„Sehen, warum die Guten Erfolg haben“

DRYKORN

"Wir sind in erster Linie modisch und werden uns immer an die Spitze der Bewegung setzen, ohne uns gleich aus dem Markt katapultieren zu wollen.“ Marino Edelmann, Geschäftsführer Drykorn (Bild: Screenshot Drykorn)

Autor: Markus Oess

Marino Edelmann ist seit wenigen Wochen Geschäftsführer von dem Unternehmen, bei dem er vor elf Jahren auch seine Karriere startete. Das Contemporary-Label DRYKORN zählt zu den Gewinnern im Markt. Edelmann sieht immer noch gute Wachstumschancen auf dem Heimatmarkt, will aber auch im Export das Geschäft weiter ankurbeln. Wie und warum die Digitalisierung der Welt mehr Chance als Risiko ist, erklärt der Manager im Interview mit FT. Die Rollenverteilung zwischen Industrie und Handel bleibt auf jeden Fall erhalten.

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Drykorn-Geschäftsführer Marino Edelmann (Bild: Drykorn)

FT: Herr Edelmann, was haben Sie in Florenz gesehen, was sind die aktuellen Trends?
Marino Edelmann: „Ich habe viel Farbe gesehen. Wir erkennen für uns wieder eine gewisse Bewegung in der Mode: Die Hosensilhouetten werden wieder etwas weiter, Denim verliert leicht und die konfektionierte Hose gewinnt im Gegenzug.“

Bei den Designern kommt generell wieder etwas mehr Volumen, zumindest werden die scharf geschnittenen Formen etwas lockerer. Eine Fehleinschätzung?„Nein. Ich merke selbst, dass ich hier und da auch wieder zu etwas weiteren Schnitten greife. Wir haben schon in der zurückliegenden Saison etwas voluminösere Hosen in die Kollektion aufgenommen und die Händler, die diese Hosen geordert haben, erzielen schöne Erfolge damit. Bis dieser Trend allerdings massenfähig wird, dauert es noch etwas. Die Skinny wird sich auch in den kommenden Saisons noch sehr gut verkaufen.“

Was heißt das für DRYKORN, das bekannt ist für enge Silhouetten?
„DRYKORN ist bekannt für seine Modernität und den hohen Modegrad. Marco Götz startete 1996 DRYKORN mit weiten Hosen und speziell in der Menswear entwickeln sich Trends langsamer als bei den Frauen. Es hat ja eine ganze Weile gedauert, bis sich die superschlanken Formen auf der Straße durchgesetzt haben. Jetzt geht das Pendel zurück. Wir sind in erster Linie modisch und werden uns immer an die Spitze der Bewegung setzen, ohne uns gleich aus dem Markt katapultieren zu wollen.“

Ein USP, den die Branche, aber DRYKORN sich selbst auch zuschreibt, ist der hohe Modegrad. Premium zu Einstiegspreisen, wie Firmengründer Götz im Interview sagt. Gibt es auch ein Risiko?
„Sicher, aber wir entwickeln uns auch aus der Vergangenheit heraus: Was hat sich gut verkauft, was nicht? Dabei hilft uns auch unser Store in Berlin und vor allem unser Online-Shop, um schnelles Feedback aus dem Markt zu erhalten. Der Menswear-Kunde reagiert wie gesagt etwas langsamer und unsere Aufgabe ist es, ihn ein Stück weit an die Mode heranzuführen und zu begleiten. Wir dürfen aber nicht nur in den Rückspiegel schauen. Wir müssen auch modische Orientierungslichter setzen und das tun wir.“

 Die Personalkosten sind gestiegen, immerhin nahezu um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gab es mehr Geld für die Führungskräfte oder mehr Personal?„Nein, wir sind inzwischen so groß geworden, dass wir Personal einstellen mussten. Im Sourcing, um unsere Qualitätsstandards halten zu können, aber auch im Vertrieb.“

Sie sind nun in die Geschäftsführung aufgestiegen, dies ist umso bemerkenswerter, da Sie Ihre Karriere nur in einem Unternehmen gemacht haben. Ist DRYKORN ein Unternehmen, das besonders für Kontinuität und Zuverlässigkeit steht, oder ist es bei Ihnen ein besonderer Fall?
„Das hat gar nichts mit mir zu tun. Wir haben im Unternehmen sehr viele langjährige Mitarbeiter, die sich hier entwickelt haben. Das ist vielmehr eine Frage der Unternehmenskultur. Ich bin ein großer Fan davon, den Mitarbeitern so viel Freiräume zu geben wie möglich. Wir tun auch einiges, damit sich unsere Mitarbeiter bei uns zu Hause fühlen und sich mit der Marke identifizieren. Die Mitarbeiter zahlen dies mit guter Leistung zurück.“

Kommt ein neuer Vertriebsleiter nach oder wie haben Sie im Unternehmen die Aufgabenverteilung geregelt?
„Ich war ja sowieso schon sehr nah an der Geschäftsführung dran. Ich nehme meine alte Verantwortung immer noch voll und ganz wahr, aber die Verteilung der konkreten Aufgaben hat sich etwas verändert. Es ist schon ein Unterschied, ob Sie es mit 80 oder 150 Mitarbeitern zu tun haben. Der Informations- und Koordinationsbedarf steigt. Ich sehe meine Aufgabe vor allem darin, eine Richtung vorzugeben und gegebenenfalls den Kurs zu korrigieren, aber auch den Spirit zu vermitteln. Der Rest liegt in den Händen meiner Mitarbeiter. Einen Vertriebsleiter national benötigen wir noch nicht. Viel eher sehe ich einen Key Account, der sich intensiver um unsere einzelnen Kunden auf der Fläche kümmert.“

DRYKORN konnte im vergangenen Jahr den Umsatz erneut um 4,8 Prozent steigern, rechnet man die Koop mit Red Bull heraus. Was waren die wesentlichen Treiber?
„In Deutschland sind wir seit gut drei Saisons mehr oder weniger flächendeckend vertreten und achten genau darauf, keine Überdistribution zu erzeugen. Sie wissen, was das mit den Margen anstellt. Wir wachsen vor allem in die Tiefe mit Bestandskunden wie LUDWIG BECK, engelhorn oder GARHAMMER. Gut läuft es auch im Export. Wir haben den belgischen Vertrieb mit einem eigenen Showroom von Holland getrennt. Auch in Russland zeigt der Trend wieder nach oben.“

 Den ganz großen Umsatzanteil (90 Prozent) macht DRYKORN mit dem Wholesale. Hierzulande sind die Karten für DRYKORN verteilt, nennenswerten Mehrumsatz können Sie in Deutschland nur mit eigenem Retail hereinholen. Welchen Weg sehen Sie?
„Wir werden intensiv mit unseren Bestandskunden arbeiten, denn ich sehe immer noch viel Potenzial in Deutschland. Der Aufbau eines eigenen Retails ist nicht unser Weg.“

Sie haben vor zwei Jahren einen neuen Vertriebsleiter international ins Unternehmen geholt, was hat sich seither im internationalen Geschäft getan?
„Wir haben Sebastian Ross geholt, um unseren ausländischen Kunden insbesondere in den Niederlanden, in Österreich und der Schweiz einen direkten Ansprechpartner an die Hand zu geben. Dies erweist sich bisher als eine gute Entscheidung. Wir sind näher am Markt und am Bedarf unserer Kunden in diesen Ländern. Und wir werden das Exportgeschäft forcieren. Belgien ist da zu nennen, Russland und das Baltikum. Ein People Business, aber wir haben jetzt eine Agentur mit einem sehr umtriebigen Unternehmer gefunden, der uns sicher weiterbringen wird. Ich erwarte überdies weitere Impulse aus Asien und dem Mittleren Osten. Mittelfristig werden wir sicher auch Skandinavien angehen.“

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Zurzeit wird viel darüber diskutiert, dass der stationäre Handel technologisch aufrüsten soll, um sich besser im Markt und gegenüber dem Endverbraucher zu positionieren. Wie sehen Sie das?
„Der Kunde ist heute sehr informiert und er will on- und offline das gleiche Angebot haben. Ohne die Nutzung technologischer Ressourcen wäre der stationäre Handel chancenlos. Aber das tut er auch. Viele unserer Großhandelspartner sind gut mit ihren Kunden vernetzt, sprechen sie via Newsletter, Social Media oder sogar WhatsApp an. Bieten einen Mehrwert und tollen Service. Wichtig ist, den Kunden zu kennen und ihm auf seine speziellen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote zu bieten, Wünsche zu wecken, ohne in die Endlosschleife zu fallen und ihm damit auf die Nerven zu gehen. Die Möglichkeiten, die sich durch den Fortschritt eröffnen, sind unvorstellbar. Man geht heute davon aus, dass die Leistung der Mikroprozessoren sich in den nächsten zwei Jahren so stark steigern wird wie in der gesamten Zeit davor. Wir und vor allem die Kunden selbst müssen Klarheit darüber schaffen, was da auf uns zurollt.“

Wie weit sehen Sie da den Handel?
„Im Grunde dreht es sich doch immer darum, den Kunden eins zu eins anzusprechen. Nur haben sich die Prozesse kompliziert. Vor allem bei den großen Kunden fehlt jedoch oftmals das Personal, um den Kunden anzusprechen und zu bedienen. Es gibt positive Beispiele für größere Händler wie GARHAMMER, KONEN, Leffers und andere Platzhirsche. Aber auch eine Vielzahl kleiner Geschäfte arbeitet hervorragend mit ihren Kunden, kennt ihre Bedürfnisse. Hier liegt definitiv der Schlüssel für ein gutes Geschäft – dem Kunden persönlich ein kuratiertes Sortiment näherzubringen.“

Verändern sich dadurch auch die Rollen von Handel und Industrie gegenüber dem Kunden?
„Nein, die Rollenverteilung bleibt unverändert, vor allem, weil wir uns weiterhin im Wholesale sehr wohlfühlen.“

Welcher Part kommt DRYKORN da zu?
„Wir haben für die richtigen Sortimente zu sorgen. Das hat inzwischen auch etwas mit Geschwindigkeit zu tun. Wir werden zunächst im Sommer für die Womenswear mit einer hochsommerlichen Ready-to-wear-Kapsel mit Liefertermin 1. April starten, um zusätzlich Kaufimpulse auf die Fläche zu bringen, wenn der Bedarf tatsächlich entsteht. Im kommenden Herbst/Winter ziehen wir dann bei der Menswear nach. Die Händler fragen außerdem nach neuer Ware für Kunden, die öfter im Laden vorbeischauen.“

Kurz zurück zur Pitti, wie haben Sie die Stimmung im Handel wahrgenommen?
„Die Stimmung auf der Pitti war wie immer gut. Das Thema Wetter ist stets das letzte Argument, wenn nichts mehr hilft. Wir haben nicht die erste schwierige Saison hinter uns. Es gibt Händler, die kommen mit dem Auf und Ab im Saisonverlauf gut zurecht, weil sie ihre Hausaufgaben gemacht haben, und es gibt Händler, die mehr zu kämpfen haben. Ich empfehle immer, genauer hinzusehen, warum die Guten Erfolg haben.“

Wie sieht es im deutschen Handel aus?
„Ich sehe keinen großen Unterschied zwischen In- und Ausland.“

 Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die Order?
„Ich rechne mit einer anspruchsvollen Order. Wir werden wohl dank des Exports mit einem kleinen Plus abschließen. Wir stehen am Anfang eines Veränderungsprozesses, dessen Ausmaß wir heute noch nicht absehen können. Wir leben in spannenden Zeiten. Wir freuen uns auf die Herausforderungen.“