Baden durch die Jahrhunderte – Part 1

BikiniARTmuseum

Die offizielle Geburtsstunde des Bikini. alle Bilder ©BikiniARTmuseum

Autor: Markus Oess
Das BikiniARTmuseum in Bad Rappenau zeichnet die Geschichte der Bademode nach – vom biederen Badekostüm aus Wolle Ende des 19. Jahrhunderts bis zum ausgebufften Zweiteiler für den Mann in heutigen Zeiten. Wir haben das Museum gebeten, mit uns auf eine Zeitreise zu gehen. 

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Die Materialien für das mehrteilige Badekostüm rund um das frühe 20. Jahrhundert waren Wolle, Leinen oder Seide. Ein Badekostüm bestand zunächst aus Haube, Hut, langärmeliger Bluse, Korsett, einer langen über den Knöcheln geschnürten Hose sowie aus Strümpfen und Schuhen. Fehlte eines dieser Teile, passierte es, dass eine Frau wegen Verstoß gegen die Sittlichkeit verhaftet wurde. Auch im Badekostüm war das Schwimmen lebensgefährlich, da diese Bekleidung die Bewegungsfreiheit stark einschränkte und im Wasser viel zu schwer war. Obwohl das Tragen schwerer Stoffschichten im offenen Meer häufig Lebensgefahr nach sich zog, war bei Verstößen mit Denunzierungen und Bestrafungen zu rechnen.

 

1910 

Nach 1910 setzten sich überall nach und nach aus dünner Wolle gestrickte einteilige Trikots durch. Erstmals war nun die Bekleidung, die zum Baden getragen wurde, auch zum Schwimmen geeignet. Der Wolltrikotstoff war eng anliegend. Daneben wurden gerne zweiteilige Badeanzüge getragen. Die Hose endete etwa in der Mitte des Oberschenkels, das Oberteil ließ die Schultern bedeckt. Farbe hält Einzug in die Bademode: Gelb, Violett, Grün, Blau und Rot ersetzen die überwiegend schwarzen Modelle. 

Eine Dame posiert im Badeanzug vor einer Badekarre, die Frauen des 19. Jahrhunderts nutzten, um unbeobachtet ins Wasser zu gelangen. Die Männer tragen auf der Fotografie die für damalige Zeiten üblichen quer gestreiften oder einfarbigen, meist schwarzen Badeanzüge. Oostende, 1913. © BikiniARTmuseum

1920 

Der Beginn der industriellen Fertigung von Badeanzügen verlieh den Wolltrikotanzügen Elastizität und einen guten, eng anliegenden Sitz. Diese Schwimmbekleidung lag erstmals auch im nassen Zustand eng an und erzeugte ein geringeres Kältegefühl. Die Entwicklung von Gummi- und Kunstgarnen bescherte während der Dreißigerjahre nochmals ganz neue Möglichkeiten der Körpermodellierung. Inzwischen waren die Badeanzüge auch immer knapper geschnitten. Ende der Zwanzigerjahre war der Rücken komplett frei. Im Laufe der Zeit wurden die Hosenbeine auch in der Damenmode kürzer und der Rock verschwand bald gänzlich. Die Badeanzüge waren somit beinahe unisex, wenngleich Frauen meist zusätzlich Badehauben trugen.

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Gestreifter Strick-Badeanzug „Speed Suit“ für Männer, 1925, Label Bukta © BikiniARTmuseum

1930

Überall beginnen Frauen, Zweiteiler zu tragen. Das Oberteil ist im Aussehen an den Büstenhalter der Wäscheindustrie angelehnt. Das Unterteil hat sein Vorbild ebenfalls in der Gestaltung von Wäsche und ist eine miederartige Hose, die von der Taille bis zum Beinansatz reicht. In Deutschland verbietet 1932 jedoch der Zwickelerlass das Tragen sowie die Produktion von Zweiteilern. Für Herren gilt das Verbot des Zweiteilers nicht.

Einer der ersten französischen Zweiteiler aus dem Jahr 1936 © BikiniARTmuseum

1940

Am 5. Juli 1946 präsentiert der Franzose Louis Réard erstmals den Bikini der Weltöffentlichkeit. Da zu dieser Zeit die mediale Berichterstattung um die Atombombentests der US-amerikanischen Regierung auf dem Bikini-Atoll kreist, nennt er das Stück „Bikini“ – somit wird der revolutionäre knappe Zweiteiler mit der Sprengkraft einer Atombombe assoziiert. Der große modische Bruch ist die Freilegung des Bauchnabels, was zuvor als Tabu galt. Der Bikini soll allerdings noch fast zwei Jahrzehnte brauchen, ehe er sich in der Gesellschaft etabliert. 

Micheline Bernardini präsentiert Louis Reards Bikini am 05. Juli 1946 ©Gamma Rapho