Hauptsache authentisch

Personal Branding bei Profisportlern

Die Marketingagentur Socentic Sports sitzt in München. Michael Klement und sein Team betreuen von hier aus Sportlerinnen und Sportler engmaschig und beraten sie strategisch rund um den Aufbau ihrer Personal Brand. Alle Bilder ©Socentic Sports

Socentic Sports

Autorin: Katja Vaders
Während bis zu den 1990ern Fußballer eher für ein archaisches Männerbild standen, verstehen sich inzwischen einige Profikicker der internationalen Topligen als Stilikonen. Spieler wie der ehemalige Bayern Münchener David Alaba, der Brasilianer Neymar oder der Spanier Héctor Bellerín haben auf ihren Social-Media-Kanälen nicht nur mehrere Millionen Follower, sondern machen auch immer wieder mit stylishen Outfits von sich reden – bisweilen zieren sie sogar die Cover von Mode- und Lifestylemagazinen. Wie kam es dazu? FT sprach mit Michael Klement, CEO und Co-Founder von Socentic Sports, Marketing-Agentur für Sportlerinnen und Sportler mit Sitz in München, über die Bedeutung von Personal Branding und Social Media für Profisportler und warum sich Unternehmen immer häufiger für Fußballer als Markenbotschafter entscheiden.

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Michael Klement, CEO und Co-Founder von Socentic Sports: „Die Zielgruppe merkt sehr schnell, wenn etwas aufgesetzt. Daher funktionieren langfristige Partnerschaften zwischen Sportlern und Marken auch nur, wenn es wirklich passt.“

FASHION TODAY: Michael Klement, Sie sind Mitgründer von Socentic Sports und betreuen in Ihrer Agentur unter anderem Fußballer aus europäischen Topligen. Was beinhaltet Ihre Arbeit konkret?
„Unsere Hauptaufgabe besteht darin, Sportlerinnen und Sportler bei Ihrem Personal Branding zu unterstützen. Dabei verfolgen wir strategisch einen ganzheitlichen Ansatz und sind täglich und in allen Bereichen rund um die Uhr für die Athletinnen und Athleten da, um ihre Marke aufzubauen. Jeder Sportler ist anders, hat seine eigenen Ziele. Eine Personal Brand ist für die Sportlerinnen und Sportler eine große Chance, neben der aktiven Karriere ein weiteres Standbein aufzubauen, von dem sie ein Leben lang profitieren können – als Trainer, Berater, Unternehmer. Egal, in welchem Bereich es nach der aktiven Zeit für sie weitergeht. Wir unterstützen Sportler in allen möglichen Sparten, vom Olympioniken über den Jugendnationalspieler bis zum etablierten Profi. Unser Schwerpunkt liegt aber im Fußball, weil wir bei Socentic einen entsprechenden Background haben, ich selbst habe beispielsweise bei Bayern München gearbeitet. Wir sind gut vernetzt und auch international tätig, nicht nur mit Sportlern, sondern auch mit Beratern und anderen Sportfunktionären im Ausland.“

Sie haben gerade den Begriff Personal Brand erwähnt. Was verstehen Sie darunter?
„Wir beschäftigen uns zu Beginn unserer Zusammenarbeit sehr intensiv mit den Sportlerinnen und Sportlern, schauen, welche Werte sie vertreten, wie ihre Interessen und Ziele aussehen, machen sozusagen eine Brandanalyse. Jeder ist natürlich individuell und auf dieser Basis kreieren wir gemeinsam mit den Athleten eine langfristige Strategie. Social Media sind hier die Basis, denn diese Kanäle hat der Sportler in der Hand. Etablierte Sportlerinnen und Sportler unterstützen wir – von PR-Maßnahmen, um sie medial zu positionieren, bis hin zu Business Development und Investments. Bei jüngeren Athleten sieht das allerdings anders aus. Hier geht es eher um einen Erziehungsauftrag, wir möchten die jungen Sportlerinnen und Sportler an den richtigen Umgang mit Social Media heranführen. Die Mädchen und Jungen sind eine andere Generation, wachsen mit dem Medium auf, nutzen es auch schon längst privat. Daher müssen wir sie sensibilisieren und erklären, dass ein falscher Post heutzutage reichen kann, um Impact auf die gesamte Karriere zu haben.“

Wie sieht denn generell das Interesse der Sportler, insbesondere der Fußballer, am Thema Social Media aus? Haben sie schon eigene Profile oder werden diese erst von Ihrer Agentur erstellt?
„Auch hier kann man nichts verallgemeinern, das ist individuell sehr unterschiedlich. Es gibt Spieler, die zwar wissen, wie wichtig das Thema ist, sich aber trotzdem auf den Fußball konzentrieren möchten. Es ist ja sehr arbeitsaufwendig, so ein Social-Media-Profil zu bespielen. Wichtig ist auch, dass wir nicht für jeden Spieler alle Kanäle nutzen. Bereits zu Beginn der Zusammenarbeit definieren wir, welche Plattform passend ist. LinkedIn beispielsweise ist eher etwas für etablierte Profis, die schon an die Zeit nach ihrer Karriere denken. Hier können sie nämlich sehr gut ein Business-Netzwerk aufbauen, Investitionsmöglichkeiten finden und ihre eigene Brand aufbauen. Jede Plattform hat ihre eigene Zielgruppe und wir überlegen, welcher Kanal in welchem Stadium der Karriere am meisten Sinn macht. Auch was das Thema Partnerschaften angeht, gibt es viele Möglichkeiten. Gerade für Profifußballer ist Fashion sehr relevant, aber es gibt auch Unternehmen aus ganz anderen Branchen und Start-ups, die für sich passende Markenbotschafter suchen.“

Wie kann man sich diese Suche vorstellen?
„Ich bin mir sicher, dass der Einfluss von Influencern schwindet. Unternehmen kaufen sich nicht mehr nur Reichweite ein, sondern interessieren sich vielmehr für eine Personal Brand, die Werte vertritt, die zu ihnen passen. Viele Sportlerinnen und Sportler dürfen inzwischen bei den Unternehmen mitentscheiden, oft ist so eine Zusammenarbeit auch mit einer Beteiligung verbunden. Es geht für beide Seiten um langfristige und nachhaltige Partnerschaften. Die Zeiten, in denen Sportler einmalige Werbedeals mit Fast-Food-Ketten abgeschlossen haben, um schnelles Geld zu verdienen, sind vorbei. Daher suchen wir proaktiv die passenden Unternehmen, kreieren sozusagen Perfect Matches. Das macht nicht nur großen Spaß, sondern bedeutet eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.“

Lassen Sie uns genauer hinschauen, welche Bedeutung Fußballer für die Fashion-Branche haben. Das Image von Profispielern hat sich ja extrem geändert: Früher transportierte der Sport ein eher archaisches Männerbild, heute sind viele Kicker der Topligen trendbewusste Superstars, die nicht nur sportliche Vorbilder sind. Wie ist es dazu gekommen?
„Teil von so einem Imagewandel sind immer Millionen Follower und viele junge Menschen, die zu den Fußballern aufschauen und sich auch von ihnen beeinflussen lassen. Man kann das meiner Ansicht nach aber nicht verallgemeinern: Der eine Spieler hat mehr Affinität zu Fashion als der andere – das ist generell bei Personen des öffentlichen Lebens so. Die Leute schauen, wie sich die Celebritys kleiden und was Trend ist. Und daraus entsteht dann der ein oder andere Hype, auch für eine Brand. Viele Marken versuchen daher, Sportlerinnen und Sportler für sich zu gewinnen, das kann man aktuell sehr gut bei HUGO BOSS verfolgen. Dabei geht es ihnen aber nicht darum, beispielsweise Fußballern besonders viel Geld zu bieten, sondern es gibt Athleten, die eine Marke wirklich gut finden, was wiederum Impact auf die Brand hat. Es wird definitiv wahrgenommen, wenn ein Sportler mit 20 Millionen Followern in einem Post eine Marke trägt. Manche tun das auch ohne Partnerschaft, weil sie eine persönliche Affinität zu einem Label haben. So entstehen bestenfalls Zusammenarbeiten, die absolut authentisch sind und zur Marke des Sportlers passen – und umgekehrt.“

Wir haben jetzt schon viel darüber gesprochen, wie wichtig Social Media sind. Inwieweit unterstützen Sie die Sportlerinnen und Sportler bei ihren Postings? Werden die von Ihrer Agentur im Abgleich mit den entsprechenden Marketingstrategien verfasst oder von den Athleten selbst?
„Das ist sehr unterschiedlich, weil die Sportler wie gesagt unterschiedliche Affinitäten zu Social Media haben. Einige Fußballspieler identifizieren sich sehr mit dem Thema und nutzen und konsumieren ihre Accounts auch privat. Solche Athleten bringen sich dann natürlich auch mehr ein. Aber: Es macht überhaupt keinen Sinn, den Sportlern irgendetwas aufzusetzen oder aufzudrängen, auch nicht denjenigen, die sich eigentlich ausschließlich auf den Fußball fokussieren wollen und nicht im Thema sind – letztendlich muss so ein Posting vom Spieler selbst kommen. Das heißt, es wird nichts veröffentlicht, was der Sportler nicht abgesegnet hat. Daher ist uns der ständige Austausch so wichtig. Wir wollen seine Sprache sprechen, mit ihm diskutieren und besprechen, was wie formuliert wird und womit er sich identifizieren kann. Wir unterstützen also, bringen in das passende Format, bleiben aber jederzeit authentisch und bringen nichts, was der Sportler nicht will.“

„Eins der wichtigsten Themen ist: Werte zu vermitteln. Stichwort Diversity – wenn ein Unternehmen für diesen Wert steht, kooperiert man natürlich gerne mit einem Sportler, der ihn verkörpert, und nicht mit einem Athleten, der sich in der Vergangenheit schon einmal negativ zu dem Thema geäußert hat.“

Wie weit geht Authentizität in diesem Zusammenhang? Was kann ein Fußballer posten – und was lässt er besser bleiben?
„Grundsätzlich sollte ein Profispieler Ecken und Kanten haben dürfen und bei einem Interview nach einem Spiel auch einmal sagen, was vielleicht nicht jedem schmeckt. Tatsächlich ist das heutzutage aber ein schmaler Grat. Die Spieler müssen aufpassen, dass sie nicht den falschen Post zur falschen Zeit bringen, denn das kann sofort Einfluss auf die Karriere haben. Alle schauen auf Social Media – nicht nur die Fans, sondern auch ein interessierter Verein, Berater oder Trainer. Für die Spieler ist das schwierig und auch ein bisschen schade, weil man aus einem Social-Media-Auftritt theoretisch alles herauslesen kann: Bei einem Sportler, der viel über Fashion postet, entsteht vielleicht der Eindruck, dass sein Fokus nur da und zu wenig auf dem Sport liegt. Wenn ein anderer nur Content zum Thema Fußball postet, ist er vielleicht nicht interessant genug für eine Brand, weil er zu wenig Interesse an Mode zeigt. Ist er zu affin mit Freizeitthemen, fragen sich die Unternehmen eventuell, ob man ihn trotzdem als Markenbotschafter nutzen kann … Social-Media-Profile sind Visitenkarten für Spieler – und alle schauen auf diese Kanäle, vom Scout bis zum potenziellen Kollaborationspartner. Jeder Post kann dementsprechend also auch negative Auswirkungen haben. Aber gleichzeitig bergen Social Media natürlich auch eine sehr gute Chance, sich zu gesellschaftspolitischen Themen äußern zu können und Stellung zu beziehen. Und die Präsentation dieser Werte und persönliche Einstellungen sind heutzutage extrem wichtig für viele Unternehmen.“

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Was bedeutet das in Bezug auf Kooperation mit Modemarken?
„Es ist ja bei den Fußballern nicht anders als bei anderen Männern: Es gibt Spieler, die nur Topmarken oder Luxus-Brands tragen und sehr experimentierfreudig sind – wieder anderen ist Mode überhaupt nicht wichtig. Bezogen auf die Personal Brand bedeutet das, dass manche Sportler Fashion als ihren USP nutzen können und dementsprechend auch mit ihrer Kleidung auffallen wollen. Natürlich werden sie dann auch mit dem Thema Mode in Verbindung gebracht, es ist ihr Branding, ausgefallene Klamotten zu tragen. Solche Spieler treten dann auch Trends los.“

Würden Sie sagen, dass es den typischen Look eines Profispielers gibt?
„Ich denke nicht, denn auch hier sind alle individuell. Der eine trägt gerne lässige Sportswear, auch mal von BALENCIAGA, LOUIS VUITTON oder PRADA, der andere ist eher mit Jeans und Hoodie oder im klassischen Anzug unterwegs. Einen Look, den alle tragen, gibt es meiner Meinung nach nicht.“

Welche Marken kooperieren denn am liebsten mit Profisportlern – im Bereich Fashion, aber natürlich auch in anderen Branchen?
„Natürlich sind das in erster Linie die klassischen Sportausrüster. Jeder Fußballer hat eine Brand, mit der er zusammenarbeitet, vor allem, was die Schuhe angeht, aber auch bei der Bekleidung. Da sind ganz vorne Nike, adidas und Puma zu nennen, es gibt aber auch andere Marken, die gerne Partnerschaften mit Spielern eingehen. Außerhalb der Sportartikelhersteller kann man wie schon erwähnt HUGO BOSS nennen, auch in anderen Sportarten als Fußball. Die Unternehmen schauen ganz genau hin, welche Sportler schon ihre Kleidung tragen und wen sie dementsprechend als Markenbotschafter nutzen können. Da spielen auch andere Aspekte eine Rolle: Was macht der Athlet in seiner Freizeit, welche Werte vertritt er, passt das zu uns? Ich hatte ja schon gesagt, dass der Trend weggeht vom klassischen Influencer als Markenbotschafter, hin zum Sportlermarketing – was auch mit der Zielgruppe zu tun hat, denn Fußballer sind oft für einen längeren Zeitraum erfolgreich. Es geht um Branding, um eine langfristige Bindung. Fußballer wie Thomas Müller beteiligen sich an Start-ups, die sie gleichzeitig auch repräsentieren. Das sind super Konstellationen.“

Welches Image ist Ihrer Meinung nach in dem Bereich Profifußball aktuell besonders gefragt? Und wie wird sich das mittelfristig entwickeln?
„Eins der wichtigsten Themen ist: Werte zu vermitteln. Stichwort Diversity – wenn ein Unternehmen für diesen Wert steht, kooperiert man natürlich gerne mit einem Sportler, der ihn verkörpert, und nicht mit einem Athleten, der sich in der Vergangenheit schon einmal negativ zu dem Thema geäußert hat. Man hört immer wieder, dass sich große Unternehmen von Sportlern getrennt und Partnerschaften aufgelöst haben, weil sie falsche Aussagen getätigt haben. Marken achten sehr darauf und interessieren sich daher für Partner, die sich im positiven Sinne zu gesellschaftspolitischen Themen äußern. Daher schauen sie vor dem Eingang einer Kooperation auch so genau hin; was wiederum das Personal Branding extrem wichtig macht. Jede Person hat ihre individuellen Ansichten und Meinungen, die wiederum Teil der persönlichen Marke sind – auch hier geht es um die Authentizität. Die Zielgruppe merkt sehr schnell, wenn etwas aufgesetzt ist. Daher funktionieren langfristige Partnerschaften zwischen Sportlern und Marken auch nur, wenn es wirklich passt.“

Vielen Dank für das Gespräch!