Schönes, neues Metaverse?

Kommentar

Tays Jennifer Köper-Kelemen

Autorin: Tays Jennifer Köper-Kelemen
Das Metaverse ist in aller Munde. Nicht etwa als Sujet fantastischer Science-Fiction-Romane, sondern als physisch erfahrbares Konstrukt. Tech-Konzerne wie Meta, Apple, Alphabet und Microsoft arbeiten mit Hochdruck an der nächsten Stufe des Internets, ein dreidimensionaler Kosmos, den vielerlei Branchen mit Spannung fest im Blick halten, scheinen sich damit doch neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Im Modesektor wird virtuelle Mode für die Avatare der Gaming- und Social-Media-Szene als das neue, große Ding gehypt. Doch was ist dran an diesem Hype?

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Ob BALENCIAGA, PRADA oder DOLCE & GABBANA ‒ die großen Designer-Modehäuser haben als Vorreiter bereits früh mit futuristischen Kreationen experimentiert, die nur im digitalen Raum verfügbar sind. In der Folge hat Ende März 2022 im sogenannten Decentraland die erste Metaverse Fashion Week mit namhaften Luxusmarken stattgefunden. Die Verkaufsplattform ABOUT YOU führt den Trend weiter. Mit Hypewear startete das Unternehmen noch im Sommer 2022 einen E-Shop, der auf kommerzieller Ebene ausschließlich Avatar-Mode für Männer und Frauen anbietet.

Die Vorteile für Mensch und Umwelt liegen zumindest auf der Hand: keine unfaire Bezahlung, keine Repression, keine Verschmutzung, kein Verbrauch von Ressourcen. Das sollte auf den ersten Blick in der anhaltenden Diskussion rund um Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit einen Hype sicherlich wert sein. Allerdings stellt sich neben den verbleibenden Chancen für die Kette entlang der Modeproduktion die Frage, wohin denn Modekultur läuft, wenn sich das Metaverse und Digital Fashion wie erwartet durchsetzen. Das Material und seine haptische Beschaffenheit, das tatsächliche Erleben von Passform und Design ‒ werden diese Komponenten in der Realität sukzessive in den Hintergrund gerückt und stattdessen nur reine Optik jenseits physikalischer Grenzen gefeiert? Was passiert mit Werten rund um Handwerk und Tradition, wenn Konsumenten und Marken den Fokus mehr noch auf Bekleidung lenken, die ausschließlich im virtuellen Raum existiert?

Die Wahrscheinlichkeit scheint hoch, dass sich die Bedeutung von realer, gut gemachter und kreativer Mode angesichts expandierender Parallelwelten und Digital Fashion verflüchtigt. Doch könnte es sich bei genauerer Betrachtung doch eben auch ins Gegenteil verkehren. Das ungehemmte Experimentieren mit Mode in einem anderen Raum, neue Ideen und Möglichkeiten könnten bei Usern ebenso zu mehr Mut und Bewusstsein für Mode und ihre Werte in der realen Welt führen. Die großen Designermarken lassen ihre digitalen Kreationen zumindest längst nicht isoliert im Metaverse wirken, sondern suchen für diese Verbindung und Synergie mit der Echtwelt.

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So umfasste eine Kollaboration von LOUIS VUITTON und League of Legends exklusive Avatar-Mode und in der Folge wahre Mode zum Anfassen in stationären Stores. Ein funktionierender Ansatz, damit zukünftig neben mehr Nachhaltigkeit auch mehr Feingefühl für ausgefallene Designs, Qualitäten und Macharten passiert, indes sich schneller, unbedachterer Konsum mehr noch ins Metaverse verlagert? Ein wünschenswertes Szenario. Es kommt wohl wesentlich darauf an, wie Modemarken und -unternehmen mit der Verschmelzung von virtueller Welt und Wirklichkeit umgehen, worauf sie besonderes Augenmerk legen. Nur ein Business mit vernetztem Storytelling wird auch reale Mode am Metaverse-Hype teilnehmen lassen können, zu einem neuen, frischen Schub verhelfen, sodass sich Mode zusammenwirkend in beiden Welten bestmöglich entfalten und ergänzen kann.