Mit camel active auf dem Wachstumspfad

Gerli

Mit Dockers by Gerli wird das Unternehmen wahrscheinlich das Volumen halten und bei camel active ein Plus von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr einfahren. Alle Bilder ©Gerli

Autor: Markus Oess
Gerli-Chef Ralf Grossmann blickt zufrieden auf die aktuellen Ergebnisse seines Unternehmens. Gemessen an der aktuellen Konjunkturlage läuft es gut für ihn und seine Schuhe. Dockers by Gerli kann das Umsatzniveau halten, camel active sorgt für Wachstum. Der Firmenchef hat die Preislagen für beide Marken fest im Blick. Dafür muss die Beschaffung laufen. Warum China so wichtig ist und was camel active mit der Generationenfrage zu tun hat.

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Laut ANWR ist Dockers by Gerli die Marke mit den höchsten Roherträgen und den niedrigsten Abschriften in ihrem Segment und wir bieten einen Netto-Aufschlag von 2,6.“ Ralf Grossmann ©GERLI GmbH

FASHION TODAY: Herr Grossmann, die letzte Ausgabe der MICAM ist jetzt ein paar Wochen alt. Wie war es?
Ralf Grossmann: „Der erste und der dritte Messetag waren schon sehr verhalten. Dafür war aber der zweite Tag gut. Der Sommertermin müsste früher im Jahr sein, weil gerade die deutschen Kunden im Juni/Juli bereits Aufträge schreiben. Allerdings hat die italienische Schuhindustrie Vorbehalte mit dem Argument, die Kollektion sei dann noch nicht fertig beziehungsweise der Verkauf beginne erst im September in Italien. Zur Winterausgabe haben wir dieses Problem aber nicht.“

Sie gehen schon traditionell nach Mailand. Wie wichtig ist die Messe für Sie?
„Sehr, in Mailand haben wir die Chance, unsere weltweiten Exportkunden zu treffen. Gerade Italien und Spanien sind für uns gute Wachstumsmärkte. Dort haben wir auch einen eigenen Außendienst. Es kommen aber auch deutsche Händler. Wir stellen auch auf der Expo Riva del Garda aus. Der große Vorteil ist der frühe Termin. Die Händler sind mit ihren Orders dann noch nicht durch und sichten die Kollektionen. Dazu haben wir dann noch Zeit, in den Kollektionen kleinere Anpassungen und Ergänzungen vorzunehmen.“

Wie sieht es in Deutschland aus, haben wir diesbezüglich noch gute Alternativen?
„Leider haben wir in Deutschland keine Ordermesse wie in früheren Zeiten mehr. Düsseldorf ist für uns uninteressant, weil der Termin nicht passt und mich das Konzept mit den zwei Veranstaltungen nicht überzeugt. Aber wir kommen zurecht. In Deutschland nehmen wir an den Messen der Verbundgruppen ANWR in Mannheim und SALAMANDER in Heilbronn teil. Außerdem unterhalten wir für Dockers by Gerli und camel active jeweils sechs Showrooms in Hamburg, Leipzig, Ratingen, München, Mainhausen und Sindelfingen.“

Gerli produziert seit September 2022 auch Schuhe der Marke camel active in Lizenz.

Wie läuft es aktuell?
„Wir sind zufrieden. Mit Dockers by Gerli werden wir, so wie es aussieht, das Volumen halten, und bei camel active verzeichnen wir ein Plus von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Natürlich ist das Umsatzniveau angesichts der kurzen Zeit, in der wir die Marke verkaufen, noch ausbaufähig, aber wenn ich auf die schwierige Marktsituation schaue, die wir alle gerade erleben, ist das schon beachtlich. Laut ANWR-Studie machen nur 28 Prozent des Gesamtmarktes Schuhe aus, die teurer sind als 100 Euro. Wir kommen im Sommer im Schwerpunkt – anders als Mitbewerber in unserem Umfeld – auf Eckpreise von 79 bis 99 Euro bei camel active und von 59 bis 79 Euro bei Dockers by Gerli und liegen damit voll im Trend. Wir müssen schon auch darauf achten, was die Konsumenten und Konsumentinnen wollen und bezahlen können.“

Dockers by Gerli ist die Kernmarke, die Boots dürften jetzt wieder in die Läden kommen. Ist Ihnen die Wintersaison lieber?
„Absolut. Die Durchschnittspreise bei Winterschuhen sind höher und der Oktober ist unser verkaufsstärkster Monat im Handel. Unsere Boots sind natürlich ein wichtiger Umsatzgarant, wenngleich wir uns modisch längst breiter aufgestellt haben. Wir haben übrigens vor drei Jahren Barfußschuhe aufgenommen. Inzwischen machen wir 10 Prozent vom Umsatz damit im Herren- und im Damensegment. Tendenz weiter stark wachsend. Ich bin jetzt seit 38 Jahren in der Schuhindustrie tätig und muss gestehen, dass ich das Marktsegment komplett unterschätzt hatte.“

Wie steht es generell um die Marke?
„Unser Unternehmen wurde 1973 gegründet. Die Marke Dockers by Gerli haben wir 1986 eingeführt. Inzwischen machen Männer- und Damenschuhe jeweils 40 Prozent des Umsatzes und Kinderschuhe 20 Prozent aus. Wir verkaufen rund 3 Millionen Paar Schuhe im Jahr. Laut ANWR ist Dockers by Gerli die Marke mit den höchsten Roherträgen und den niedrigsten Abschriften in ihrem Segment und wir bieten einen Netto-Aufschlag von 2,6. Damit sind wir absolut wettbewerbsfähig und der Handel sieht das genauso.“

Auf Mallorca gab es einen Dockers-Store. Was hatte es damit auf sich?
„Wir dachten, auf Mallorca könnte der Store funktionieren, nicht zuletzt, weil viele Deutsche dort Urlaub machen. Wir haben den Store ausgerechnet zu Corona-Zeiten gestartet und es hatte sich schnell gezeigt, dass wir uns geirrt hatten. Nach einem Jahr haben wir den Store wieder geschlossen. Es war ein Experiment.“

Könnte der Store trotzdem als Blaupause für weitere Aktivitäten dienen?
„Nein, sicher nicht. Wir planen keine eigenen Retailaktivitäten, sondern stützen uns voll auf den Wholesale. Wir betreiben noch nicht einmal einen eigenen Online-Store. Wir überarbeiten aber unseren Online-Auftritt zeitnah gerade.“

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Wie gehen Sie mit den aktuellen Trends um?
„Auch wir kommen an dem Bequemlichkeitstrend nicht vorbei. Die Schuhe müssen leicht sein, angenehm zu tragen. Schwere Braunschuhe haben es aktuell etwas schwer. Bootsschuhe sind im Trend und, wie gesagt, Barfußschuhe. Wir arbeiten mit leichten Sohlen und Oberteilen wie Strick und zeichnen so den durch die Sneaker losgetretenen Trend bei Dockers by Gerli und bei camel active nach.“

Markenträger … Dockers-by-Gerli-Boots

Sie haben seit September 2022 mit camel active eine neue Lizenz. In Mailand sagten Sie, Sie liegen im Zielkorridor beziehungsweise im Plan. Wie fällt Ihre Bilanz bislang aus?
„Sehr positiv. Wir hatten die Lizenz von der insolventen Hamm Market Solutions GmbH und Co. KG übernommen. Damals lief der Lizenzvertrag bereits drei Jahre. Jetzt haben wir noch fünf Jahre vor uns und verzeichnen aktuell ein gutes Umsatzwachstum. Heute steuert die Marke 20 Prozent des Geschäftes bei. Das wollen und werden wir weiter ausbauen. Wir haben in die Marke investiert mit eigener Entwicklung, eigenem Vertrieb, sechs Showrooms und zwei eigenen Messeständen. Wir planen langfristig und ich werde mich schon sehr bald um eine Verlängerung der Lizenz um weitere zehn Jahre bemühen. Mein Sohn Marc ist bereits im Unternehmen, nachdem er bei NEWYORKER ein duales Studium absolviert und dort zwei Jahre als Junior-Einkäufer gearbeitet hat. Mein zweiter Sohn Nick kommt im Januar 2026 ins Unternehmen. Er hat in Barcelona gerade sein Studium abgeschlossen. Natürlich dauert es noch, bis die zwei die volle Verantwortung übernehmen können, aber man kann nicht früh genug anfangen, eine Unternehmensübergabe vorzubereiten und zu begleiten.“

Der Schuhhandel ist schwer gebeutelt in Deutschland, wie groß ist der Umsatzanteil des Heimatmarktes?
„Wir machen immer noch 65 Prozent des Umsatzes auf dem Heimatmarkt. Tatsächlich befindet sich der Schuhhandel in schwierigem Fahrwasser und hat es nicht einfach. Neben vielen kleinen Geschäften hat es bekanntlich auch große Händler erwischt.“

Sind Modehändler die Lösung oder nur zusätzliche Konkurrenz?
„Ich begrüße es natürlich, dass wir mit camel active auch einen Fuß in der Tür zum Textilhandel haben. Mein Ziel ist ganz klar, über Online-, Schuh- und Modehandel zu wachsen.“

Läuft das Exportgeschäft besser?
„Unsere stärksten Märkte sind Frankreich, Benelux und Skandinavien. Italien und Spanien entwickeln sich aktuell dank des eigenen Vertriebs sehr stark. In Spanien haben wir die Order gegenüber Frühjahr/Sommer 2024 sogar verdoppelt. In UK sind wir noch nicht vertreten und auch Osteuropa ist sicher noch ausbaufähig.“

Sie gehen auf längere Asienreise, haben ein eigenes Office in China. Bereiten Ihnen die aktuell international angespannten Handelsbeziehungen Sorge?
„Natürlich sehe ich das mit Sorge, wie sich die Weltpolitik verändert und die Handelsbeziehungen sich verschlechtern. China ist ein zentraler Beschaffungsmarkt für uns. Wenn Sie hochwertige, komplexere Schuhe sourcen wollen, führt kein Weg an dem Land vorbei, kein anderes Land hat dieses Know-how. Ich hoffe, die EU verrennt sich da nicht. Immerhin eröffnen sich neue Verhandlungsoptionen, weil die US-Amerikaner rausgehen und die Chinesen auf neue Aufträge angewiesen sind. Außerdem ist der US-Dollar gerade schwächer. Das war aber auch schon anders, wenn Sie an die gebrochenen Lieferketten in der Pandemie und die Energiekrise zurückdenken.“

Könnten Sie auf andere Länder wie Portugal, die Türkei oder eben Osteuropa ausweichen?
„Wir sourcen in Indien Lederschuhe und wir testen gerade in Bangladesch und Myanmar Produktionen, allerdings verlängert sich der Vorlauf von drei auf vier Monate, weil komplexere Teile wie Sohlen in China produziert und dann erst nach Bangladesch geliefert werden müssen.“

Bewandert

Ralf Grossmann, Jahrgang 1968, ist seit 1989 für die Gerli GmbH tätig und wurde 2005 gemeinsam mit Sven Andersson zum Geschäftsführer bestellt. Seine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel absolvierte er bei NIKO-Schuhe in Pirmasens (1985 bis 1987), es folgte der Wehrdienst (1988). Bei Gerli verantwortet Grossmann den Vertrieb und die Kollektionsentwicklung und hat den Asienimport maßgeblich aufgebaut. Er ist mit 50 Prozent an der Firmengruppe beteiligt.

Dockers by Gerli ist eine Marke der Gerli GmbH. Das Unternehmen wurde 1973 in Merzalben im Pfälzerwald gegründet. 1986 führte Gerli die Marke Dockers by Gerli ein – zunächst mit Docksidern/Loafern, prägend wurden später die Boots im Bergsteiger-Look. Seit September 2022 hält Gerli eine Lizenz für camel active Schuhe. Die Marke wird eigenständig im Unternehmen geführt. Grossmann will die Lizenz langfristig sichern und die Aktivitäten weiter ausbauen. Der Vertriebsschwerpunkt liegt im Wholesale. Für Dockers by Gerli und die Lizenzmarke camel active betreibt das Unternehmen jeweils sechs Showrooms in Hamburg, Leipzig, Ratingen, München, Mainhausen und Sindelfingen. Im Export (rund 35 Prozent Umsatzanteil) zählen Frankreich, die Benelux-Länder und Skandinavien zu den stärksten Märkten; Italien und Spanien werden über den eigenen Außendienst ausgebaut.