Im Camper nach Frankreich

Auf ein Kaltgetränk mit …

„Als großen Pluspunkt sehe ich den ständigen Wandel in der Mode. (...) Was die Kontras angeht, so macht es mich oft betroffen zu sehen, wie viele in der Branche zur Lethargie neigen. Ulrike Kähler, Managing Director Igedo Exhibitions

Autor: Andreas Grüter
Zum letzten Kaltgetränk dieses Jahres haben wir uns mit Ulrike Kähler, ihres Zeichens Managing Director der Düsseldorfer Igedo Exhibitions, getroffen. Bei einem gar nicht kalten Cappuccino unterhielten wir uns über Porto, Popmusik und Ziele für die kleinen und großen Fluchten. Was dabei herauskam? Lesen Sie selbst.

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FASHION TODAY: Schnaps, Bier oder Limo – was darf ich Ihnen anbieten?
Ulrike Kähler:
Zu dieser frühen Uhrzeit bleibe ich bei einem Cappuccino. Wäre es abends, würde ich mich vielleicht auch für den guten alten Killepitsch entscheiden. Ein traditioneller Düsseldorfer Kräuterschnaps. Perfekt als Digestif nach einem guten, kräftigen Winteressen.“

Endstation Mode. Wie sind Sie in die Branche gekommen?
„Meine Eltern haben mehrere Einzelhandelsgeschäfte für Herren-, Damen- und Kindermode betrieben. Ich bin dort quasi aufgewachsen und es ging so weit, dass ich teilweise meine Hausaufgaben im Schaufenster gemacht habe.“

Wissen Sie noch, was Sie als Kind werden wollten?
„Ich habe immer in meinem Kaufmannsladen gespielt und mir dabei gerne Geschichten rund um die Dinge überlegt, die ich verkaufen wollte. Mich in den Laden meiner Eltern zu stellen war dennoch keine Option. Ich fand den kommunikativen Aspekt aber super und habe mich dann direkt nach dem Abitur dazu entschieden, ins Messegeschäft zu gehen. Und da bin ich bis heute.“

„Zelt ist bei mir raus und im Sterne-Hotel fühle ich mich auch nicht richtig wohl. Trotz Modebranche brauche ich in meinem privaten Alltag diesen ganzen Glamour eher nicht.“

Eine berufliche Herausforderung, die Sie kicken würde?
„Ich bin beruflich eigentlich genau da, wo ich hinwollte und wo ich mich wohlfühle. Mich würde es vielleicht dennoch kicken, ein ganz neues Produkt aus der Taufe zu heben. Tief in die Branche eintauchen und ein großes Projekt für Düsseldorf angehen – das wäre eine Herausforderung, die mich schon reizen würde.“

Analoges oder digitales Leben? Wie halten Sie es mit Social Media?
„Ich wurde natürlich analog sozialisiert, aber als Mutter von zwei erwachsenen Kindern komme ich ums digitale Leben kaum herum. Ich bin mittlerweile gerne auf Instagram unterwegs und arbeite mit LinkedIn, wo ich mich auch beruflich mitteile. Und natürlich nutze ich WhatsApp, sowohl beruflich als auch privat, aber unterm Strich bin ich, was Social Media angeht, nach wie vor eher zurückhaltend. Das Analoge, also einfach die Präsenz, macht mein Berufsbild aus und ist für mich das Medium, das wirklich zählt.“

Wenn ich nicht gerade als Managing Director für Igedo Exhibitions unterwegs bin, vertreibe ich mir die Zeit mit …
„Mein Beruf ist auch ein Stück weit meine Berufung und das macht es manchmal schwer, komplett aus diesem Rahmen auszubrechen. Ich gehe gerne spazieren, verbringe, so oft es geht, Zeit mit meinen Kindern, gehe gern essen und besuche Kunstausstellungen. Dabei kann ich etwas anderes als Messe in den Kopf lassen und gut runterkommen.“

Wenn es nicht das Dorf mit Stadtstatus wäre, wo würden Sie sonst wohnen?
„Als Düsseldorfer Mädchen ist die Antwort hier gar nicht so einfach. Ich habe mal ein halbes Jahr in New York gelebt und bin natürlich im Laufe meiner Karriere auch ganz gut rumgekommen, aber wäre es nicht Düsseldorf, dann würde ich mich, was Deutschland angeht, wohl für Hamburg als Wohnsitz entscheiden. Über die Grenzen hinaus liebe ich Skandinavien und hier vor allem Stockholm und wenn es noch ein wenig weiter sein darf, würde ich mich sofort für Vancouver entscheiden.“

Ihre Pros und Kontras der Modebranche.
„Als großen Pluspunkt sehe ich den ständigen Wandel in der Mode. Jede Saison hat ihre eigenen Farbwelten und neue Kreationen und in jeder Saison bekommt man neuen Input und erfindet sich neu. Durch die Arbeit mit der Neonyt habe ich beispielsweise eine Community kennengelernt, die Mode ganz anders denkt. Es passiert immer etwas und nichts bleibt stehen, und das liebe ich an meinem Job. Was die Kontras angeht, so macht es mich oft betroffen zu sehen, wie viele in der Branche zur Lethargie neigen. Diese vielen Ängste und dieses Nicht-nach-vorne-Schauen finde ich manchmal traurig. Ja, ich weiß, die Zeiten sind schwierig und wahrscheinlich mache ich mich mit diesem Statement auch ordentlich angreifbar. Aber was bleibt denn ohne Veränderung von einer Branche übrig, die vom Wandel lebt? Die Tendenz zu Gleichheit und Uniformität nervt mich gewaltig. Leider kommen viele aktuell nicht aus dieser Schleife raus. Das ist schade. Da müsste sich in der gesamten Branche viel mehr tun und ich würde mir gerade eine Renaissance des kleinen Einzelhandels wünschen. Das würde auch unseren Innenstädten zugutekommen.“

Wohin fliehen Sie, wenn Ihnen die ganze Branche mal wieder gehörig auf den Zwirn geht?
„Dann geht es an die See nach Holland, und da genieße ich dann den Wind um die Nase und den Sand unter den Füßen. Freunde von mir haben dort einen Camper, in dem ich mich immer einnisten kann, wenn mir in Düsseldorf die Decke auf den Kopf fällt.“

Zelt, Camper oder Sterne-Hotel – wie erholen Sie sich im Urlaub, auch wenn es nicht nach Holland geht?
„Zelt ist bei mir raus und im Sterne-Hotel fühle ich mich auch nicht richtig wohl. Trotz Modebranche brauche ich in meinem privaten Alltag diesen ganzen Glamour eher nicht. Meine Wahl würde eindeutig auf den Camper fallen, nicht zuletzt, weil ich nach dem Abitur eine wunderbare Reise durch Nordamerika in einem Wohnmobil gemacht habe, die ich jederzeit wiederholen würde. Ich würde auch wahnsinnig gerne mit einem Camper Richtung Provence aufbrechen. Das ist ein Plan, der auf jeden Fall noch auf meiner To-do-Liste steht. Die Alternative zum Hotel sind für mich kleine Airbnbs. Da gibt es viele tolle und kreativ eingerichtete Unterkünfte zu entdecken.“

Mein aktueller Lieblingsort ist …
„Ich bin ganz frisch in die Stadt Porto verliebt, die ich im Rahmen eines Businesstrips für mich entdeckt habe. Eine tolle Architektur, süße Restaurants, und auch das Umland ist wunderschön. Im letzten Sommer habe ich Urlaub auf Sizilien gemacht und konnte da toll entspannen.“

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Worüber haben Sie das letzte Mal ausgiebig geflucht?
„Leider muss ich auch hier wieder auf die Branche zurückkommen. Man sitzt im Büro, feilt mit Herzblut an Projekten, versucht, Menschen zu überzeugen, gibt alles, tut und macht und reißt sich dabei das eine oder andere Bein aus und man kommt dann doch in diesem Moment nicht zusammen. Wütend macht mich auch, wenn nicht miteinander gearbeitet wird, sondern jeder für sich rumkröselt. Nach vorne heraus heißt es immer: Jetzt müssen wir aber wirklich alle gemeinsam … Und nach hinten raus wird aus dem Gemeinsam dann schnell ein Jeder-für-Sich. Wenn ich das sehe und spüre, kann man mich ordentlich laut fluchen hören. In meiner neuen Funktion als stellvertretende Vorsitzende des Fashion Net Düsseldorf versuche ich, da aktiv gegenzusteuern.“

Worüber haben Sie das letzte Mal schallend gelacht?
„Bei meinem runden Geburtstag im letzten Sommer hat mir meine Tochter zur Feier eine Fotobox geschenkt, wo meine Gäste sich fotografieren lassen konnten. Das war für mich das beste Geschenk. Da sind so geniale Szenen festgehalten worden. Diese Gesichter und die Gruppen, die sich zusammengetan haben. Wir haben Tränen gelacht und ich muss heute immer noch lachen, wenn ich durch das Fotobuch blättere.“

Luxus ist für mich …
„Ich bin begeisterte Skifahrerin und auch Skilehrerin und wenn ich auf den Bergen über den Wolken stehe und dann durch die frische Luft den Hang herunterfahren kann, ist das für mich Luxus pur.“

2024 kann …
„Es kann nur besser und positiver werden“

Hiervon könnte ich mich nie trennen.
„Personen, die ich liebe und schätze, und wenn ich einen Gegenstand nennen soll, dann wäre es ein Ring, den mein Vater mir kurz vor seinem Tod geschenkt hat. Wir hatten ein sehr enges Verhältnis und dieser Ring gehört ganz fest zu mir.“

Wenn ich das Rad der Zeit zurückdrehen könnte, würde ich Folgendes ändern.
„Ganz ehrlich? Gar nichts. Ich habe zwei tolle Kinder, ich habe ein tolles Familienleben und ich habe mich beruflich immer weiterentwickelt. Na gut, vielleicht würde ich doch noch einmal länger ins Ausland gehen. Statt sechs, dann doch zwölf Monate New York …“

Ich habe drei Wünsche frei und wähle …
„Wenn man ein gewisses Alter dankbar erreicht hat, bleibt es vor allem bei dem Wunsch nach Gesundheit und Energie. Meine Kinder würden jetzt wahrscheinlich sagen, dass ich dann wohl besser den Laptop zumindest an einem Tag der Woche zugeklappt lassen sollte, womit sie durchaus recht haben. Mein zweiter Wunsch wäre das Bewusstsein für das Alter und der dritte eine schöne Zeit im Alter mit der Familie. Dafür wäre ich dankbar.“

Mit Musik geht alles besser. Was sind die Top Five Ihres Alltags-Soundtracks?
„Meine aktuelle Playlist wäre ‚Komet‘ von Udo Lindenberg, ‚Dreaming‘, ein alter Song von Sting, den er jetzt im Duett mit P!NK singt, die ‚Cynical‘-Neuinterpretation vom Safri Duo und dazu kommt dann noch ein Querschnitt durch das Gesamtwerk von Adele und Bruno Mars.“

2023 war generell …
„Extrem umtriebig. Ich dachte, 2020 wäre hart gewesen, und dann kamen 2021 und 2022. 2023? Ich habe mehr gearbeitet als je zuvor, jeder Tag kam mit Überraschungen um die Ecke. Anstrengend? Ja!“

Und für Sie persönlich war 2023 …
„Mein Beruf und mein Privatleben greifen ineinander. Ich war hart durchgetaktet, aber hatte mir fünf einzelne freie Wochen im Kalender markiert. Mit dem Resultat, dass ich es ganze fünf Tage geschafft habe, dem Wahnsinn zu entfliehen.“

2024 kann …
„Es kann nur besser und positiver werden. Mich berühren natürlich auch die ganzen Kriege sehr. Wir hatten im Februar 2022 nach Corona wieder eine CPM in Moskau über die Bühne gebracht – unser bis dahin erfolgreichster internationaler Event seit 19 Jahren. Als wir dann am 24. Februar übermüdet, aber glücklich in Düsseldorf gelandet sind, wurden wir von der Nachricht von Putins Einmarsch in die Ukraine ‚begrüßt‘. Das hat auch bei der Igedo Exhibitions vieles durcheinandergeworfen, mit dem wir erst einmal umgehen mussten. Bei allem Wahnsinn würde ich mir wünschen, dass sich die Leute hierzulande öfter bewusst machen, wie gut es ihnen im Vergleich zu vielen anderen Menschen dann doch geht. Ich schaue jeden Tag neu nach vorne und engagiere mich ehrenamtlich. Ich hoffe damit einen kleinen Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten.“