Spezialisten sind die Taktgeber

Outdoor-/Activewear

Im Outdoor-Segment dominieren die Spezialisten durch ihre technologische Kompetenz, langlebige Materialien und Innovationskraft. ©thoop auf Pixabay

Autor: Markus Oess
Outdoor- und Activewear haben in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Funktion, Lifestyle und Nachhaltigkeit prägen die Segmente gleichermaßen. FASHION TODAY MEN hat mit Felix Groß-Vallee, Principal bei hachmeister + partner, über aktuelle Entwicklungen, Umsatztrends und die Rolle von Nachhaltigkeit gesprochen.

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„Grundsätzlich liegt der Preis für funktionale Sport- und Outdoor-Bekleidung über dem von klassischer Freizeitmode. Je nach Anwendungsfall ist die Funktionalität entscheidend.“ Felix Groß-Vallee ©hachmeister + partner

Die Grenzen zwischen Sport, Freizeit und Mode verschwimmen zunehmend. Neue Sportarten, hybride Nutzungsformen und das wachsende Bewusstsein für Umwelt- und Ressourcenschutz verändern den Markt. Im Gespräch gibt Felix Groß-Vallee einen Überblick über zentrale Trends, die Herausforderungen für Händler und Marken sowie die Chancen, die aus dieser Entwicklung entstehen. „Grundsätzlich liegt der Preis für funktionale Sport- und Outdoor-Bekleidung über dem von klassischer Freizeitmode. Dennoch ist auch in diesem Segment eine gewisse Preissensibilität vorhanden“, sagt Groß-Vallee. Verbraucher wägen sehr genau ab, ob der Mehrwert der Funktion den Aufpreis rechtfertigt. Für manche ist Funktion ein Muss, für andere ein Nice-to-have.

FASHION TODAY: Herr Groß-Vallee, lässt sich Outdoor-/Activewear eigentlich genauer eingrenzen und wie definieren Sie das Segment?
Felix Groß-Vallee: „Outdoor- und Activewear werden häufig über ihre funktionalen Anforderungen und die typischen Nutzungsszenarien unterschieden. Unter Outdoor verstehen wir funktionale Textilien, die gezielt für sportliche Aktivitäten in der Natur, zum Beispiel Wandern, Trekking oder Klettern, entwickelt wurden. Die Produkte zeichnen sich durch wetterfeste Materialien, hohe Strapazierfähigkeit und praktische Details aus. Activewear hingegen umfasst vor allem fitnessorientierte Bekleidung, die sowohl indoor als auch outdoor getragen werden kann, beispielsweise für Work-outs, Yoga oder Crossfit. Die Differenzierung liegt also weniger in der Sportart selbst, sondern vielmehr im funktionalen Fokus und im jeweiligen Kontext der Nutzung.“

Wo hört Outdoor auf und wo beginnt der Sport? Hintergrund: Sportliche Kleidung wird zum Alltagslook und umgekehrt Fitnesskleidung zur Gewohnheit.
„Die Grenzen zwischen klassischer Sportbekleidung, Outdoorwear und Alltagsmode sind in den letzten Jahren zunehmend fließend geworden. Das zeigt sich deutlich an Trends wie den Bikershorts, die nicht mehr nur auf dem Rad, sondern längst in urbanen Looks angekommen sind. Funktionalität und Komfort stehen heute auch im Alltag hoch im Kurs. Gleichzeitig wird Bewegung vermehrt in den Lebensstil integriert, was dazu führt, dass sich auch die Bekleidung anpassen muss. Die Trennung nach Kategorien und Sortimenten wird somit zunehmend schwieriger.“

Während der Pandemie boomte Outdoorwear. Inzwischen hat sich die Nachfrage normalisiert.“ ©Vera Syhre auf Pixabay

Welchen Einfluss haben Trendsportarten auf das Segment? Haben Sie auch Beispiele?
„Trendsportarten wie Padel-Tennis oder Hyrox ziehen zweifellos Aufmerksamkeit auf sich, haben aber bislang eher begrenzte Auswirkungen auf das Textilsortiment. Es braucht dafür meist keine speziellen Kleidungsstücke, sondern es steht die Ausrüstung wie ein Schläger oder der passende Laufschuh im Fokus. Anders sieht es bei Sportarten wie Golf aus, wo Bekleidung Teil des Erlebnisses und der Etikette ist. Hier können Design und Funktionalität gemeinsam neue Kaufimpulse setzen. Übergeordnet gilt: Je höher die Spezialisierung einer Sportart, desto stärker ist potenziell der Einfluss auf die Nachfrage im Textilbereich.“

Wie sieht es mit dem Umsatz aus, lässt sich dieser grob quantifizieren?
„Unsere aktuellen Auswertungen unseres Datenpanels mit mehr als 7 Milliarden Euro Umsatz im Fashion-, Sport-, Schuh- und Lifestyle-Sektor legen die Umsatzentwicklungen dar. Der Outdoor-Textilbereich zeigt aufgelaufen per Ende August mit minus 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eine rückläufige Umsatzentwicklung auf. Auch das Fitness-Textilsortiment zeigt mit minus 2,8 Prozent eine rückläufige Entwicklung. Im Gesamtbild ergibt sich für den Sport-Textilbereich ein Umsatzrückgang von minus 4,8 Prozent. Eine gegenteilige Tendenz sehen wir hingegen bei ausgewählten Sortimentsbereichen, etwa im Bereich Racketsport-Hartwaren (plus 4,6 Prozent) mit unter anderem Tennis, Padel-Tennis et cetera oder im Running-Schuh-Bereich (plus 4,5 Prozent). Diese Unterschiede verdeutlichen, wie differenziert sich die Marktbewegungen innerhalb des Segments darstellen.“

Wird für Funktion mehr Geld ausgegeben oder herrscht auch hier die „typisch deutsche Preissensibilität“?
„Grundsätzlich liegt der Preis für funktionale Sport- und Outdoor-Bekleidung über dem von klassischer Freizeitmode. Je nach Anwendungsfall ist die Funktionalität entscheidend. Gerade bei Wetterextremen oder längeren Einsätzen kommt es auf Qualität und Technologie an. Dennoch ist auch in diesem Segment eine gewisse Preissensibilität vorhanden. Verbraucher wägen sehr genau ab, ob der Mehrwert der Funktion den Aufpreis rechtfertigt. Für manche ist Funktion ein Muss, für andere ein Nice-to-have.“

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Welche Marken performen derzeit gut und was machen sie dabei richtig?
„In unseren Daten sehen wir keine neuen Aufsteiger-Marken, die aktuell besonders hervorstechen. Vielmehr dominieren etablierte Spezialisten das Bild, je nach Sportart unterschiedliche Marken. Der Erfolg dieser Anbieter basiert oft auf einem klaren Markenprofil, tiefem Zielgruppenverständnis und einer stimmigen Verbindung aus technischer Qualität und emotionalem Markenerlebnis. Wer seine Zielgruppe nicht nur über Funktion, sondern auch über Werte und Lebensgefühl anspricht, positioniert sich deutlich stabiler im Markt.“

Was können Sporthändler oder Outdoor-Spezialisten von Modehändlern lernen und umgekehrt?
„Der Sporthandel punktet mit einer erlebnisorientierten Präsentation: Produkte werden nicht einfach gezeigt, sondern inszeniert. Funktionalität wird greifbar, sei es durch Testflächen, Beratung oder digitale Tools. Der Modehandel kann sich hiervon inspirieren lassen, vor allem, wenn es um Emotionalisierung und Storytelling am PoS geht. Umgekehrt kann der Sporthandel von der modischen Vielfalt und Zielgruppenansprache der Modewelt lernen, besonders in der Verbindung von Funktion und Lifestyle. Dazu ist wichtig zu erwähnen, dass der Sportbereich insgesamt deutlich erklärungs- und beratungsintensiver ist.“

In der Corona-Zeit war Outdoor sicher einer der Gewinner, weil sich die Menschen nicht mehr in geschlossenen Räumen treffen durften und Bewegung in Krisenzeiten einen mentalen Ausgleich schaffen kann. Wie hat sich das Segment seither entwickelt? Schlägt das Pendel ähnlich wie in der Formal Wear zurück?
„Während der Pandemie boomte Outdoorwear. Bewegung im Freien war für viele Menschen ein wichtiger Ausgleich. Inzwischen hat sich die Nachfrage jedoch normalisiert und die Entwicklungen im Outdoor-Bereich sind eher moderat rückläufig. Dennoch bleibt das Segment relevant, vor allem für Marken, die Funktion mit Alltagstauglichkeit kombinieren.“

„Sport- und Outdoor-Brands haben per se eine stärkere Nähe zur Natur und ihre Produkte werden in direkter Auseinandersetzung mit den Elementen genutzt, was das Bewusstsein für Umwelt- und Ressourcenschutz deutlich schärft.“ ©Philipp Vollenweider auf Pixabay

Wer ist Taktgeber in dem Segment, sind es die Spezialisten, die auch in Funktionalität und Qualität punkten, oder stechen auch Modemarken, die vielleicht designmäßig die Nase vorn haben?
„Im Outdoor-Segment dominieren ganz klar die Spezialisten durch ihre technologische Kompetenz, langlebige Materialien und Innovationskraft. Doch es gibt auch Marken, denen der Sprung in den Alltag gelungen ist. Ein prominentes Beispiel ist die kanadische Yoga-Brand lululemon: Die Marke hat es geschafft, Funktion mit urbanem Design so zu verbinden, dass ihre Produkte sowohl im Training als auch im Alltag selbstverständlich getragen werden. Genau dieses Zusammenspiel aus Performance und Lifestyle spricht eine breitere Zielgruppe an. Diese Hybridisierung eröffnet neue Marktpotenziale, besonders im Schnittfeld von Sport, Mode und urbanem Lifestyle.“

Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit, Reparaturservice und Langlebigkeit der Produkte? Zumindest im höherwertigen Segment gibt es ja inzwischen entsprechende Angebote. VAUDE zum Beispiel setzt stark auf das Thema …
„In puncto Nachhaltigkeit sind viele Marken im Sport- und Outdoor-Bereich bereits einen Schritt weiter als die klassischen Modemarken, nicht zuletzt aufgrund des höheren Preisniveaus und der technikintensiven Produkte. Reparaturservices, langlebige Materialien und transparente Lieferketten sind hier keine Exoten mehr, sondern immer häufiger Standard. Durch die höheren Preise ist eine Reparatur für den Endverbraucher oft lohnenswerter als die Neuanschaffung.

Hinzu kommt: Sport- und Outdoor-Brands haben per se eine stärkere Nähe zur Natur und ihre Produkte werden in direkter Auseinandersetzung mit den Elementen genutzt, was das Bewusstsein für Umwelt- und Ressourcenschutz deutlich schärft. Marken wie VAUDE, patagonia oder SALEWA machen vor, wie Nachhaltigkeit, Second Life und Reparaturservices nicht nur ökologisch sinnvoll sind, sondern auch ökonomisch und emotional wirken: Sie verlängern die Lebensdauer der Produkte und stärken gleichzeitig die Markenbindung.“

Der Gesprächspartner

Felix Groß-Vallee ist seit März 2024 Principal bei hachmeister + partner in Düsseldorf. Zuvor war er fast fünf Jahre bei HALLHUBER, zuletzt als Director Business Development & Strategy. Weitere Stationen waren leitende Funktionen im Projektmanagement und Corporate Sourcing. Von 2016 bis 2019 arbeitete er bereits als Consultant bei hachmeister + partner. Groß-Vallee ist überdies Mitgründer der StorkFox GmbH.