The French Touch

Modetrends

In Frankreich entwickelt sich eine neue Modeszene. (Bild: Balibaris)

Autor: Winfried Rollmann

Zeit für Veränderungen. In den zurückliegenden Saisons hat sich in Frankreich eine junge Menswearszene etabliert, die mit einem sehr selbstverständlich modernen Auftritt ein Contemporary Dressing entwickelt. Sie hat das Zeug, die Ära der skandinavischen Moderne abzulösen. Ein Besuch bei den neuen Stars der Szene unseres westlichen Nachbarn.

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Die traditionelle Menswear tut sich noch immer schwer, sich von eingefahrenen Dresscodes zur Contemporary Menswear zu entwickeln. Sortimente bleiben entweder zu konfektionslastig oder man sieht ihnen den bemüht modischen Auftritt an. Eine Zeit lang haben skandinavische Brands wie ACNE, COS oder TIGER OF SWEDEN Moderne in die Sortimente gebracht. Der abgeräumte Stil und die Klarheit skandinavischen Designs haben viele Anhänger und Nachahmer gefunden. Der sehr minimalistische, oft karge Stil zeigt jedoch Grenzen auf in Sachen Vermarktung und sichtbarer Newness. Aber selbst Menswear braucht immer wieder visuell Überraschendes, das Begehrlichkeit weckt.

Lebensgefühl junger Männer

Seit einigen Saisons entwickelt sich in Frankreich eine junge Menswearszene, die mit einem sehr selbstverständlich modernen Auftritt ein Contemporary Dressing entwickelt. Es ist dem Lebensgefühl junger Männer näher als die gestanzten Schablonen vieler internationaler Anbieter. Wie das aussieht, lässt sich in der neu gestalteten Contemporary-Fläche des Menswear-Hauses „Le Printemps“ in Paris besichtigen. Neben den alten Bekannten, wie ZADIG & VOLTAIRE, etablieren sich Brands wie Balibaris, KITSUNÉ, COMMUNE DE PARIS oder LE SLIP FRANÇAIS. Ihr gemeinsames Kennzeichen ist: Sie sind fast alle von Newcomern und Quereinsteigern statt von in der Wolle gefärbten Modeprofis entwickelt. Sie gehen eher von der Sicht eines Konsumenten aus, dem ein ihm adäquater Bekleidungsstil fehlt.

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So sagt Paul Szczerba, der Gründer von Balibaris: „Als ich meine professionelle Karriere begann, musste ich feststellen, dass es den Kleidungsstil, den ich mir vorstellte, nicht gab. Er sollte mich im Office genauso wie am Wochenende begleiten und dem Zeitgeist entsprechen.“ Das Credo des HEC-Absolventen (eine der führenden Wirtschafts-Elite-Unis in Paris) sind intelligente Basics, deren Zeitlosigkeit, Qualität, Präzision und Originalität überzeugen. Ziel ist eine entspannte Allüre, ein bezahlbarer Chic in einem „idealen Kleiderschrank“, der das Leben von Männern einfacher macht.

Männliche Leichtigkeit

Der Erfolg scheint ihm recht zu geben. 2011 die erste Kollektion, heute 13 eigene Boutiquen und 18 Corner in Department Stores. KITSUNÉ und COMMUNE DE PARIS gehen einen anderen Weg. Mit Humor und Originalität bringen sie eine erfrischende Leichtigkeit in die Menswear. Ihrer Contemporary Streetwear gelingt es, Easyness mit optimistischer Fantasie in Prints und Detailing zu tunen. Sie beherrschen die Codes der vernetzten Millennials. Das kommt nicht von ungefähr. KITSUNÉ ist zum Beispiel von Gildas Loaëc, vormals Musiker bei Daft Punk, und der japanischen Architektin Masaya Kuroki 2002 entwickelt worden. Die Motive und Prints ihrer Sweats und T’s haben eine Unbekümmertheit und Frische, nach der sich das junge Publikum sehnt.
COMMUNE DE PARIS hat diesen Sommer selbst den Smiley als Motiv neu erfunden. Außerdem hat ihr Kreativteam das traditionelle französische Schlupfhemd „La Vareuse“ entstaubt und für den Sommer 2017 redesignt. LE SLIP FRANÇAIS basiert auf einer Unmöglichkeit, Männerwäsche wieder in Frankreich zu produzieren. Guillaume Gibault lancierte 2011 seine erste Kollektion komplett (vom Garn bis zum Packaging) in Frankreich gefertigter Slips. Mit Sprüchen wie: „Sie wollen die Welt verändern, Dinge verändern, fangen Sie doch beim Slip an!“ begeisterte er ein junges netaffines Publikum.
Seine unglaubliche Medienpräsenz, die Originalität und sein mittlerweile auch internationaler Erfolg machen Gibault zum Aushängeschild einer neuen Art Entrepreneure, denen es wichtig ist, lokal zu produzieren und stolz zu sein auf ihre Kultur. Sie hecheln nicht nach dem kurzfristigen Erfolg mit Produktionsmethoden der verbrannten Erde, sondern wollen nachhaltig und guten Gewissens wachsen. Dies sind Ansätze eines neuen Wirtschaftens. Im Vordergrund steht nicht mehr, möglichst schnell Kasse zu machen, sondern erst mal authentisch Sinn zu stiften. Vielleicht ist das ein Ansatz, wie sich die Stärke Europas in Zukunft profilieren kann – „En marche!“

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