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Selvedge Run

Messe-Chef Shane Brandenburg sucht die Kooperation mit der PANAORAMA Berlin, will aber die Selvegde Run eigenständig weitereintwickeln (Bild: Selvedge Run).

Autor: Markus Oess

Die Selvedge Run zieht ins Marshall-Haus auf dem Messegelände Berlin. In enger Kooperation mit der PANORAMA BERLIN präsentiert sich die „Tradeshow for quality garments and crafted goods“ unter dem Motto CORE CONCRETE CRAFT. Der Umzug bedeutet für die Macher der Selvedge nicht nur räumliches Wachstum, er ist auch ein deutliches Statement hinsichtlich der Marktrelevanz sowie der Sichtbarkeit in der Branche.

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Bild: Messe Berlin

Das saisonale Motto CORE CONCRETE CRAFT greift auf die starken Wurzeln der Selvedge Run zurück. Im Fokus der Veranstaltung blieben Marken mit Rückgrat und Identität, die Werte wie Authentizität, Verbindlichkeit und Community durch ihre Produkte in die Welt trügen, heißt es dazu aus Berlin. Traditionelle und zukunftsrelevante Ansätze in Kombination mit höchster Handwerkskunst und Nachhaltigkeit setzten Kontrapunkte zur Wegwerfmentalität der modernen Konsumkultur.

Die Partnerschaft von Selvedge Run und PANORAMA soll Berlin wieder stärker in den Fokus internationaler Einkäufer und Medienvertreter rücken. Der Besuch der Mode-Hauptstadt soll dabei so effizient und angenehm wie möglich gestaltet werden. Selvedge-Run-Besucher profitieren von stadtweit operierenden Shuttles, Luggage-Services und gastronomischer Angebotsvielfalt der PANORAMA BERLIN. Eine separate Akkreditierung ist allerdings weiterhin nötig. Wieder ausstellen werden Unterstützer der ersten Stunde wie RED WING HERITAGE, STETSON, INDIGOFERA, Simmons Bilt und 3sixteen, neu dabei sind unter anderen: OAK STREET BOOTMAKERS, TSPTR und ADDICT CLOTHES JAPAN. Selvedge Run betont, auch in der Wintersaison die größte Dichte japanischer Brands in Europa zu präsentieren. Marken wie STEVENSON OVERALL CO., pure blue japan, MOMOTARO und Orgueil sind erneut in Berlin dabei. Auch neue Brands sind dazugekommen, vor allem aus Japan und Amerika, wie zum Beispiel BIG JOHN Jeans, RINOUMA und andere. Die Messe bleibe bei ihren Wurzeln, erläutert Shane Brandenburg, Sales Manager und Partner bei Selvedge Run. „Der Schwerpunkt unserer Messe liegt vor allem beim verbesserten Service und bei der besonderen Arbeitsatmosphäre.“  Dabei folge die Messe keinen Trends, denn die Marken seien eher Vorreiter und Individualisten. „Man kann aber deutlich sehen, dass es etwas angezogener und ,älter‘ wird. Durch die entstehenden Synergien und gegenseitige Achtung vor den jeweiligen Stärken des Gegenübers kann etwas entstehen, das größer ist als die Summe der einzelnen Teile“, sagt Brandenburg.

FT: Herr Brandenburg, die Selvedge läuft diesmal in der Messe Berlin und Sie kooperieren mit der PANORAMA. Wie fällt Ihr persönliches Fazit der Selvedge aus?
Shane Brandenburg: „Die letzten vier Shows im Herzen von Berlin-Prenzlauer Berg waren toll und sehr erfolgreich. Klar, teilweise hätten wir uns etwas mehr Besucher gewünscht, aber das wird sich nun durch den Umzug ändern. Die Brands und Besucher haben vor allem die Nähe zur pulsierenden Stadt geliebt. Die Kulturbrauerei war eine sehr gute, aber auch etwas schwierige Location für uns, da wir es mit vielen unterschiedlichen Hallen und Ebenen zu tun hatten. Der Aufwand war schon sehr hoch. Das wird nun anders und leichter, da unsere neue Location ein Gebäude und der Stil des Gebäudes und der Räume einheitlich ist. Das Marshall-Haus ist ein architektonisches Kleinod aus den 1950er-Jahren, sehr hell und clean im Gegensatz zur Kulturbrauerei. Das finden wir gut.“

Viele Einkäufer beklagen die weiten Strecken in Berlin, Sie haben reagiert und ziehen mit der Messe in Fußnähe der PANORAMA. Was hat Sie darüber hinaus zur Kooperation mit der PANORAMA bewogen?
„Mit der PANORAMA BERLIN haben wir eine große und professionelle Messe als Nachbarn. Unsere Besucher werden von einigen PANORAMA Services partizipieren, wie zum Beispiel dem Shuttle Service von und zum Flughafen und Bahnhof und anderen Orten in der City. Es wird in Zukunft bestimmt noch weitere Ideen geben, wie wir die Zusammenarbeit ausweiten können. Zudem gibt es am Standort Messe Berlin bessere Möglichkeiten für uns zu wachsen.“

Sind noch weiter gehende Absprachen denkbar?
„Denkbar ist viel, jetzt müssen wir erst mal sehen, wie die Januar-Show läuft und wie die neue Location funktioniert, Step by Step.“

Aber Selvedge bleibt unabhängig und eigenständig?
„Ja, wir sind und bleiben hundertprozentig unabhängig.“

Die Selvedge und die PANORAMA BERLIN eint, dass beide Berlin stärken und kürzere Wege für die Einkäufer ermöglichen wollen. Es gebe auch einen Austausch mit der PREMIUM, sagt der Messe-Chef, aber keine Gespräche hinsichtlich einer Zusammenarbeit. Auch im internationalen Vergleich müsse sich die Bundeshauptstadt keineswegs verstecken, sagt Brandenburg, nicht allein der besondere Charme der Stadt sei ein Argument, sondern auch die Tatsache, dass ein Besuch der Stadt mit einem kleinen Etat möglich ist. „Berlin hat ein besonderes Flair des Unfertigen und Schroffen, was ich sehr mag und schätze, und es gibt extrem viel zu entdecken. Ich bin der festen Überzeugung, dass Berlin stärker wird und wieder an Internationalität gewinnt.“  Die Selvedge sei dabei auch für Einkäufer im Mainstream durchaus einen Abstecher wert, betont Brandenburg.

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Sie sprechen mit der Messe Händler an, die sehr viel Wert auf Handwerkskunst und Qualität legen. Das hat seinen Preis – warum sollten auch Händler, die sich im Mainstream bewegen, auf die Selvedge gehen?
„Gerade um nicht stehen zu bleiben. Selvedge Run ist eine Messe, die auch sehr inspirieren kann, egal ob Mainstream Brands oder Einkäufer. Ein Messebesuch ist ja neben dem Orderschreiben vor allem auch Inspiration, Weiterentwicklung und Leutetreffen. Man kann nichts Neues entdecken, wenn man sich nicht bewegt und immer nur dasselbe macht und anschaut, richtig?“

Die Bread & Butter wird vermisst. Aber das Thema ist durch. Was können wir von Karl-Heinz Müller lernen?
„Ich weiß nicht, was ich alles von Müller lernen kann oder auch nicht. Diese Frage stellt sich für mich nicht. Klar ist, dass die Bread & Butter eine großartige und internationale Show war und Müller sehr viel für Berlin und die Branche getan hat. Seinen Mut und die große Verantwortung, die er dabei getragen hat, bewundere ich dabei sehr.“

Ist es auch Mahnung, proaktiv an die Sache heranzugehen, statt Berlin grundsätzlich infrage zu stellen?
„Ich stelle Berlin nicht infrage. Wer tut das denn außer teilweise die Presse? Berlin ist großartig und die perfekte europäische Stadt als Standort für große Fashion Shows.“ 

Was halten Sie Kritikern entgegen, Berlin fehle die Internationalität, eine Fehleinschätzung?
„Berlin hat, nachdem die Bread & Butter unterging, einige internationale Einkäufer an Florenz, Paris und New York verloren, jetzt heißt es, gemeinsam diese wieder nach Berlin zu holen. Uns gelingt das in unserem Segment schon ganz gut.“

Wo sehen Sie weitere Wachstums-Chancen für den Handel?
„Die Marken, vor allem die größeren, sollten die kleinen und eigenständigen Shops mehr und besser unterstützen, denn diese sind extrem wichtig für die Branche. Der Kuchen wird gerade durch den Online-Handel immer kleiner, die kleinen unabhängigen Shops machen extrem viel für jede einzelne Marke, das sollte man sehen und unterstützen. Generell vermisse ich oft mehr Mut und Eigenständigkeit beim Handel. Mehr Mut und Ideen im individuellen Ladenbau, bei der Brandauswahl und im Kundenservice.“ 

Und die Selvedge wird diesen Weg gehen?
„Wir gehen diesen Weg eindeutig. Wir haben den Mut, etwas Neues auf die Beine zu stellen, und arbeiten sehr hart dafür. Unser Ziel ist es, eine der wichtigsten und stärksten Messen für Qualitätsbekleidung in Europa zu werden.“