Mehrere Bälle in der Luft

OLYMP

„Als wir damals mit OLYMP SIGNATURE gestartet sind, wollten wir das mit einem lauten Knall tun. Gerard Butler hat genau die richtige Statur, den Stil und die Ausstrahlung und verkörpert die Werte der Marke und des Produkts perfekt." Mark Bezner, OLYMP alle Bilder ©OLYMP

Autor: Markus Oess
Der schwäbische Hemdenspezialist OLYMP hat in der Pandemie mehr als 100 Millionen Euro Umsatz verloren. Firmenchef Mark Bezner sagt im FT-Interview, er müsse mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft halten. Die rückläufige Order im Handel und die Umsatzverluste im eigenen Retail seien noch nicht richtig verdaut, da kämen ganz andere Probleme wie steigende Frachtraten und insbesondere innerasiatische Lieferengpässe dazu. Bezner über zwei Jahre Pandemie, Trends und warum sich manches nicht ändern lässt.

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„Wir mussten in den vergangenen zwei Jahren mit Rückgängen von mehr als 100 Millionen Euro zurechtkommen.“ OLYMP-Chef Mark Bezner

FT: Herr Bezner, was werden Sie Ihren Enkelkindern einmal über das Jahr 2021 erzählen?
Mark Bezner: Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Viele Dinge werden im Gedächtnis bleiben. Wer hätte schon gedacht, dass uns das Coronavirus auch nach zwei Jahren weiter so beschäftigen wird? Aber mit Blick auf OLYMP ist besonders beeindruckend, wie schnell sich das Blatt wenden kann und das, was wir mit viel Engagement und Herzblut aufgebaut haben, zwar in der Substanz nicht gefährdet wird, aber doch so schwer an der Last dieser Pandemie zu tragen hat.“

Wie kommen Sie aus dem Jahr?
„Wir schließen 2021 noch mal schlechter als das Vorjahr ab. Im Jahr 2020 haben wir mit erzielten rund 191 Millionen Euro über 70 Millionen Euro Umsatz durch die Folgen der Pandemie verloren. Vorvergangenes Jahr hatten wir wenigstens schon die Vororder in den Büchern. Aber der Lockdown hat voll durchgeschlagen, sodass wir 2021 monatelang so gut wie kein NOS-Geschäft hatten und aus nachvollziehbaren Gründen auch die Order des Handels deutlich zurückging. Wir haben 2021 deshalb nochmals 30 Millionen Euro verloren. Das heißt, wir mussten in den vergangenen zwei Jahren mit Rückgängen von mehr als 100 Millionen Euro zurechtkommen.“

Die Pandemie hat uns weiter im Griff und mit Omikron droht die nächste Welle. Dazu haben wir immer noch Lieferkettenprobleme und die Beschaffungspreise ziehen an. Wie kommen Sie damit zurecht?
„Wir stehen natürlich wie alle in der Branche vor enormen Herausforderungen und sind gezwungen, mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Die rückläufige Order im Handel und auch die Umsatzverluste im eigenen Retail haben wir noch gar nicht richtig verdaut und schon haben wir es mit ganz anderen Problemen wie steigenden Frachtraten und insbesondere innerasiatischen Lieferengpässen zu tun. Unser größter Partnerbetrieb in Vietnam zum Bespiel musste neun Wochen durch den Lockdown im Land schließen. Allein dadurch fehlten uns 450.000 Hemden. Gleichzeitig steigen die Preise für die Rohstoffe. Egal ob Baumwolle, Kunstfaser oder Papier, die Preise kennen nur eine Richtung, frei nach dem Motto ‚The sky is the limit‘. Ich persönlich glaube auch nicht, dass sich die Lage bis nach dem chinesischen Neujahrsfest entspannen wird, sondern gehe von einer Normalisierung erst Mitte 2022 aus. Und dann wird noch die Frage sein, wie weit die Entspannung geht und sich die Preise tatsächlich weit genug nach unten einpendeln. Wir haben uns in diesem Szenario dazu entschlossen, die gestiegenen Kosten vorerst nicht weiterzureichen, sondern zumindest auf leichte Besserung zu hoffen. Das geht natürlich zulasten der Ertragskraft des Unternehmens.“

Wird es im Sommer wieder Modemessen geben?
„Davon gehe ich aus. Wir können es uns nicht leisten, in Deutschland auf Messen zu verzichten und das Heft des Handelns aus der Hand zu geben. Sollten die Rahmenbedingungen stimmen und die pandemische Entwicklung es zulassen, werden wir in Frankfurt im Sommer auch dabei sein.“

Was erwarten Sie sich für die kommende Order?
„Hätten Sie mich das noch vor acht Wochen gefragt, hätte ich Ihnen geantwortet, dass die Order auf Prä-Corona-Niveau liegen dürfte. Heute sieht die Sache anders aus und wir haben mit der vierten Welle zu kämpfen. Unter diesen Voraussetzungen gehe ich nun nicht davon aus, dass diese Vorhersage eintreffen wird. Umso wichtiger ist es, mit einer guten Kollektion und einer schlagkräftigen Markenkommunikation den Handel zu unterstützen. Themen wie Funktion und Nachhaltigkeit sind inzwischen zu zentralen Faktoren geworden. Wir haben darauf mit unserem Nachhaltigkeitslabel Green Choice reagiert und wollen bis zum Jahr 2025 das komplette Sortiment auf Nachhaltigkeit umstellen. In einem nächsten Schritt werden wir zur kommenden Order mit einer komplett neuen und wesentlich umweltfreundlicheren Verpackung in den Markt gehen, bei der wir auf Nadeln, Plastik und Verpackungsbestandteile verzichten und darüber hinaus auf Wertstoffe setzen, die über eine hohe Wiederverwertbarkeit verfügen. Außer der zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial bestehenden Versandtüte der Hemden, die den Inhalt während der Beförderung vor Verschmutzung und Feuchtigkeit bewahrt, werden dann keinerlei Plastikkomponenten mehr eingesetzt. Durch die Umstellung können künftig zig Tonnen an Plastik jährlich eingespart werden. Überdies können, insbesondere durch die Substitution von Verpackungsbestandteilen aus Kunststoff, Treibhausgasemissionen in der Materialherstellung deutlich reduziert werden. Wichtig war uns, eine nachhaltige Verpackung zu gestalten, die die Qualität unserer Hemden unterstreicht.“

Wie geht es modisch weiter, jetzt, wo der Anzug doch nicht den schnellen Tod erlitten hat, wie viele befürchtet hatten?
„Das Hemd und der Anzug sind entgegen den damaligen Prognosen zurück. Im Gegenteil, wir hätten mehr verkaufen können, wenn uns nicht die allgemeinen Lieferengpässe einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. Allerdings sprechen wir nicht mehr nur vom klassischen weißen Businesshemd früherer Zeiten. Wir bieten inzwischen eine größere Vielfalt und Varianz, andere Schnitte, Qualitäten und Funktionalitäten an. Das Pendel schlägt eben zurück und nicht alle wollen jetzt in T-Shirt und Hoodie herumlaufen. Das sehen wir in der Nachorder wie auch im eigenen Handel.“

Das Hemd ist zurück

Wie wollen Sie sich als Spezialist unabhängiger von solchen Trends machen? Gibt es weitere Sortimentsergänzungen?
„Manches lässt sich nicht ändern. Sie müssen wissen, dass uns das Spezialistentum und unsere NOS-Leistung zwar groß gemacht haben und uns das Unternehmen werden ließen, das wir inzwischen sind. Wir können nun nicht einfach den Hahn aufdrehen und das NOS wieder hochfahren, wann es uns passt, sondern müssen auf die Markterfordernisse eingehen. Uns hilft, dass das Hemd sich vom Anzug emanzipiert und als eigenständiges Kleidungsstück etabliert hat. Das Hemd wird auch zu Chinos und Jeans getragen und setzt modisch eigene Akzente. Das eröffnet uns neue Wachstumsräume und Chancen. Und zieht die Nachfrage wieder an, profitieren wir auch als Spezialist wieder überproportional. Wir werden auf keinen Fall zum Vollsortimenter.“

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Welche Trends sehen Sie für die kommende Order?
„Nach dem großen Markterfolg der OLYMP-24/Seven-Jersey-Hemden erweitern wir die bewährte Materialzusammensetzung aus 92 Prozent Baumwolle und 8 Prozent Elasthan in den Linien OLYMP Luxor, OLYMP Level Five und OLYMP No. Six um zahlreiche neue Stoffstrukturen und Farben. Auch bei OLYMP SIGNATURE setzt sich der Trend zu Soft- Business-Hemden aus Jersey fort. Es wird immer eine Zeit und einen Ort für klassische Kleidung geben, aber deswegen muss ein Businesshemd nicht langweilig sein. Egal ob Unis und Streifen und auch mit verspielten Designs, wir werten das Hemd optisch auf. Auch der Overshirt-Trend ist noch nicht vorbei.“

Es gab einen Wechsel in der Geschäftsführung. Dirk Hepers Weggang wurde mit der üblichen Formel „unterschiedliche Auffassung der Strategie“ begründet. Können Sie kurz sagen, worum es ging?
„Dirk Heper ist ein ausgewiesener Kenner der Materie und ein exzellenter Vertriebsfachmann. Wir verdanken ihm viel. Aber wir hatten zuletzt unterschiedliche Auffassungen darüber, wie OLYMP aus der Corona-Krise herauskommen und zu alter Stärke zurückfinden kann. Also haben wir uns im gegenseitigen Einverständnis auf eine Trennung geeinigt. In der exponierten Position eines Geschäftsführers hilft es keinem, lange zuzuwarten. Da ist es für alle Beteiligten das Beste, die Zusammenarbeit sofort zu beenden.“

„Wir fokussieren weniger auf das einzelne Produkt als vielmehr auf die Profilierung und die aufeinander aufbauende Positionierung unserer drei Marken OLYMP, OLYMP SIGNATURE und MARVELIS. Die Marken werden spitzer und klarer positioniert und voneinander getrennt.“

Der Nachfolger, Heiko Ihben, ist schon im Amt. Er kommt von HUGO BOSS. Was wird sich bei OLYMP mit seiner Arbeit ändern?
„Unsere Kollektionsausrichtung wird noch strategischer werden und wir werden noch intensiver daran arbeiten als bisher schon. Wir fokussieren weniger auf das einzelne Produkt als vielmehr auf die Profilierung und die aufeinander aufbauende Positionierung unserer drei Marken OLYMP, OLYMP SIGNATURE und MARVELIS. Die Marken werden spitzer und klarer positioniert und voneinander getrennt. Ich spreche dabei vom Storytelling der Moodboards bis hin zu allen Touchpoints zu den Endkunden, sei es in der Kommunikation, am PoS, digital im Online-Shop oder auf Social Media. Ich bin sehr froh, mit Heiko Ihben einen Hochkaräter gewonnen zu haben. Er hat schon in dieser kurzen Zeit erste wichtige Signale an alle Stakeholder vom Personal bis zu unseren Handelskunden gesetzt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Wir haben mit der OLYMP-Welt noch einiges vor.“

Gerard Butler ist seit einiger Zeit Markenbotschafter für OLYMP und OLYMP SIGNATURE. Warum ist das eigentlich so?
„OLYMP sollte als Dachmarke erhalten bleiben. Als wir damals mit OLYMP SIGNATURE gestartet sind, wollten wir das mit einem lauten Knall tun. Gerard Butler hat genau die richtige Statur, den Stil und die Ausstrahlung und verkörpert die Werte der Marke und des Produkts perfekt. Er ist insofern die Idealbesetzung für diese Modelrolle. Wir haben gemerkt, dass sein Wirken die Dachmarke OLYMP insgesamt gestärkt hat. Also war es nur konsequent, auch den letzten Schritt zu gehen.“

Was hat er bei OLYMP bewirkt?
„Er hat ein Stück Hollywood in die Marke gebracht, ihr Glanz gegeben und ein Gesicht. Gerard wird in diesem Jahr noch einige neue Filmprojekte starten und ich bin mir sicher, dass das seiner Karriere weiteren Schub verleihen wird und damit natürlich auch unserer Marke. Ich gehe davon aus, dass wir den Vertrag mit ihm noch einmal über das Jahr 2022 hinaus verlängern können. Er passt einfach auch als Typ zu uns. Und ich muss schon sagen, er sieht schon verdammt gut aus in einem OLYMP-Hemd.“

Wo steht SIGNATURE heute und was planen Sie speziell für das Premiumsegment?
„Der Handel ist sehr zufrieden mit Marke und Produkt. Wir werden OLYMP SIGNATURE konsequent als Premiumprodukt weiterführen und ausbauen. Wir werden noch mehr in unsere Vertriebspower investieren. Preis-Leistung ist stimmig und modisch trifft die Linie, die neben Hemden und Accessoires inzwischen auch Strick- und Wirkartikel umfasst, absolut den Zeitgeist. Es wird die Aufgabe von Heiko Ihben sein, die Performance von OLYMP SIGNATURE nachhaltig weiter zu steigern.“

Premium-Performance