„Ein lebender Organismus“

LUDWIG BECK AG

„Wir Händler müssen mit guten Aktionen und Konzepten die Menschen in die Innenstädte locken. Dass uns das gelingt, bezweifle ich nicht. Daneben ist aber auch die (Lokal-)Politik in der Pflicht, die Städte attraktiver zu gestalten und die Verweildauer zu erhöhen.“ Christian Greiner alle Bilder ©LUDWIG BECK AG

Autor: Markus Oess

Was tun, wenn räumliches Wachstum nicht mehr möglich ist? – Ständig ändern und optimieren, sagt Vorstand Christian Greiner. Nach dem Verkauf der Menswear-Tochter WORMLAND gilt diese Maxime für das Münchner Kaufhaus LUDWIG BECK umso mehr. Greiner über Konzepte, Kunden und warum Baustellen dem Handel guttun.

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Internationale Gäste sind ein enorm wichtiger Faktor” ©LUDWIG BECK

FT: Herr Greiner, im ersten Quartal 2019 konnte LUDWIG BECK immerhin mit einem leichten Umsatzplus abschließen. Hält dieser Trend derzeit an?
Christian Greiner: „Dazu kann ich leider nichts sagen, da müssen Sie bitte die offiziellen Q2-Infos abwarten.“

Was läuft zurzeit gut, welche Segmente verlieren allgemein und wie sieht das in der Menswear aus?
„HAKA entwickelt sich bis dato ordentlich in diesem Jahr. Erfreulich ist, dass Denim wieder deutlich mehr gefragt ist. Das tut auch den Young-Fashion-Segmenten gut.“

In der Pressemitteilung zu den Verkaufsabsichten von WORMLAND war die Rede von Synergien, die nicht im erhofften Umfang gehoben werden konnten. Was ist damit gemeint?
„LUDWIG BECK ist doch mit seinem Sortiment deutlich breiter aufgestellt. Da ging es mehr um Synergien im Hintergrund. Für den Endverbraucher sollten beide Konzepte immer komplett eigenständig wahrgenommen werden.“

„Ein stetes und starkes Wachstum verspüren wir in den letzten Jahren mit Kunden aus China.“

Die ehemalige Menswear-Tochter wurde vom vom Management übernommen. ©WORMLAND

Wie geht es jetzt nach dem Verkauf von WORMLAND für LUDWIG BECK weiter, welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um das Münchner Stammhaus sowie den Online-Handel zu stärken und weiterzubringen?
„Es gibt für LUDWIG BECK deswegen keine strategische Neuausrichtung. Wir können nun lediglich alle Kapazitäten wieder besser auf dieses eine Konzept fokussieren.“

Nach dem letzten Umbau ist eine Erweiterung der Verkaufsfläche nicht mehr möglich? Wird es konzeptionelle Ergänzungen oder Veränderungen einzelner Segmente geben?
„LUDWIG BECK ist ein ‚lebender Organismus‘, wir verändern und optimieren ständig. Eine Neuerung ist aktuell ein Bereich für Lounge-Accessoires, in welchem man Kissen, Decken, Bettbezüge etc. kaufen kann.“

Wird es im Online-Handel Sortimentserweiterungen geben?
„Wir haben schon in der Vergangenheit andere Produktgruppen neben Kosmetik getestet – zum Beispiel unsere Eigenmarke im Merino-Bereich. Natürlich bleiben wir hier nicht stehen, aber wir haben in dem bereits bestehenden Kosmetik-Segment noch enormes Potenzial. Außerdem muss es immer betriebswirtschaftlich vertretbar sein, wenn wir neue Wege gehen.

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Der Online-Handel ist ja nun schon ein paar Tage alt. Welche Erkenntnisse für das stationäre Geschäft konnten Sie gewinnen hinsichtlich Marketing, Kommunikation und Kundenpflege?
„Als wir gestartet sind, war es unser Bestreben, Sortiment und Erlebnis möglichst eins zu eins von LUDWIG BECK am Marienplatz in die digitale Welt zu übertragen. Besonders beim Sortiment haben wir gelernt, dass die Wünsche, Interessen und Bedürfnisse im Netz oft deutlich von denen im stationären Geschäft abweichen. Somit variiert das Online-Sortiment heute zu den stationären Flächen.“

Wie hat LUDWIG BECK eigentlich die Baustelle vor dem Haus verkraftet?
„Welche meinen Sie? In der Münchner Innenstadt wird ständig gebaut, somit ist das ein Dauerzustand. In Summe kann man aber sagen, dass es für den gesamten Handel in der City natürlich spürbar ist, wenn massive Bauvorhaben die Erreichbarkeit beeinträchtigen. Besonders auch bei Bauarbeiten an der S-Bahn. Das betrifft auch viele Mitarbeiter. Aber auf lange Sicht sind Investitionen in die Infrastruktur, wie aktuell für die zweite Stammstrecke in München, natürlich wichtig für die Stadt. In den 1970er-Jahren waren die Baustellen für die U-Bahn auch allgegenwärtig und sicher nicht immer eine Augenweide für Passanten und Händler. Ohne eine U-Bahn wäre München aber heute nicht mehr denkbar.“

Das Haus lebt auch von seinem internationalen, zahlungskräftigen Publikum. Spüren Sie hier eine Veränderung aufgrund veränderter Reisegewohnheiten Ihrer ausländischen Kunden?
„Internationale Gäste sind für München und somit auch für LUDWIG BECK ein enorm wichtiger Faktor. Vor ein paar Jahren waren besonders die russischen Kunden stark vertreten. Das hat sich seit der Krise in der Ukraine aber leider negativ entwickelt. Ein stetes und starkes Wachstum verspüren wir in den letzten Jahren mit Kunden aus China.“

„Wichtig ist, dass der Standtort Berlin wieder mehr global relevante Marken anzieht und auch international an Bedeutung gewinnt.“

Ist Premium ebenso ein Marktsegment, das von Preiskämpfen geprägt ist wie der restliche Textilmarkt, oder sehen Sie hier mehr Spielräume, mit Innovation, Mode und Qualität zu punkten?
„Preiskampf gibt es meiner Erfahrung nach in jedem Bereich, der nicht völlig autark geregelt ist. Wenn Sie beispielsweise Luxusmarken wie LOUIS VUITTON mit einer komplett geschlossenen Vertriebskette betrachten, haben Sie so ein Beispiel. Die Preise und Vertriebsstruktur dieser Produkte kann kein fremder Dritter beeinflussen. Sobald eine Brand von mehreren Händlern über eigenen Retail und vor allem online vertrieben wird, gibt es immer ‚Preiskämpfe‘.“

Welche Messen werden Sie diesmal besuchen?
„Ich bin nur in Berlin.“

 Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung von Berlin als Messestandort?
„Schwer zu sagen. Ich finde schon, dass die einzelnen Messekonzepte sich immer viel Mühe geben, interessant zu bleiben – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Ich denke, dass die Idee einer ,Gesamtmesse‘, wie sie wieder für Tempelhof diskutiert wurde, der richtige Weg sein könnte. Wichtig ist, dass der Standtort Berlin wieder mehr global relevante Marken anzieht und auch international an Bedeutung gewinnt. Sonst habe ich die Befürchtung, dass Berlin als Modemessestandort auch einmal das Schicksal von Köln ereilt. Aktuell ist es leider so, dass man nicht wirklich etwas verpasst, wenn man nicht auf den Messen in Berlin war. Und dieser Zustand muss sich ändern!“