Erbengemeinschaft

Raimar Bradt

Fashionfamily: Raimar und Meike Bradt modeln für ihre Mode. ©Markus Keck

Autor: Markus Oess
100 Prozent made in Germany? Bei Mode? Geht, sagt Raimar Bradt, Mitgesellschafter und Mitgründer des Stores bubeundkönig in Nürnberg. Jetzt steigt der Fürther operativ aus, macht seinen eigenen Laden auf und erfüllt sich einen lang gehegten Traum.

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Mein Steuerberater hält mich für verrückt, dass ich bei ‚bubeundkönig‘ aussteige. Gerade jetzt, wo meine Mitgesellschafter und ich die Früchte unserer Arbeit ernten könnten, weil wir uns mit dem Store fest im Markt etabliert haben“, sagt Raimar Bradt und lacht. Der Laden in der Nürnberger Innenstadt, den er mit Freunden gegründet hatte, ist gut durch die Corona-Krise gekommen und hat keine Umsätze verloren. „Es kommen zwar weniger Menschen, aber diejenigen, die kommen, geben mehr Geld aus“, erklärt Raimar das Ergebnis. Abseits davon haben die drei Händler gerade über Social Media viel dafür getan, selbst in den Lockdowns nicht verloren zu gehen. Die Kunden von bubeundkönig sind besonders empfänglich über Insta und Co.

Trotzdem hatte sich in Raimars Kopf eine Idee festgesetzt, von der er nicht mehr abkam. „Ich wollte immer schon einen Laden in der Fürther Innenstadt eröffnen. Der Stein kam ins Rollen, als ich vor einem Dreivierteljahr zufällig einen Leerstand in der Nähe der Fürther Freiheit gesehen habe. Da wurde der Wunsch, mein eigenes Ding zu machen, schier übermächtig: 100 Prozent Raimar Bradt eben“, sagt er.

 100 Prozent Raimar Bradt eben“

In seinem Laden will Raimar Mens- und Womenswear sowie Lifestyleprodukte anbieten, die ausnahmslos in Deutschland gefertigt werden. Dahinter verbirgt sich der Wunsch, ein Stück Tradition und Handwerkskunst in Deutschland zu erhalten und die Marken zu unterstützen, die heute hier eine Fertigung auf die Beine stellen. Der Store brauchte einen Namen. Eigentlich wollte Raimar den Store seiner Tochter widmen, kam aber ins Grübeln, als ihm klar wurde, dass das ihren Geschwistern nicht gefallen könnte. Dafür kam Raimar eine andere Idee. Seine Initialen R. B. ergeben laut gesprochen das Wort Erbe. „So habe ich jetzt schon das Gefühl, etwas weitergeben zu können“, sagt Raimar.

Jetzt sei er einfach happy, dass es losgehe. Bis es so weit war, gingen allerdings noch ein paar Monate ins Land. „Meinen neuen Laden sehe ich nicht in Konkurrenz zu ‚bubeundkönig‘. Klar nehme ich auch Marken mit rüber. Aber ich finde, wir ergänzen uns eher und sind Teil einer gemeinsamen Community.“ Beim Einkauf der Womenswear verlässt sich Raimar auf den Rat seiner Frau Meike und seiner Schwester Brigitte. Brigitte übernimmt außerdem Grafik und Design, also das Logo und die Corporate Identity. „Ich fühle mich bei ihr einfach gut aufgehoben und habe zu ihr diesen speziellen Draht, wie es ihn zwischen Geschwistern gibt“, sagt Raimar.

Die Produktion in Deutschland, teilweise rein regional oder sogar lokal, sei für den Fürther absolut nachhaltig und er wisse, wie, von wem und mit welchem Wareneinsatz die Teile gefertigt würden. „Beispielsweise haben wir gemeinsam mit der Firma HILTL eine Tasche aus Stoffresten des Hosenanbieters gefertigt, die wir zum Selbstkostenpreis anbieten. Einwegtüten wird es bei uns nicht geben. Ich bin lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass es da draußen eine Menge Menschen gibt, die genau diese Mode suchen und die bereit sind, dafür auch einen entsprechenden Preis zu zahlen. Ich habe meine Lieferanten vor Ort besucht und gesehen, wie sie arbeiten. Das ist schon eine ganz andere Nummer, wenn du dich mit den Markeninhabern austauschen und besprechen kannst, wie die Teile noch einen Tick geiler werden können“, sagt Raimar.

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Sein Lieblingsmützenlieferant Bullani in Bamberg etwa ist dabei und Brütting Schuhe, ebenfalls in Bamberg; Ascot in Krefeld macht für eRBe Krawatten. „Besonders freue ich mich, dass uns Max Pötzelberger aus Hamburg-St. Pauli beliefert. Wir haben vereinbart, dass er Einzelanfertigungen macht, wenn Kunden das wünschen – echt cool!“, betont Raimar. Die Jacken kosten zwischen 319 Euro und 539 Euro. Sie sind dann aber bei Bedarf Einzelanfertigungen und komplett „made in Germany“. Natürlich habe auch er noch keinen hundertprozentigen Zugriff auf die ganze Lieferkette und sämtliche Rohwaren. „Aber 60 Prozent kriegen wir hin. Ich finde, ein guter Wert, und das, was wir bisher erfassen können, ist absolut safe“, sagt Raimar. Weitere Lieferanten sind unter anderem auch BLAUMANN, Merz b. Schwanen, ANTJE ASCHEMANN und Kaweco.

Made in Germany

Aus bubeundkönig hat sich Raimar inzwischen operativ zurückgezogen, aber er ist noch Gesellschafter. Die Jungs, Steven Kautler und Sandro Nuzzo, hätten sich nicht gerade gefreut, als er ihnen von seinem geplanten Ausstieg erzählte, sagt er. Andererseits hätten sie auch volles Verständnis. „Sie sind ja selber Händler mit Herzblut. Und sie wissen, wenn ich für etwas brenne, bin ich davon nicht mehr abzubringen. Es steht fest, dass ich Ende Februar 2022 meinen Laden eröffnen werde“, sagt Raimar. Klar gebe es bessere Zeitpunkte, als ausgerechnet in einer Pandemie einen neuen Laden aufzumachen. „Aber das ist wie mit dem Kinderkriegen: Es gibt immer aktuelle Gründe dagegen, aber ehe man sichs versieht, ist das Thema durch“, hält Raimar dagegen.

Social Media wird für Raimar wie schon bei bubeundkönig ganz wichtig werden. „Viel verspreche ich mir von unserer Community. Mundpropaganda ist immer noch ein probates und sehr wirkungsvolles Werbemittel. Für große Kampagnen fehlt uns das Geld. Aber jeder, der uns weiterempfiehlt, bringt uns ein ganzes Stück voran, da solche Kontakte unbezahlbar sind. Ich bin auch ein großer Fan von Guerilla-Marketing“, sagt Raimar. Es wird einen Online-Shop geben. Ohne den komme man im Handel nicht mehr aus, als Schaufenster für die Welt und alternativer Absatzkanal. Besonders dann, wenn es doch wieder zu Ladenschließungen wie in der jüngsten Vergangenheit kommen sollte. „Mein Optimismus bleibt ungebrochen: eRBe wird ein Erfolg werden!“, sagt Raimar.