Warum auch nicht?

Editorial

Markus Oess ©FT

Es gibt Collabs, die laufen gut. Es gibt einige, die laufen fantastisch, und eine Menge, die gar nicht gehen. Selten, dass eine Zusammenarbeit, wie die von adidas mit Kanye West, alle drei Daseinsformen innerhalb kurzer Zeit läuft. Der Absturz des Skandalrappers sorgt für einen Milliardenschaden bei der Marke mit den drei Streifen. Viel hilft halt doch nicht immer viel, sondern kann auch viel kosten. Der Fall zeigt jenseits der abseitigen antisemitischen Anwandlungen Wests, wie schnell die Stars und Sternchen dieser Welt einer Marke zu etwas mehr oder sehr viel mehr Ruhm verhelfen und wie schnell die Sache auch kippen kann. adidas hatte die Zusammenarbeit mit dem Rapper, der sich nun YE nennt, beendet und den Verkauf der Yeezy-Sneaker gestoppt. Dann kam doch der Verkauf der Lagerbestände. Und der lief besser als erwartet. Es gingen laut Financial Times Bestellungen im Wert von mehr als 508 Millionen Euro für etwa 4 Millionen Paar Turnschuhe ein. adidas wollte einen signifikanten Betrag der Einnahmen spenden. Gleichwohl hat der Skandal die Herzogenauracher einiges gekostet.

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Speziell in der Mode sind Collabs und gegenseitige Schützenhilfe sehr beliebt. Egal ob sich nun ARMANI und C.P. COMPANY für eine spezielle Kollektion zusammentun oder ARMANI mit dem Autobauer FIAT zusammenarbeitet, ob BRAX Ana Ivanović und Bastian Schweinsteiger für den positiven Imagetransfer anheuert oder der Keeper von Eintracht Frankfurt seine Ausflüge ins Modedesign in die Dienste von ABOUT YOU stellt, solange es passt und funktioniert, warum auch nicht?

Mit Stars werben hat Tradition und nicht erst, seit Kaiser Franz Beckenbauer die Suppe von Knorr ganz besonders lecker fand. Dank Social Media und dem Phänomen Influencer, das sich inzwischen bis auf Verästelungen herunterbrechen lässt, sind auch Kollaborationen auf ganz anderen Ebenen möglich, können auch Händler mit lokaler Prominenz Werbung für sich machen. Das ist sicher nicht das Schlechteste, wenn sich dank der Digitalisierung auch neue Kommunikationskanäle auftun, die es vor wenigen Jahren noch nicht gab. Und, by the way, Digitalisierung, Social Media und Algorithmen sind nicht per se schlecht, es sind immer noch die Menschen, die Dinge schlecht einsetzen und missbrauchen.

Themenwechsel. Wir haben uns mit Sourcingmessen beschäftigt, wir haben die modtissimo in Porto und die TEXHIBITION in Istanbul besucht. Beide Messen werben mit Nearshoring, gehen aber, was die Losgrößen und die Fertigungskompetenzen angeht, andere Wege. Während Portugal eher mit kleineren Fertigungseinheiten und Spezialisierung punktet, will die Türkei auch große Räder drehen. Für beides gibt es einen Markt. Wir waren auf der MICAM in Mailand unterwegs. Nach der erfreulichen Erholung der Messe und speziell der italienischen Schuhindustrie ziehen wieder Wolken auf, verdunkeln sich die Aussichten wieder. Und wieder einmal ist Resilienz gefragt, ein Wort, dessen Bedeutung vor wenigen Jahren auch nur wenige kannten. Wir haben die Vorsitzende der italienischen Assocalzaturifici, Giovanna Ceolini, zur Zukunft der italienischen Schuhindustrie befragt und wollten wissen, wie sie über die Notwendigkeit von physischen Präsenzplattformen denkt. Ihre sinngemäße Antwort: „Wir können uns nicht dematerialisieren“. Da hat sie recht.

Neugierde haben die zwei Branchengrößen Dieter Gambke und Uwe Bernecker mit ihrem Projekt WISE MANgeweckt, das in gewisser Weise eher einem Club ähnelt als einer Bekleidungsmarke. Jedenfalls ist die Zielgruppe der Babyboomer klar umrissen und die Marke positioniert sich optisch mit Uwe als Mustergröße entsprechend. Wir haben mit ihm über die Marke und die nächsten Schritte gesprochen. Da schimmert schon eine gewisse Altersmilde durch, die aber irdischen Genüssen nicht abgeneigt ist. Warum auch nicht?

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Ihr

Markus Oess