Der große Lifestyle-Bluff!

Kommentar

Andreas Grüter ©Peter Zembol
Autor: Andreas Grüter

Lifestyle-Fitnessbuden, Lifestyle-Rasierer, Lifestyle-Bankkonten, Lifestyle-Automobile, Lifestyle-Versicherungen, Lifestyle-Videogames – kaum zu glauben, was die Werbeindustrie mir da ständig als perfektes und auf jeden Fall unverzichtbares Add-on für mein Leben in den Warenkorb legen will. Fühlen Sie sich angesprochen? Dann stimmen Sie doch einfach in meine Tirade ein.

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Gib mir ein L, gib mir ein I, gib mir ein F, gib mir ein E, gib mir ein S, gib mir ein T, gib mir ein Y und ein L und auch noch ein E dazu – setz es zusammen: L-I-F-E-S-T-Y-L-E! Angetreten als dynamischer, gut vernetzter Dandy mit umfangreichem Wissen über alle wichtigen kulturellen Felder der individuellen Lebensführung, ist das Konzept Lifestyle nicht nur ziemlich in die Jahre gekommen, sondern hat auch inhaltlich ordentlich Federn lassen müssen. Galt die Kreierung eines eigenen Stils lange als absolute Lebensaufgabe, die äußerst behutsam und maximal reflektiert angegangen werden muss, so präsentiert sie sich nunmehr seit Jahren als leeres Marketing-Schlagwort, mit dem sich die Konsumentenmasse perfekt einfangen lässt. Lifestyle – das riecht so wunderbar nach großer weiter Welt, nach Luxus und nach gesellschaftlichem Status. Umso besser, wenn man meint, ihn problemlos im Supermarkt um die Ecke und in der Mall am anderen Ende der Stadt noch schnell vor Ladenschluss shoppen zu können.

Das Stil-Regal ist leer

Doch das Problem ist: Stil lässt sich nicht kaufen und war auch nie eine Frage des Geldbeutels, sondern immer eine der ästhetischen und kulturellen Bildung. Das wussten bereits die Altvorderen – fragen Sie Ihre Eltern und Großeltern. Was also tun gegen die Diktatur des Abgeflachten? Sagen Sie doch einfach einmal Nein, gleichen Sie Ihre Interessen und Vorlieben mit Ihrem Konsumverhalten ab, hinterfragen Sie, seien Sie selbstkritisch, seien Sie selbstbewusst, investieren Sie Zeit in Kunst und Kultur und seien Sie es sich wert. Lifestyle als echtes Lebenskonzept ist ein hartes Stück Arbeit, das erst geschafft ist, wenn der letzte Vorhang fällt. Niemand hat gesagt, dass es leicht wird.

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