KI im stationären Einzelhandel

Gekommen, um zu bleiben

Künstliche Intelligenz wird auch im stationären Einzelhandel eine große Rolle einnehmen und bestehende Prozesse auf den Prüfstand stellen. Foto © Freepik Pro

Autor: Maximilian Fuchs
Auch wenn wir vieles aktuell noch nicht an der Oberfläche des täglichen Lebens wahrnehmen, in naher Zukunft werden die meisten Bereiche durch künstliche Intelligenz (KI) begleitet sein. Das gilt auch für den Modeeinzelhandel – und dabei wird mitnichten nur das Online-Angebot, sondern auch die stationäre Fläche massiv von den Möglichkeiten profitieren. Von der Lagerverwaltung und permanenter Inventur bis zur Kundenberatung und Security gibt es schon eine Vielzahl von realen Anwendungsfällen. In dem nachfolgenden Artikel stellen wir fünf konkrete Cases vor, in denen KI ein wahrer Gamechanger ist.

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KI im Kundenservice

Hier nehmen die meisten von uns KI wohl aktuell am ehesten wahr: Immer öfter bieten Unternehmen auf ihren Websites und Social Channels virtuelle Assistenten an, die rund um die Uhr Fragen zu Produktverfügbarkeit, Größen, Lieferungen und Retouren beantworten können. Wenn das dahinterstehende System gut und zuverlässig funktioniert, reduzieren sich Wartezeiten deutlich – wodurch das Einkaufserlebnis und die Kundenzufriedenheit im Allgemeinen verbessert werden. In Kombination mit Agenten-Funktionen entwickelt sich gerade noch eine weitere spannende Ausprägung: Intelligente Assistenten via Voice. Das entlastete Personal kann sich so ganz auf andere Aufgaben konzentrieren und nur dann zum Einsatz kommen, wenn die KI mal nicht weiterweiß und die Anfrage an den menschlichen Partner übergibt.

Virtuelle Anprobe/Smart Mirrors

Wie erreicht man neue Kunden im Vorbeigehen? Mit dem System „Virtual Try On“ können Styles schnell und unkompliziert digital anprobiert werden.
Foto © ak agency / Sensape Interactive Infotainment

Die sogenannten Virtual Fitting Rooms oder Smart Mirrors nutzen Augmented Reality (AR) und KI, um Kunden das schnelle virtuelle Anprobieren von Bekleidung zu ermöglichen. Der Hemdenspezialist OLYMP hat jüngst in Kooperation mit breuninger eine eigene Erlebniswelt geschaffen, mit Testimonial und Hollywood-Schauspieler Matthew McConaughey in der Hauptrolle. Alexander Kratz von der Münchner Agentur ak agency ist spezialisiert auf Retail-Inszenierungen und hat mit SENSAPE Interactive Infotainment einen smarten Screen auf die Aktionsfläche gebracht. Er kombiniert Kamera, AR und eine spezielle KI, die Personen in Sekundenschnelle scannt – und den von Matthew McConaughey ausgesuchten OLYMP-Artikel direkt auf das eigene Abbild legt. „Dadurch werden die Looks auf faszinierende Weise erlebbar. Die Technik funktioniert auch zuverlässig mit SlimFit-Schnitten, Schuhen, Socken und Accessoires und nicht mehr nur mit Oberbekleidung,wie es früher einmal war“, so Kratz. Die Produkte können nach der virtuellen Anprobe auch direkt über den 75-Zoll-Touchscreen gekauft werden.

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KI-gestützte Self-Checkout-Kassensysteme

Moderne Self-Checkout-Lösungen mit Computer Vision erkennen Produkte automatisch via Bilderkennung, also ganz ohne Barcode-Scan, in weniger als 0,5 Sekunden. Damit kann der gesamte Bezahlprozess auf nur 7 Sekunden reduziert werden, so das Ergebnis einer Studie des Anbieters visioncheckout. Die KI erkennt mehrere Artikel gleichzeitig mit einer Genauigkeit von 95 Prozent, dazu kommt eine Echtzeit-Lernfunktion. Hersteller wie visioncheckout betonen, dass ihre Systeme im Hinblick auf Datenschutz kompatibel sind: So arbeiten sie ohne biometrische Gesichtserkennung, speichern keine personenbezogenen Bilddaten dauerhaft und nutzen die Kameras ausschließlich zur produktspezifischen Objekterkennung.

Inventur und Bestandsmanagement mit RFID

Das französische Unternehmen DECATHLON nutzt seit über zehn Jahren RFID. Laut Firmenangabe habe die Technologie es ermöglicht, die Produktverfügbarkeit im Laden zu erhöhen, den Kassiervorgang zu beschleunigen und zu vereinfachen sowie die Produktsicherheit zu verbessern.
Foto © DECATHLON

Der Sportartikelanbieter DECATHLON nutzt nun schon seit drei Jahren erfolgreich RFID (Radio Frequency Identification)-Roboter, die nachts autonom durch Filialen fahren und Inventuren durchführen. Die Kombination von RFID und KI ermöglicht zudem intelligente Umkleidekabinen und Self-Checkout-Systeme. Neben der Aktualität ist die Geschwindigkeit beeindruckend: Moderne Systeme sind in der Lage, Tausende Artikel in kürzester Zeit zu erfassen und somit eine Inventur in wenigen Minuten mit einer Bestandsgenauigkeit von 99 Prozent zu ermöglichen. Und klare Zahlen zu haben, wird immer wichtiger, denn gerade in Omnichannel-Zeiten sind kanalübergreifende Verfügbarkeitsanzeigen Gold wert.

Diebstahlprävention

KI-Überwachung ist natürlich ein besonders heißes Eisen, besonders wenn es um Datenschutzaspekte geht. Doch auch hier kann DSGVO-konform gehandelt werden und die Vorteile für Einzelhändler, die aktuell von Ladendiebstahl geplagt sind wie seit Jahren nicht, liegen auf der Hand. Sicherheitsteams können verdächtige Aktivitäten schneller erkennen, denn KI-Systeme können Objekte klassifizieren, Personen zählen und bei Bedarf Verhaltensmuster erkennen sowie eine Alarmmeldung auslösen. Die Systeme arbeiten ohne Gesichtserkennung, trotzdem zeigen Studien, dass die Verluste durch Diebstahl um bis zu 60 Prozent reduziert werden konnten.