„Fashion Meets Function“

C. Brühl

„Fashion Meets Function. Wir haben diesen Markenkern und das wollen wir weiter ausbauen.“ Maro Nachtrab (alle Bilder ©C.Brühl)

Staubfreier Bügelsex? Warum nicht? Als Maro Nachtrab im Jahr 2015 bei C. Brühl, Rotenburg an der Fulda, seinen Job als Geschäftsführer antrat, fragte ihn ein Freund, ob er sich den angestaubten Hosenproduzenten wirklich antun wolle. Hat er und heute ist Nachtrab am Unternehmen beteiligt und arbeitet kontinuierlich an dessen Modernisierung. Wo C. Brühl künftig wachsen soll und welches Grundprinzip die drei Geschäftsfelder der Firma vereint.

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FT: Herr Nachtrab, bekommen die Leute hier anständige bayerische Küche hin?
Maro Nachtrab:Bayerische Küche nein, aber in Hessen kann man gut essen gehen, auch deftig, hier in Rotenburg kann ich Ihnen eine Metzgerei empfehlen, die machen einen richtig leckeren Leberkäse. Was mir etwas fehlt, ist die typisch bayerische Wirtshausmentalität.“

Woran können Sie sich gar nicht oder sagen wir nur so langsam gewöhnen, dass es noch heute schwerfällt, damit zurechtzukommen?
„Ich pendle schon immer zwischen Arbeit und Privatleben, auch schon vor BRÜHL. Aber ich kann mich nach wie vor nicht ganz an die Reisetasche gewöhnen. Ich bin oft sehr lange im Büro, wenn ich einmal hier in Rotenburg bin, um die Zeit so gut es geht zu nutzen. Um den Kopf freizubekommen, gehe ich viel spazieren. Besonders im Sommer vermisse ich die Biergärten in meiner alten Heimat am Schliersee.“

Das Unternehmen:
C. Brühl wurde 1923 gegründet. 1945 folgte die erste Weberei in Rotenburg an der Fulda. 1999 verlagerte das Management die Produktion ins Ausland. Im Jahr 2013 launchten die Hessen ihre Zweitmarke BRÜHL Bros., die 2017 in B.Bros umbenannt wurde. Das Geschäft teilt sich in die Bereiche Fashion, also Marke (45 Prozent vom Umsatz), Corporate Fashion (25 Prozent) und Private Label (20 Prozent). Mehr als die Hälfte des Umsatzes erzielen die Hessen im Ausland. Die wichtigsten Märkte sind Italien, England/Irland und China.

Sie sind als Gesellschafter ins Unternehmen eingestiegen. Bestand diese Option von Anfang an
„Über die Option wurde perspektivisch gesprochen. Aber beiden Seiten war klar, dass diese Frage noch Zeit hat und erst im zweiten Step geklärt werden muss. Zunächst ging es darum zu sehen, ob Inhaber und Management harmonieren. Fachlich muss es passen, menschlich aber eben auch. Ende 2017, gute drei Jahre später also, kam das Signal der Inhaberfamilie, dass man mich gern langfristig an das Unternehmen binden wolle und ob ich dazu bereit sei.“

Welche Vorstellungen vom Unternehmen hatten Sie, als Sie angefangen haben?
„Ich habe mich vor meinem Antritt intensiv mit unserer Firma auseinandergesetzt und wusste, wie gut wir wieder aufgestellt waren. Prozessseitig, aber auch die Mannschaft selbst. Aber BRÜHL hatte immer noch ein etwas angestaubtes Image. Ich hatte damals mit einem guten Freund telefoniert und er fragte mich, ob ich mir das wirklich antun wolle. BRÜHL produziere alte Hosen, das wisse man doch. Stimmte zwar nicht, lag nur am Image. Ich habe bewusst ein halbes Jahr auf Akquise-Aktivitäten verzichtet und mich intensiv mit dem Unternehmen befasst, um ein Gefühl für die Situation zu bekommen. Seit wir auf der PANORAMA in der Halle 2 unseren Stand haben, werden wir deutlich bewusster wahrgenommen. Viele waren verwundert, wie zeitgerecht wir inzwischen arbeiten.“

Und wie viel davon mussten Sie korrigieren?
„Ich musste mein Urteil über die interne Organisation revidieren. Vom Design über den Vertrieb bis hin zur Aushilfskraft gehen alle sehr professionell an die Arbeit. Ich hatte nicht gedacht, auf ein so leistungsfähiges Team zu stoßen.“

Was hat Sie letztlich überzeugt, BRÜHL als letzte berufliche Station zu sehen?
„Das Wichtigste ist, dass ich unternehmerisch arbeiten kann. Wir haben zweimal im Jahr Beiratssitzung und strategische Fragen werden besprochen. Die Inhaber lassen mir operativ völlig freie Hand. Zwar habe ich dann keine Ausreden, wenn es nicht läuft, aber diese Freiheit bedeutet mir sehr viel.“

Sie haben in Produkt und Vertrieb investiert und beide Bereiche optimiert, haben Sie bei Bekanntgabe Ihres Einstiegs bei BRÜHL Anfang des Jahres gesagt. Was genau ist damit gemeint
„Wir haben im Vertrieb in die Flächenanalyse investiert und eigens dafür zwei Mitarbeiter eingestellt. Wir können jetzt die Flächen sehr viel effizienter aussteuern. Das ist gerade bei unseren Großkunden sehr wichtig. Produktseitig haben wir noch mal in die Ausstattung der Hose investiert, ohne das voll auf die Preise umzuschlagen. Etwa ein Drittel der Mehrkosten haben wir nicht weitergegeben. Aber das macht im Wettbewerb den Unterschied aus.“

BRÜHL stützt sich auf drei Säulen: Fashion, Corporate Fashion und Private Label. Wie sehen die Kräfteverhältnisse im Unternehmen aus?
„Die Fashion macht 45 Prozent. Davon entfallen auf BRÜHL 30 Prozent und auf B.Bros. mittlerweile 15 Prozent. Das Corporate Business macht rund 20 Prozent. Wir haben gerade eine Ausschreibung der bayerischen Polizei geholt. Den Rest steuern Private Labels bei.“

Wie weit wollen Sie auch im Vergleich zur Fashion mit den anderen Bereichen wachsen, wo sehen Sie hier Zukunfts-Chancen?
„Bei der Corporate Fashion lässt sich nicht alles kalkulieren. Die Ausschreibungen sind ein langer Prozess, bei dem viele Faktoren, letztlich aber vor allem der Preis entscheidet. Immerhin stehen die Chancen gut, weiter an Bord zu bleiben, wenn Sie einmal drin sind. Das Private-Label-Geschäft bleibt ein strategisches Wachstumsfeld für uns. Und hier sehen wir auch im Ausland noch gute Möglichkeiten für uns. In Frankreich arbeiten wir jetzt mit MISE AU GREEN zusammen. Gut sind wir auch mit einem dänischen Einkaufsverband im Geschäft und schreiben sehr vernünftige Zahlen. Letztlich kommt es auf das Produkt an. Die Hosenmarke BABISTA, die wir für die KLiNGEL Gruppe herstellen, könnte genauso gut unter BRÜHL laufen, denn unsere Kunden entwickeln sich ebenfalls deutlich weiter. Mittlerweile haben wir uns als Produktspezialist einen guten Ruf erarbeitet und wir sind oft die Ersten, mit denen man spricht. Aber auch mit der Marke haben wir noch einiges vor.“

Im Ausland sind Italien und China gesetzt, welche Länder stehen als Nächstes an?
„Italien ist der wichtigste Markt für uns. Wir arbeiten mit einem starken Importeur zusammen und da sind wir noch lange nicht an der Decke. China ist hinter England/Irland bereits die Nummer drei. Wir haben Anfragen aus den USA, aber in der augenblicklichen Konstellation zieht es mich nicht nach Amerika. Wir konzentrieren uns auf die bestehenden Märkte und wollen hier profitabel wachsen.“

Der Manager:

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Der gebürtige Ingolstädter Maro Nachtrab absolvierte eine Trainee-Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel. Nach seinem Handelsfachwirt startete er seine Karriere bei K&L Ruppert. 1996 wechselte der Manager als Bezirksverkaufsleiter zu Framode‐pimkie und später als Regionalleiter zur M&S Mode Deutschland. Nach seinem Studium an der Textilfachschule Nagold arbeitete Nachtrab als Vertriebsleiter für LERROS Moden und wechselte 20 zu Création Gross. Seit 2015 ist Nachtrab Geschäftsführer bei C. Brühl. Seit diesem Jahr ist er auch an dem Unternehmen beteiligt.

Digitalisierung ist ein viel bemühter Begriff in heutigen Zeiten. Welche Projekte haben Sie im Kopf, wenn Sie davon sprechen, auch diesen Bereich strategisch anzugehen?
„Wir haben Ende des letzten Jahres mit den ersten Marktplätzen, genauer gesagt mit OTTO, KLiNGEL, Schwab und BAUR angefangen zu arbeiten. Wir wollen erst einmal Erfahrungen sammeln und das Business verstehen, bevor wir mehr Gas geben. Wir haben das Thema angeschoben und es steht auf der Agenda für dieses Jahr. Mit dem bloßen Anmelden ist es ja nicht getan. Sie müssen sauber aufgestellt sein. Sie brauchen perfekte Fotos, die Beschreibungen müssen stimmen und die Orderprozesse laufen. Sicher hilft uns die langjährige Erfahrung mit Versendern. Das ist ein komplexes Thema und wir rechnen nun nicht damit, schon im ersten Jahr schwarze Zahlen zu schreiben. Wir haben unternehmensintern eine Arbeitsgruppe gebildet mit Nicole Leinhos als Projektleiterin und werden das Geschäftsfeld schrittweise aufbauen. Unsere Marken sind auf Präsenz im Internet angewiesen. So gesehen lassen sich die Kosten dafür zumindest im Moment wohl genauso gut als Marketing verbuchen.“

Viele gesetztere Brands drohen mit ihrer Kundschaft auszusterben. Wenn Sie jetzt nichts mehr in Mode und Marketing investieren würden – frei nach dem Motto „weiter so“ – wie lange würde BRÜHL überleben?
„Wenn wir nun gar nichts mehr tun? Ich denke, wir hätten spätestens nach drei Jahren die ersten Probleme.“

Ist BRÜHL sexy?
„Sexy sind wir nicht, aber wir haben Bügelsex.“

Wie sieht es bei B.Bros. aus?
„Auch nicht. Aber da sind wir anziehend.“

Wenn wir mal fünf Jahre, besser noch zehn Jahre in die Zukunft blicken, welchen Markenkern werden die Hosen bis dahin haben?
„Fashion Meets Function. Wir haben diesen Markenkern und das wollen wir weiter ausbauen.“

Was leiten Sie daraus für das Produkt ab?
„Unsere Mode trifft schon den Zeitgeist. Unsere Hosen folgen den Trends und sind zeitgemäß in Form und vor allem Funktion. Diesen Anspruch haben wir bei jeder Hose, die unseren Hof verlässt. Daran werden wir uns auch in Zukunft messen lassen.“

Und wohin steuert das Marketing, welche Schwerpunkte setzen Sie? Blogger dürften es ja kaum sein?
„Der Schwerpunkt ist tatsächlich die digitale Welt. Da müssen wir die Marke besser rüberbringen. Unsere Website muss noch deutlich ansprechender werden. Es wird Zeit, dass wir imagemäßig die Seniorenpatina loswerden. Heute identifiziert sich niemand mehr mit dem ‚alten Senior‘. Die Männer fühlen sich jünger, sind körperlich und geistig fit und wollen sich moderner kleiden. Das setzen wir auch mit neuer Bildsprache um. Wir haben diesmal für unsere Prospekte ganz bewusst das DIN-A1-Format gewählt und ein cleanes Shooting realisiert, um die Trennung von BRÜHL und Bros. deutlich zu machen. Ich finde, das ist uns auch gut gelungen.“

Welche Rolle ordnen Sie dabei dem Handel zu?
„Der Handel sollte auf der Fläche und in der Werbung vor Ort BRÜHL und Bros. adäquat darstellen und verkaufen. Dafür geben wir ihm vom Poster bis zum Shop-in-Shop alle erdenklichen Instrumente an die Hand, mit der Aufgabenstellung, uns so zeitgerecht darzustellen, wie wir wirklich sind.“

Passen Selbstwahrnehmung und Wahrnehmung des Handels noch überein?
„Ich glaube, es ist angekommen, wie wir aufgestellt sind. Die Konturen sind deutlicher herausgearbeitet worden. Noch sind wir lange nicht am Ziel, aber wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. Wir liefern ein gutes Produkt, mit dem der Handel gutes Geld verdienen kann. Aber Markenbildung und Imagewandel brauchen eben Zeit.“