Auf Rekordjagd

windsor.

„Noch nie hatten wir in der Konfektion für den Mann eine solche Vielfalt.“ Jan Mangold, windsor. alle Bilder ©windsor.

Autor: Markus Oess
windsor.-Chef Jan Mangold sagt im FT-Interview, passiere nichts Unvorhergesehenes, sei ein Rekordjahr für die HOLY-Marke drin. Durch Corona, sagt Mangold, sei das Unternehmen unterm Strich recht gut durchgekommen. Die B2B-Umsätze stimmten und auch auf der Fläche zeigten die Zahlen nach oben. Großes Wachstumspotenzial sieht der Markenchef vor allem im Online-Verkauf. Mangold über Trends in Mode und warum Nachhaltigkeit kein Ende hat.

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FT: Herr Mangold, was macht windsor. anders als STRELLSON?

Ich glaube, modisch wird die Konfektion das Thema Bequemlichkeit nicht aufgeben.“ Jan Mangold, windsor. ©windsor.

Jan Mangold: Nun, wir bedienen zwei völlig verschiedene Zielgruppen und machen deswegen bewusst beide sehr vieles anders. Aber beide Marken tragen die Konfektion als DNA in sich und spielen sie mit voller Kraft aus, auch wenn die Interpretation natürlich jeweils eine andere ist.“

Wie weit sind Sie mit der Roadmap zur Nachhaltigkeit?
„Wir sind ein gutes Stück vorangekommen und im Plan. Wir haben komplett auf Responsible Down, Responsible Alpaca und Responsible Mohair umgestellt. Alle Denims sind GOTS-zertifiziert. Das Gleiche gilt für rund ein Drittel unserer Jerseys. Es gibt immer noch eine Menge zu tun, auch wenn wir viele kleine und ein paar große Schritte gegangen sind. Wir können immer noch mehr für das Tierwohl tun, immer noch mehr Müll vermeiden und immer noch mehr Ressourcen schonen. Aber wir wollen bis 2025 bei mindestens der Hälfte unserer Produkte ein Nachhaltigkeitsmerkmal realisieren. Es ist ein Prozess, der nicht enden wird. Wichtig ist mir, dass wir das Erreichte nicht wieder aufgeben.“

Was macht das EARTH-Label?
„Das ist, wie Sie wissen, für Leuchtturmprojekte gedacht, für Produkte bei windsor., die besonders nachhaltig sind. So hatten wir im Winter ein Sakko und einen Pulli aus recyceltem Kaschmir. Auch für den Sommer sind wieder Teile in der Pipeline.“

Wie zeigt sich das neben der Kollektion im Unternehmen, Sie alle sitzen an einem Ort und sind der Holding untergeordnet?
„Wir sind in Kreuzlingen sechs Geschäftsführer, darunter drei Marken-Chefs. Natürlich ist jeder erst einmal für seinen Bereich verantwortlich. Reden wir über nachhaltige Produkte, ist das in den Marken angesiedelt, wird aber durch ein tolles Zentral-Team unterstützt. Reden wir über ein Solardach auf dem Headquarter, ist das ein Thema, das vor allem von meinem Operations-Kollegen getrieben wird. Zusätzlich wird das im Rahmen der monatlichen GF-Runde diskutiert. Im Grunde ist es aber egal, Hauptsache, es passiert etwas. Jeder Mitarbeiter kann für sich direkt entscheiden, ob er zum Beispiel den Müll trennt oder nicht. Andere Dinge werden in der Abteilung oder eben auf Geschäftsführungsebene entschieden.“

Wie sind Sie durch die Pandemie gekommen?
„Insgesamt recht gut. Nachdem wir im ersten Corona-Jahr gut 20 Prozent Umsatz verloren hatten, weil das Sakko und die Konfektion einfach weggebrochen waren, haben wir seit dem vergangenen Herbst und insbesondere in diesem Frühjahr dank starker Nachholeffekte die Umsatzverluste teilweise sogar überkompensiert. Und wir haben uns sogar Marktanteile erworben, da wir viele neue Kunden gewonnen und die Bestandskunden mehr als zuvor geordert haben.“

Hatten Sie Lieferprobleme?
„Nennen Sie mir einen Konfektionär, der die nicht hatte. Leider konnten für meinen Geschmack im letzten Halbjahr zu viele Lieferzusagen nicht eingehalten werden und es tut mir sehr leid, dass Händler diesbezüglich in der Luft hingen, aber uns haben die gebrochenen Lieferketten und die globalen Logistikprobleme schlicht überholt. Dazu kam noch eine unfassbar hohe Nachfrage, mit der wir nicht rechnen konnten. Aber wir haben viel Zeit in die Analyse investiert und viele Einzelmaßnahmen umgesetzt, um unsere Lieferfähigkeit für den Winter abzusichern.“

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Wie weit sind Sie mit den eigenen Läden gekommen? Im Oktober 2019 waren es acht.
„Daran hat sich auch nichts geändert. Die Stores laufen gut im Augenblick. Vor allem aber wollen wir digital weiter wachsen. Was mich besonders freut: Die Stores legen weiter zu und wir machen online mit unserem eigenen Shop dennoch anhaltend mehr Umsatz. Wir haben die Lagerhaltung digital mit unserem Online-Shop und den Stores verbunden, um dem Gedanken des Omnichannels Rechnung zu tragen und den Konsumenten einen noch besseren Service zu bieten. Gleichzeitig haben wir auch in das digitale Storytelling und Marketing investiert. Das zahlt sich jetzt aus. Aber auch B2B gehen die Zahlen nach oben. Wir haben gute Zahlen in der Vororder erzielt und wir verzeichnen auch im Rausverkauf sehr ordentliche Ergebnisse, sodass wir aktuell auf einem Superniveau unterwegs sind.“

Was passiert modisch gerade?
„Ich glaube, modisch wird die Konfektion das Thema Bequemlichkeit nicht aufgeben. Das befördert den Einsatz von Stretch und Bi-Stretch-Qualitäten. Die Endkunden tragen auch mal ein Shirt unter dem Anzug statt eines Hemdes. Die Silhouetten werden entspannter und weiter. All das kommt aber mit einem coolen Look. Die Formen werden insgesamt weiter und es bleibt modisch, etwa mit dem Zweireiher und der Doppelbundfaltenhose für den Mann. Generell sehen wir eine gestiegene Experimentierfreude für den Mann. Noch nie hatten wir in der Konfektion für den Mann eine solche Vielfalt.“

Wo liegen die Schwerpunkte?
„Ganz klar im Tailoring. Ich nenne es ,High End Summer Tailoring‘. Inspiration für die Kollektion war Palermo. Entsprechend arbeiten wir mit Streifen und Nadelstreifen, greifen wir auch das Farbspiel Siziliens auf. Ich will aber gar keine einzelnen Produkte hervorheben. Es ist das ganze Bild. Das Spiel mit relaxten Formen, tailored und auf hohem Qualitätsniveau. Unsere Mode trifft den Zeitgeist auf den Punkt. Jeder kann für sich individuell das Richtige heraussuchen.“

Sie hatten mit Bryan Adams als Fotograf für die Shootings schon eine aufmerksamkeitsstarke Karte gezogen, was kommt jetzt?
„Diesmal haben wir James Harvey-Kelly engagiert, der unter anderem RALPH LAUREN PURPLE fotografiert. James verwendet ausschließlich analoge Kameras. Er ist mit acht Kameras und vielleicht 20 verschiedenen Filmen von Schwarz-Weiß bis Polaroid angereist. Mit den analogen Kameras arbeitet man anders, denn das Ergebnis ist nicht schon bei der Aufnahme selbst ablesbar. Es ist einfach experimenteller, spannungsgeladener. Und die Kameras erzeugen ein ganz anderes Licht als ihre digitalen Pendants. Ich selbst kann nicht unterscheiden, mit welcher Kamera ein Bild gemacht wurde, aber mich haben einige darauf angesprochen, die sich mit Fotografie beschäftigen und das Shooting gesehen haben, ob die Bilder analog geschossen wurden. Eine wirklich tolle Arbeit.“

Wir haben Halbzeit im Jahr 2022, was rechnen Sie sich für das Gesamtjahr aus?
„Es ist natürlich schwer abzuschätzen, wie sich die Dinge entwickeln. Was passiert mit dem Ukrainekrieg, den explodierenden Energiekosten? Wie geht es mit der Pandemie weiter? Trotzdem läuft es auch international für uns sehr gut. Passiert nichts Unvorhergesehenes, ist ein Rekordjahr für uns möglich, einfach, weil wir auch international so viele Türen öffnen konnten.“

Der Gesprächspartner

windsor. gehört zur HOLY FASHION GROUP mit Sitz im schweizerischen Kreuzlingen. Das Label macht sein Geschäft je zur Hälfte mit Mens- und Womenswear. Jan Mangold hat 2016 die Position des Managing Brand Directors bei windsor. übernommen. Mangold berichtet direkt an den CEO der HOLY FASHION GROUP, Marcel Braun. Zur Gruppe gehört auch die Marke STRELLSON. Mangold war zuvor für reima, RENÉ LEZARD, MUSTANG und JOOP! tätig.