Geld haben, Geld geben

Markus Oess, ©FT

Asche zu Asche – kann man auch anders verstehen, kommt einem das Synonym für Geld in den Sinn. Tatsächlich hält die Umverteilung von unten nach oben an. Das Vermögen der Reichen wächst, die Menschen am unteren Ende der Vermögens- oder Einkommensskala haben weniger und gerade die anhaltend hohe Inflation frisst das Bisschen auch noch an. Ich möchte nun nicht in die Sozialdebatte einsteigen, welcher Steuersatz gerecht ist und welcher nicht. Nur so viel. Wenn ein(e) Bezieher*in arbeitet und Sozialtransfers erhält, dabei sein Einkommen voll angerechnet würde, unterläge er rechnerisch einem Steuersatz von 100 Prozent. Wir reden von einer Leistung von 502 Euro im Monat. Und als Gedankenstütze: Der Spitzensteuersatz in Deutschland beträgt 42 Prozent und gilt 2023 ab einem Einkommen von 62.810 Euro bis 277.826 Euro. Wer mehr als 277.826 Euro verdient, wird in Deutschland mit dem Höchststeuersatz von 45 Prozent besteuert. In etwa 4 Millionen Deutsche zahlen derzeit den Spitzensteuersatz. Laut Statista legen die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit nahe, dass in diesem Jahr durchschnittlich über fünf Millionen Menschen zu den Leistungsempfängern zählen werden. Natürlich ist der Spitzensteuersatz ab etwas mehr als 60.000 Euro Jahreseinkommen mehr als diskussionswürdig, aber Deutschland geht wohl kaum am Bürgergeld zugrunde.

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Mit der Neuregelung des Bürgergeldes sind auch die Sätze gestiegen. Ein alleinstehender Erwachsener erhält nun wie erwähnt etwa 502 Euro – eine Erhöhung um 53 Euro im Vergleich zum 2022 geltenden Regelsatz des Arbeitslosengelds II. Andere Bestandteile des Bürgergeld-Gesetzes treten erst zum 1. Juli 2023 in Kraft, darunter neue Freibeträge für das Einkommen. Aber reden wir mak von den Verhältnismäßigkeiten. Mir schwärmte mein erster Chef beim Arbeitsantritt vor vielen Jahren vor, wie praktisch ein 500 DM-Schein sei. Der ließe sich im Gegensatz zum 1000 Markschein immer wechseln und man habe dennoch immer etwas Reserve in der Tasche. Klar, (Kredit-) Kartenzahlungen waren noch nicht so extrem weit verbreitet … Gut, wenn man sich zu helfen weiß. Ich war hingegen war froh, wenn ich überhaupt 50 DM einstecken hatte.

Wir haben die  Dr. Irene Becker, freiberufliche Wissenschaftlerin in der empirischen Verteilungsforschung, gefragt, was sich nun geändert hat  mit dem großen Wurf des Bürgergeldes. Ihre Antwort fällt ernüchternd aus. Galoppierende Preise bei Energie und immer noch bei den Lebensmitteln fressen mehr als das Plus auf. Unterm Strich bleibt Haushalten, die Bürgergeld beziehen, weniger Geld übrig, als noch vor etwas mehr als einem Jahr. Eine wirkungsvolle Hilfe in der Zukunft wird es wohl nicht geben. Wir haben die 41,65 Euro, die für Kleidung und Schuhe im monatlichen Regelsatz genommen und unterstellt, dass keine Mehrausgaben über drei Monate anstehen und wir einen gefüllten Kleiderschrank haben, um frische Kleidung zu wechseln und ab und an auch die Waschmaschine anwerfen zu können. Tatsächlich bekommt man ein neues Sommeroutfit hin. Aber eben nur eines und es gibt viele Wenn’s bei dieser Rechnung … Second Hand ist da eine gute Alternative, die nicht nur Geld spart, sondern unsere Umwelt entlastet. Wer used wertschätzt, bekommt auch einen gutes Deal hin, wie Lumpenjunge zeigt. Bleiben aber immer noch die anderen Annahmen … Ceteris paribus, sagt der Wirtschaftswissenschaftler gerne. Die Einkommensteuer hat auch eine Verteilungsfunktion. Und was die Verteilungsgerechtigkeit angeht, steht Deutschland im Großen und Ganzen auf internationalem Niveau noch ganz gut da. Wir sollten mal verstehen, dass Geld geben, hierzulande auch ein Privileg ist, denn dazu muss man erst einmal Geld haben.

Themenwechsel: Die Ordersaison rückt näher und mit ihr die kommende Ausgabe der Pitti Uomo. Die wird, läuft es so weiter, schon Ende kommenden Jahres an alte Zahlen anknüpfen können. Wir haben mit Lapo Chianchi, Director Communications and Events PITTI IMMAGINE gesprochen, wie die Messemacher das erreichen wollen. In einem anderen Sinne geht es bei ETERNA um Vergangenheit. Wir haben Unternehmenschef Henning Gerbaulet anlässlich des 160. Jubiläums seines Unternehmens interviewt und wie er die Marke jung halten will. Gerbaulet antwortet mit einem permanenten Erneuerungsprozess , der die Marke aktuell und marktfähig halten soll. So sollte es auch der Handel tun. Eine Idee, wie das gehen könnte, gibt die retail GARAGE im Herzen Berlins, am Potsdamer Platz. Austausch, Begegnung und Community sind außerdem wichtige Bestandteile des Konzepts. Eine gute Sache, wie ich meine, denn damit eröffnen sich Perspektiven in die Zukunft. Zugegeben, es gibt keinen Königsweg, aber hilfreich ist es schon, wenn wir mit einem Wertesystem in die Zukunft gehen, das uns Orientierung gibt. Dann können wir auch bestehen – nachhaltig wie Création Gross, es will.

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Ihr

Markus Oess