„Sourcing und Mode“

Afrika

„Leider entwickelt sich auch in Afrika die Preisspirale weiter. Sourcing-Unternehmen und Einkäufer wollen eine noch günstigere Produktion, weshalb nun auch in Afrika an der Kostenschraube gedreht wird." Skander Negasi, CEO der Trade and Fairs Group (Organisator der AFRICAN SOURCING AND FASHION WEEK in Addis Ababa, Nairobi und Dakar)

Autorin: Tays Jennifer Köper-Kelemen
Der afrikanische Kontinent stellt mit seiner Textilindustrie eine Sourcing-Alternative zu asiatischen Ländern dar, Textilrecycling gewinnt an Bedeutung. FASHION TODAY hat bei Skander Negasi, CEO der Trade and Fairs Group (Organisator der AFRICAN SOURCING & FASHION WEEK in Addis Abeba, Nairobi und Dakar), nachgefragt.

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„Die aktuellen und zukünftigen US-Zölle sowie die steigenden Lohnkosten in Asien sind ein Multiplikator für Afrikas Textilindustrie und somit aller AFRICAN SOURCING-&-FASHION-WEEK-Messen auf diesem Kontinent. – FASHION TODAY hat bei Skander Negasi, CEO der Trade and Fairs Group (Organisator der AFRICAN SOURCING & FASHION WEEK in Addis Abeba, Nairobi und Dakar), nachgehört, wie es aktuell um die afrikanische Textilindustrie bestellt ist und welche Aussichten es für die Sparte Textilrecycling gibt.

Die ASFW Addis Abeba/Äthiopien fand laut Organisator als größte Textilmesse Afrikas erstmals im Oktober 2015 statt und öffnet in diesem Jahr vom 30. Oktober bis zum 2. November 2025 zum elften Mal ihre Pforten. Weitere ASFW-Veranstaltungen gehen in Nairobi/Kenia (5. Edition, zweitgrößte Textilmesse Afrikas) und Dakar/Senegal (1. Edition) an den Start. Als wichtiger Partner der ASFW Addis Abeba tritt die Messe Frankfurt in Erscheinung, zudem wird mit den Partnern GIZ (ebenso Gründungsmitglied der ASFW Dakar), International Trade Center (ITC), UNIDO und ILO zusammengearbeitet.

An der jährlich einmal stattfindenden ASFW Addis Abeba nahmen 2024 über 250 Aussteller und 6.000 Fachbesucher aus 70 Ländern teil, während an der ASFW Nairobi knapp 200 Aussteller und über 3.000 Fachbesucher aus über 40 Ländern teilnahmen. Da das Format ASFW Addis Abeba gewachsen ist, zieht die Veranstaltung 2025 in das neue, größere Messegelände „Addis International Convention Center“. In diesem Jahr wird über Ausstellung und Konferenz vor Ort das Thema Baumwolle stärker fokussiert, ebenso Zirkularität sowie künstliche Intelligenz in der Textil- und Modeindustrie. Über 300 Aussteller und über 7.000 Fachbesucher werden zur kommenden Äthiopien-Edition erwartet.

FASHION TODAY: Herr Negasi, wie ist die Textilindustrie in Afrika derzeit aufgestellt?
Skander Negasi: Afrika hat als Produktionsstandort für die Textilindustrie bereits seit 15 Jahren einen höheren Stellenwert gewonnen. Die dort ansässigen Firmen können günstiger, umweltschonender und vor allem zollfrei in die westlichen Länder exportieren. Produzenten aus Asien, Europa und der Türkei investieren in den Kontinent.

Wie würden Sie das aktuelle Wachstum beurteilen?
„Vor allem die Bekleidungsindustrie in Ostafrika wächst stark – nicht zuletzt durch den Kurs der aktuellen US-Regierung bedingt, die hohe Zölle für Produkte aus China und anderen asiatischen Ländern erhebt. Die Zölle für Afrika belaufen sich derzeit mitunter auf 10 Prozent. Aus diesem Grund investieren die Chinesen massiv in den Kontinent, um von hier aus Bekleidung in den US-Markt zu exportieren.“

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„Trotz mangelnder Investition aus dem Ausland gibt es viele junge Designer, die aus gebrauchten Textilien etwas Neues und Besonderes kreieren. Wir gehen davon aus, dass dieser Bereich in der nahen Zukunft an Position gewinnt und wachsen wird.“ 

Es gibt in Afrika ein Problem mit Übermengen an Altkleidern. Inwiefern bildet sich gegenwärtig eine Industrie um Textilrecycling heraus?
„Einige afrikanische Länder wie Ghana oder Ruanda wurden von den USA dazu genötigt, Gebrauchtwaren abzunehmen, um ihre Waren günstig oder zollfrei in die USA zu exportieren. So hat sich im Laufe der Zeit viel ‚Müll‘ angesammelt, Ware, die vor Ort niemand kaufen wollte. Es entstanden Umweltprobleme, weil diese nicht recycelt wurde. Es gibt dazu die berühmten Bilder vom Meeresstrand in Ghana, der mit Altkleidern überfüllt ist.
Seit wenigen Jahren wehren sich nun die afrikanischen Regierungen gegen diesen Zwang und fördern die eigene Produktion sowie gesamte Wertschöpfungskette in ihren eigenen Ländern. Ruanda hat zum Beispiel die Einfuhr von gebrauchten Textilien verboten. Kenia und viele andere Länder ziehen nach.
Es existieren mittlerweile einige Agenturen und Start-ups, die aus alten Stoffen etwas Neues und Anderes wie Sofas, Home Decors, Beutel und so weiter herstellen. Das Gleiche gilt für gebrauchtes Leder, aus welchem neue Taschen entstehen.“

Gilt die Sparte Textilrecycling als relevantes Zukunftsfeld?
„Trotz mangelnder Investition aus dem Ausland gibt es viele junge Designer, die aus gebrauchten Textilien etwas Neues und Besonderes kreieren. Wir gehen davon aus, dass dieser Bereich in der nahen Zukunft an Position gewinnt und wachsen wird.“ 

Haben Sie Beispiele für innovative Unternehmen, die mit Textilrecycling arbeiten?
„Firmen wie AFRICA COLLECT TEXTILES (Kenia), Rewoven (Südafrika) oder Closing the Loop of Textile Waste (Kenia) stellen Waren wie Rucksäcke, Körbe, Handtaschen und Einkaufstaschen aus gebrauchten Materialien her.
Auf der AFRICA SOURCING & FASHION WEEK (ASFW) haben wir das Areal Circular Eco Systems‘ geschaffen, auf dem ebensolche Unternehmen ausstellen können. Außerdem wird das Thema Nachhaltigkeit und Recycling auch in der ASFW-Konferenz bespielt.“

Welchen Stellenwert nimmt das Thema Sourcing auf Ihrer Plattform ein?
„Sourcing und Mode nehmen bei uns den größten Stellenwert ein, da die ASFW die Produktion und den Export von Bekleidung ‚made in Africa‘ unterstützt. Durch unsere Messe und Sourcing-Aufträge hat die ASFW über 50.000 neue Jobs geschaffen, vor allem für weibliche Arbeitskräfte. Dies ist unter anderem der Grund, warum die ASFW seit zehn Jahren stetig wächst und von diversen Regierungen und Organisationen unterstützt wird.“

Welche Herausforderungen sehen Sie für die afrikanische Textilindustrie?
„Leider entwickelt sich auch in Afrika die Preisspirale weiter. Sourcing-Unternehmen und Einkäufer wollen eine noch günstigere Produktion, weshalb nun auch in Afrika an der Kostenschraube gedreht wird. Derzeit erhalten in den günstigsten Produktionsländern Afrikas die Beschäftigten einen Lohn von etwa 70 US-Dollar. Eine weitere Herausforderung ist die Logistik, die noch nicht zu 100 Prozent reibungslos funktioniert. Ansonsten erfreuen sich die Investoren an motivierteren und lernwilligen Arbeiterinnen und Arbeitern.“