Geschäft kam nicht infrage. Rick machte in der Mode-Industrie Karriere und verantwortete zuletzt das weltweite Geschäft des niederländischen HAKA-Spezialisten Van Gils, Breda. Und er half noch immer am Wochenende im Laden aus, erinnert sich Rick. Doch der Vater starb 1997. Sollte Rick das Geschäft übernehmen? Bis die Antwort kam, dauerte es etwas. Anfang 2000 dann stand fest: Rick Moorman wechselt das Lager und wird Händler. „Aber der Laden lief seit 20, 30 Jahren, die Angestellten wussten auch ohne mich, was sie tun mussten.“ Also ließ Rick sie gewähren und suchte sich ein neues Tätigkeitsfeld: Lärm machen. Andere nennen es Marketing.

Als das Internet erwachte und von so vielen Auguren dieser Welt zum Heilsbringer des Handels ausgerufen wurde, wuchsen in Moorman Zweifel. Kann es wirklich sein, dass ein Geschäftsmodell, das bestenfalls Geld wechselt, in der Regel aber welches wegen Retouren und ruinösen Preiskampfs verbrennt, den klassischen Handel ins nächste Jahrhundert rettet? Die Zweifel wurden größer und Rick wurde klar: ein Irrglaube. Stattdessen stellte er Überlegungen an, die durchschnittliche Verweildauer im Laden von sieben Minuten zu verdreifachen, was zu einer Umsatzsteigerung von 70 Prozent führen sollte. Trotz der marketingtechnisch so wertvollen Auftritte in Funk und Fernsehen, des hilfreichen Networkings über den R.M.P.C. und seiner aufmerksamkeitsstarken Bühnenauftritte stellt Rick den Laden in den Mittelpunkt seiner Überlegung. Naheliegend, denn damit verdient er sein Geld.

Im Holländischen nennt man uns Detaillisten. Das trifft es“, erklärt Rick in seinem Büro. „Sie werden sehen, was ich meine, wenn wir gleich durch den Laden gehen.“ Das Konzept wird erst durch die vielen Kleinigkeiten, die sich wie ein Mosaikbild zusammenfügen, schlüssig und erfahrbar für den Kunden. „Die Menschen dürfen nicht gleich alles sehen. Denn finden sie nichts, was sie auf Anhieb fesselt, sind sie direkt weg. Ich will die Kunden neugierig machen und sie dadurch förmlich in den Laden ziehen“, sagt Rick. Folglich verhindert die Aufteilung mit einzelnen Räumen den Überblick. Dafür locken Fixpunkte wie eine Harley-Davidson, eine Schönheit mit Champagner und Pistole in James-Bond-Manier stilisiert oder ein Weinzimmer. „Wir sind im Süden von Amsterdam, die Menschen trinken hier gern Champagner.“ Viele Details offenbaren sich erst auf den zweiten Blick, etwa das Pin-up-Girl, das frivol vom dunkel gehaltenen Plakat hinter Gittern herablächelt. Gleichzeitig werden optische Effekte wie Spiegel und Fluchten genutzt, um die Räumlichkeiten größer wirken zu lassen, als sie sind.

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Zum Konzept gehört auch, dass der Name Moorman das Branding dominiert, nicht die Marken, die er verkauft. Und Rick hat auch kein Problem damit, ein Label aus der Liste zu streichen, wenn der Warendruck absurde Auswüchse annehmen sollte. „Da entwickelt bei Hugo Boss ein ganzes Heer von Designern Kollektionen. Wir aber wollen nur einen Teil davon abnehmen. Abverkaufsquoten von 70 Prozent sind einfach unrealistisch, egal ob da nun Boss draufsteht oder nicht. Wenn wir aber nur 40 Prozent regulär verkaufen – was geschieht mit den übrigen 30 Prozent? Handel und Industrie müssen aufeinander zugehen und Kompromisse schließen. Nur so kann es gehen und nicht anders.“ Rick jedenfalls hat Hugo Boss noch immer im Sortiment.

Selbst die Musik im Laden ist nach einem ausgefeilten System programmiert und folgt zwei zentralen Regeln aus dem Radio-Nachtprogramm: Singt ein Mann, folgt stets eine Frauenstimme und umgekehrt. Außerdem muss das nächste Lied mit dem Ton beginnen, mit dem das vorgehende ausgeklungen ist. So begleiten sanfte Klangwellen, ohne störend zu wirken. Rick nennt noch ein weiteres Detail, etwas überspitzt, aber es ist ein zentraler Aspekt: „Wir Männer werden erst von unseren Müttern eingekleidet. Später übernehmen das die Frauen.“ Deshalb sollen die sich wohlfühlen im Laden. Billard, Barbier (freitags und samstags), besondere Weine oder Kaffee der Extraklasse sind Männersache. Aber es gibt zwei Toiletten im Laden, auf einer Tür steht „Männer“ und auf der anderen „Privat“.

 

Infos:

Gründung: 1981
Verkaufsfläche: 685 qm
Mitarbeiter: 7
Service: u. a. Barbier, Billard, Weinverkauf, Kaffee, Änderungsschneiderei
Marken: Armani Collezione, Aston Martin, Barli Shoes, Canali, CoffeeClick, DD sokken, Dougal’s Shoes, Eton, Four Leaves, Hackett, Hugo Boss, Humberto tailored by Van Gils, Humberto Shoes, Jean-Michel Jarre, John Smedley, Mabrun, m.e.n.s., Moët & Chandon, Moments4wine, Montblanc, Notermans, Paul & Shark, Perofil, Porsche Design, Ray-Ban, Scabal, Schaap en Citroen, Solferino, Studio Milano, Van Laack
Adresse: Rick Moorman | House of men, Gelderlandplein 135, 1082 LV Amsterdam, Tel.: +31 20 6441162
Internet: www.rickmoorman.nl