Offline muss von Online lernen

Studie

Die Verbraucher wollen das Beste aus zwei Welten. (Bild: pixabay)

Autor: Markus Oess

Wächst da zusammen, was zusammengehört? Zwar bleibt der stationäre Laden trotz steigender Online-Verkäufe der Anlaufpunkt schlechthin für die Verbraucher. Aber die Studie „
Redesigning Retail: Wie sieht die Zukunft des Ladengeschäfts aus?“ zeigt nach Meinung der Autoren von ShopperTrak, einem globalen Anbieter von standortspezifischen Analysen zum Verbraucherverhalten im Einzelhandel, dass die Menschen zunehmend zwischen Online- und Offline-Kanälen pendeln. Immerhin kaufen laut Studie mehr als die Hälfte der deutschen Verbraucher (52 Prozent) genauso oft in stationären Läden ein, wie sie es vor einem Jahr taten. Für die Studie wurden 5.000 europäische Verbraucher aus Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien befragt. Durchgeführt wurde die Studie von Morar im Auftrag von ShopperTrak.

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Offenbar fühlen sich die Menschen gut informiert, denn fast zwei Drittel (63 Prozent) der Verbraucher meinen, genau zu wissen, was sie kaufen möchten, wenn sie einen Laden betreten. Nur 2 Prozent gehen in einen Laden, um sich ohne spezifischen Einkaufswunsch umzuschauen. Und diese Informationen holen sich die Verbraucher aus dem Internet. Das wiederum, schlussfolgern die Marktforscher der ShopperTrak-Studie, verändere die Ansprüche an die Verkäufer.

Genau diese ausgeprägten Produktkenntnisse beeinflussten die Kundenerwartungen an das Ladengeschäft, insbesondere an das Verkaufspersonal, ganz erheblich. Immerhin noch ein Viertel der Deutschen (23 Prozent) findet, dass gutes Verkaufspersonal das Einkaufserlebnis im Laden verbessere. Und ebenso viele wünschen sich, dass das Verkaufspersonal im Store mit Tablet-Geräten ausgestattet ist, „um digitale Funktionen und E-Commerce-Dienste wie Online-Bewertungen und Echtzeit-Bestandsabfragen bereitzustellen.“

Preisfrage

Wenn die Verbraucher unverrichteter Dinge den Laden wieder verlassen, liegt das meistens am Preis (57 Prozent) und immer noch ein Fünftel der Kunden (18 Prozent) sieht vom Kauf eines Artikels ab, „wenn sie zu lange auf die Hilfe des Verkaufspersonals warten müssen.“  Für 16 Prozent ist inkompetentes Verkaufspersonal der Grund für einen Abbruch. Diese Zahl zeige die deutlich gestiegenen Erwartungen von Multi-Channel-Einkäufern an das Verkaufspersonal: Kunden wünschten sich ergänzend zu den selbst recherchierten Informationen zusätzlichen Mehrwert oder konkrete Empfehlungen.

Deutsche Multi-Channel-Einkäufer erwarten vom Verkaufspersonal im stationären Einzelhandel zunehmend den gleichen Grad an Personalisierung, wie sie ihn von stark individualisierten E-Commerce-Kanälen gewohnt sind. Ein Fünftel (19 Prozent) der Verbraucher meint, mehr Verkaufspersonal für die individuelle persönliche Beratung würde die Einkaufserfahrung im Ladengeschäft verbessern. „Damit wird klar, dass Einzelhändler zum einen individuell zugeschnittene Beratungsgespräche anbieten müssen. Zum anderen müssen sie auch die Schwankungen bei der Kundenfrequenz genau erfassen, um das Verhältnis zwischen Verbraucher und Verkaufspersonal deutlich zu verbessern“, heißt es in der Studie.

Thomas Hillebrand, Regional Director CEE bei ShopperTrak, sagt: „Einzelhandelsorganisationen können aufgrund des großen Anteils an geplanten Einkäufen ihre betrieblichen Ressourcen mit einem bestimmten Grad an Gewissheit planen. Die neue Herausforderung besteht nun darin, die Bedürfnisse des Einkäufers nach seiner Ankunft im Laden zu erfüllen. Dabei ist der Einsatz von modernen Technologien für tief greifende, datenbasierte Informationen im eigentlichen Laden notwendig. Wichtig ist auch eine Kombination aus statistischem Wissen und menschlicher Wärme, damit Einkaufsläden tatsächlich zu erfüllenden Kontaktpunkten zwischen Verbraucher und Einzelhändler werden.“

 

Die fünf Learnings der Studie 

MEHR KOMFORT

Bild: pixabay

Nahezu die Hälfte (44 Prozent) der befragten Verbraucher will kürzere Warteschlangen im Geschäft. 31 Prozent brechen ihren Einkauf ab, wenn ihnen die Warteschlange zu lang ist. Auch beim Bezahlen wünschen sich viele Kunden eine schnellere Abwicklung, denn knapp ein Drittel (31 Prozent) will schnellere Zahlungsoptionen, wie zum Beispiel kontaktfreie Kartenzahlungsgeräte und die Zahlung per Mobilgerät.

 

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MEHR TRANSPARENZ

Eine der Herausforderungen für Einzelhändler im digitalen Zeitalter liegt darin sicherzustellen, dass ihr Offline- und Online-Angebot deckungsgleich sind. 36 Prozent der Befragten wünschen sich klarere Informationen zu Preisen und Sonderaktionen. Die Kunden wollen dieselben klar strukturierten Auslagen und endlos verfügbaren Warensortimente, die sie vom Internet
gewohnt sind: 40 Prozent sind frustriert, wenn das Warensortiment unzureichend ist. Ein Viertel (26 Prozent) hätte gerne klarer präsentierte Auslagen.

BESSERE KUNDENBETREUUNG

Ein Viertel (25 Prozent) der europäischen Verbraucher wünscht sich besser ausgebildetes Personal, das E-Commerce-ähnliche Dienstleistungen anbieten kann. Dazu gehören detaillierte Produktinformationen, Zugang zu Online-Bewertungen und die Möglichkeit, die Lagerbestände in Echtzeit zu überprüfen, falls ein Produkt im Regal nicht verfügbar ist. Gut ein Viertel der Verbraucher verlässt aber das Geschäft wieder, wenn das Verkaufspersonal zu aufdringlich ist.

RECHERCHE VOR DEM GESCHÄFTSABSCHLUSS

Ein Drittel (32 Prozent) der Kunden besucht den Laden, um sich die Produkte anzusehen und die Marke besser kennenzulernen. Einer von fünf Kunden nutzt stationäre Geschäfte, um vor dem Kauf mehr über ein Produkt herauszufinden.

INDIVIDUELLER WERT

Kunden hinterlassen einen „digitalen Fußabdruck“, wenn sie im Internet einkaufen, während es wesentlich schwieriger ist, das Kundenverhalten im stationären Handel zu verfolgen und darauf zu reagieren. Dennoch ist einer von fünf Kunden (17 Prozent) an Werbeangeboten und Service im Laden interessiert, der persönlich auf seine Bedürfnisse und vorherigen Käufe zugeschnitten ist. 43 Prozent der Besucher wünschen sich Preisnachlässe oder Anreize für ihre Kundentreue. Bei beiden Punkten fallen allerdings die Werte für die deutschen Verbraucher niedriger aus.