Going Underground

Der normale Mann

„Ich habe noch meinen 15 Jahre alten Hochzeitsanzug, aber den ziehe ich heute kaum noch an.“ Guido Ritz alle Bilder © Guido Ritz

Autor: Andreas Grüter
Der Kölner Guido Ritz liebt schnellen Hardcorepunk, alten Soul und bunte Bilder auf der Haut. Hauptberuflich als Produktionsleiter im Konzertbereich unterwegs legt der 46-Jährige gerne als DJ Vinylscheiben auf, treibt sich als Sänger der Band Krawl auf den Bühnen von schattigen Undergroundschuppen herum und ist Co-Gründer des Plattenlabels Bop Pills Records. Wir haben ihn in seinem Musikzimmer besucht.

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Ich bin kein Skinhead, auch wenn ich möglicherweise häufig so aussehe und mich viele Leute dafür halten.“ 

FASHION TODAY: Dein Style orientiert sich am Look von Subkulturen. Inwiefern ist Fashion dabei ein Thema für dich?
Guido Ritz: „Was in der Mode gerade so angesagt ist, interessiert mich nicht wirklich. Ich picke mir aus allem, was ich so sehe, die Teile raus, die mir gefallen und in denen ich mich wohlfühle. Natürlich kann ich mich dabei aber nicht ganz von Trends freimachen.“

Dein Look ist ja nun auch nicht gerade Mainstream-populär …
„Nein, wohl eher Subkultur-populär, aber auch in Subkulturen gibt es natürlich Trends und Strömungen. Ich finde den traditionellen Skinhead-Look gut. Dabei geht es mir tatsächlich hauptsächlich um den Look, weil ich mit vielen Aspekten der Skinhead-Kultur nicht wirklich viel anfangen kann. Ich bin kein Skinhead, auch wenn ich möglicherweise häufig so aussehe und mich viele Leute dafür halten.“

Aha, du bist also ein Disco-Skin?
„Disco ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber wie wäre es mit Lifestyle-Skin? Ach, keine Ahnung. Es ist ja nun schon so, dass ich den Look, die Musik, also Rocksteady, Soul und teilweise auch Oi, und vieles von dem Drumherum interessant und ansprechend finde, aber Fußball und Saufen, um mal so die Klischees zu nennen, ist halt definitiv nicht mein Ding. Dementsprechend falle ich in der Szene wahrscheinlich doch zu sehr aus der Rolle.“

Woher nimmst du deine stilistischen Inspirationen? Liest du Modemagazine?
„Modemagazine lese ich überhaupt nicht. Ich beschäftige mich mit verschiedenen Subkulturen und lasse mich da stilistisch inspirieren.“

Du singst nicht nur in der Hardcorepunk-Band Krawl, sondern legst auch immer wieder als DJ auf. Inwiefern unterscheiden sich deine Bühnenklamotten von denen, die du hinter den Plattenspielern trägst?
„Auf der Bühne sind bei mir T-Shirt und Jeans angesagt. Ich bewege mich bei unseren Konzerten ziemlich viel, und da müssen die Klamotten bequem und funktional sein. Was mein DJ-Outfit angeht, kommt es ein bisschen darauf an, was ich so auflege. Wenn ich Punkrock-Platten drehe, ziehe ich einfach das an, worauf ich Lust habe. Bei Soul-, 60s- und R&B-Sets orientiere ich mich dann schon ziemlich am Look dieser Szene.“

Kaufst du nach Marken?
„Ja, schon …“

Inwiefern?
„Ich finde Marken, die in irgendeiner Art und Weise kulturell aufgeladen sind und so auch gelesen werden können, interessant. Du würdest mich beispielsweise nie in Klamotten von einem Label wie GANT sehen. Das ist für mich so der Inbegriff von belangloser Mode für FDP-wählende Mittelstandsmenschen, die sich gerne schick anziehen und ihren Durchschnittlichkeitsstatus zeigen wollen. Da präferiere ich dann doch Styles von Ben Sherman oder Fred Perry und werde lieber mit einem saufenden Fußball-Skinhead in einen Topf geworfen.“

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Handzeichen

Wo kaufst du ein? Shoppst du auch online?
„Ich kaufe ehrlich gesagt gar nicht besonders viele Klamotten. Aktuell reicht das, was im Kleiderschrank hängt. Wenn es dann doch was Neues sein soll, besuche ich gerne den Fred Perry Store hier in Köln oder bestelle mir in Szene-Onlinestores Hemden von beispielsweise Relco, Brutus, Real Hoxton oder Upsett. Dazu kommen dann Red-Selvedge-Levi’s und Socken von Burlington.“

Hast du ein Anlass-Outfit?
„Ich habe noch meinen 15 Jahre alten Hochzeitsanzug, aber den ziehe ich heute kaum noch an. Die Prämisse war damals, einen Anzug zu finden, der schick aussieht und zudem vegan ist, und das war gar nicht so einfach, weil häufig Seide oder Wolle verarbeitet wird. Ich glaube, an dieser Problematik hat sich allen Vegantrends zum Trotz bis heute nicht viel geändert.“

Welches Outfit spiegelt deinen Musikgeschmack am ehesten wider?
„Jeans, schwarze Dr.-Martens-Halbschuhe, ein Bandshirt und darüber ein Cardigan.“

Was würde bei dir nie im Kleiderschrank landen?
„Ein Pelzmantel und auch sonstiges Nicht-Veganes. Übrigens auch kein Fake-Fur-Pelzmantel. Über Marken wie GANT oder CAMP DAVID müssen wir uns in diesem Zusammenhang hoffentlich nicht unterhalten. Ach ja, und Kleidungsstücke mit großen Logos kommen für mich auch nicht infrage.“

Auf was kannst du auf keinen Fall verzichten?
„Band-T-Shirts.“

Deine modischen Guilty Pleasures.
„Meine Hausschuhe von TOMS.“