„Die schwarze Faust unserer Zeit“

Mode und Politik

Die Illustration „The black fist of our time“ des politischen Karikaturisten Khalid Albaih (Bild: Khalid Albaih; Instagram @khalidalbaih)

Autorin: Nina Peter

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„Fuck your wall“ – diese drei Wörter zierten auf der New York Fashion Week im April letzten Jahres den sonst so unschuldig weißen Slip eines Catwalk-Models und ließen wenig Zweifel daran, dass der in Mexiko geborene Designer Raul Solis nicht unbedingt ein Fan von Trumps politischen Plänen ist. Mode als Ausdruck einer politischen Haltung ist jedoch nichts Neues – allerdings scheint derzeit nicht nur der Regierungswechsel in Amerika wieder vermehrt Anlass für kritische politische Meinungsäußerungen zu geben.

Vor bald 50 Jahren, am 16. Oktober 1968, neigten die schwarzamerikanischen Sprinter Tommie Smith und John Carlos auf dem Siegertreppchen der Olympischen Spiele in Mexico City beim Ertönen der amerikanischen Nationalhymne zwar ihre Köpfe, streckten jedoch gleichzeitig jeweils eine geballte Faust in schwarzem Handschuh in den Himmel. Die Geste wurde zu einer der bekanntesten politischen Protestaktionen der amerikanischen antirassistischen Bürgerrechtsbewegung. An diese Szene fühlt sich der sudanesische politische Karikaturist Khalid Albaih direkt erinnert, als er im August 2016 sieht, wie der NFL-Footballspieler der San Francisco 49ers Colin Kaepernick beim Erklingen der amerikanischen Nationalhymne demonstrativ knien bleibt. Als eine Solidarisierung mit den – nach wie vor unterdrückten – Schwarzen in Amerika, genauer mit denen, die gerade in diesem Jahr durch amerikanische Polizisten getötet wurden, bezeichnet der Spieler im Anschluss seine Protesthandlung. „The black fist of our time“ tauft Khalid Albaih seinen im September 2016 veröffentlichten Cartoon, der Kaepernick kniend zeigt und seinen Afro in Form einer geballten Faust darstellt – und vereint in einem Bild die beiden zwar zeitlich weit entfernten, dafür inhaltlich aber erschreckend nah beieinanderliegenden Ereignisse.

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Ein Symbol für Aktivismus und Widerstand

Colin Kaepernicks Handlung löste eine regelrechte Bewegung aus. Er ist zwar seither ohne Footballteam, wurde aber laut GQ zum starken Symbol für Aktivismus und Widerstand und kam in dieser Rolle nicht nur auf den Titel dieses Magazins, sondern wurde von ihm auch zum Bürger des Jahres 2017 gekürt. Zusätzlich wurde er mit dem Muhammad Ali Legacy Award der Sports Illustrated ausgezeichnet und von der Civil Liberties Union geehrt. Khalid Albaihs Cartoon ging ebenfalls viral und fand zuletzt seinen Platz auf einem grauen T-Shirt, das von Stars wie David Chappelle, Chance the Rapper, Snoop Dogg, Musiker und Oscar-Preisträger Common sowie amerikanischen Sportlern wie Ibtihaj Muhammad propagiert wurde. Zur Mode im Kontext dieser Ereignisse gäbe es noch einiges zu berichten; denn auch Megastar Beyoncé Knowles, die höchstwahrscheinlich nicht zufällig Kaepernick den GQ Award überreichte, setzte bei ihren Performances bereits politische Statements in Form ihrer Kleiderwahl … Mode und Politik sind also derzeit gerade in Amerika – besonders in Bezug auf soziale Ungleichheiten – wieder ein Thema.