Individualisierung, Automatisierung, Digitalisierung: Micro Factories sind das Thema für die Zukunft der Bekleidungsproduktion und damit im Fokus der kommenden Texprocess. Micro Factories sind der progressive Ansatz, über voll vernetzte Prozesse die Textilverarbeitung schneller, flexibler und nachhaltiger auszugestalten.
Das Kleine macht das Ganze groß und vernetzt die Textilproduktion auf einer völlig neuen Ebene. Kleinere Produktionseinheiten stehen allerdings nicht für einfache Prozesse, sie verbinden sich vielmehr zu einem komplizierten Fertigungsgebilde, das die textile Produktion für die Konsumenten individualisiert und sie dennoch weit flexibler und effizienter ausgestaltet. Es geht um Micro Factories. „Heute das Lieblingsdesign per App an den Hersteller senden und morgen den individuell designten und passgenauen Sneaker oder das Hemd anziehen. Das ist längst keine Zukunftsmusik mehr“, sagt Michael Jänecke, Director Brand Management Technical Textiles and Textile Processing bei der Messe Frankfurt. „Dahinter stehen jedoch komplexe Produktions-, Verarbeitungs- und Logistikprozesse. Micro Factories sind der progressive Ansatz, anhand voll vernetzter Prozesse die Textilverarbeitung schneller, flexibler und auch nachhaltiger, weil lokaler zu machen. Und gleichzeitig individualisierte Produkte herzustellen.“ Wie integrierte Textilverarbeitung funktioniert und wo Micro Factories schon heute zum Einsatz kommen, lässt sich auf der kommenden Texprocess in der praktischen Umsetzung erfahren.
On Demand und Virtual Reality
Wie schon bei der zurückliegenden Ausgabe der Texprocess geht die Messe in Zusammenarbeit mit den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) sowie Partnern aus der Industrie in der Halle 4.1 mit Digital Textile Micro Factories und damit voll vernetzten Produktionsketten live. Diesmal aber werden gleich fünf Produktionslinien aufgeschaltet: unter anderem für die Herstellung von Bekleidung, eines 3-D-gestrickten Schuhs sowie zur Verarbeitung technischer Textilien wie zum Beispiel für die Automobil- oder Möbelindustrie.
Virtuelle Prototypen und Kundeninteraktion
Gerade für die Modeindustrie spielt die Digital Textile Micro Factory eine ganz zentrale Rolle. Vom Kunden wird ein digitaler Zwilling erzeugt, der bei der Produktion von individualisierter und passgenauer Kleidung in den Entwicklungsabteilungen der Bekleidungsindustrie und zur Abstimmung mit Fertigungsbetrieben eingesetzt wird. Die Fashion-Linie zeigt die Stationen CAD/Design, Druck, Zuschnitt, Konfektion, Finishing und Labeling. Außerdem werden neue Ansätze zu sehen sein, wie 3-D-Bekleidungssimulationen mit direkter Datenübergabe in Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) verbunden werden. Statt wie bisher dem Kunden physische Muster der zu produzierenden Bekleidung zu präsentieren, werden diese virtuell visualisiert. So hat der Kunde noch während des Produktionsprozesses direkten Einfluss auf die Gestaltung der Teile. Eine echte Neuheit, denn diese Art der direkten Interaktion zwischen 3-D-Simulation von Bekleidung, der Darstellung in VR/AR auf der Hardware des Kunden und direkter Produktion wurde so noch nie gezeigt.
Partner der Fashion-Linie sind: Assyst (CAD/Design), Mitwill (Material), Caddon, ErgoSoft, Mimaki sowie Multi-Plot (Druck), Zünd (Zuschnitt), Juki (Konfektion), Veit (Finishing) und Vuframe (AR/VR).
3-D-Strick
Vom 3-D-Objekt zum fertigen Prototyp vergehen dank textilem additiven Fertigungsverfahren nur 18 Minuten. Auch im Strick-Segment kommen Micro Factories inzwischen zum Einsatz. Die Digital Textile Micro Factory der Texprocess und Techtextil bildet den Workflow ab, mit dem kundenspezifische Fußgeometrien direkt für 3-D-gestrickte Schuhoberstoffe genutzt werden. Die 3-D-Strick-Linie zeichnet den kompletten Ablauf von der 3-D-Modellentwicklung über die softwareseitige Interpretation des 3-D-Datensatzes in einem geometrietreuen Strickprogramm und die Entwicklung eines Designansatzes zur Erstellung der finalen Strickdaten bis zur Erstellung eines 3-D-gestrickten Prototyps nach.
Partner der 3-D-Strick-Linie ist STOLL.
Verarbeitung technischer Textilien
Das automatisierte und kundenindividuelle Verarbeiten von technischen Textilien bis zum fertigen Produkt steht bei einer weiteren Linie der Digital Textile Micro Factory 2019 im Vordergrund. Vorgestellt wird ein Zukunftsthema für die vernetzte Fertigung: ein On-Demand-Inkjetdruck und vernetzte Maschinen mit integrierter Sensorik, die in Bussysteme eingebunden sind. Ein Roboterarm sortiert Zuschnittteile vom Cutter in ein frei fahrendes Open Shuttle. Die Nähaufträge werden automatisiert zu den Nähstationen gebracht. Der Auftragsfortschritt wird dabei durch Tracing und Tracking im Fertigungsablauf an einzelnen Stationen durch Auto-ID festgehalten. Zusätzlich wird die Integration von kreativen Ideen aus der Cloud in die Herstellung von technischen Produkten gezeigt.
Partner der technischen Linie sind Mitwill (Design), ErgoSoft (RIP), Caddon (Farbmanagement), HP (großformatiger Inkjetdruck), Zünd (Zuschnitt), Dürkopp Adler (Vernetzung, Integration Open Shuttle, Nähtechnologie), Veit (Finishing), NEXT. robotics (Materialhandling).
Industrienahe Produktion smarter Textilien
Das Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen produziert darüber hinaus gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung in ihrer „Smart Textiles Micro Factory“ein smartes Kissen, das dem Nutzer mittels LEDs neue Interaktionsmöglichkeiten bietet. Die Projektpartner stellen damit die industrienahe Fertigung eines smarten Textils vom Design bis zum fertigen Produkt exemplarisch dar. Der Prototyp des Kissens wurde zuvor auf der Heimtextil 2019 vorgestellt.
An der „Smart Textiles Micro Factory“beteiligen sich das ITA (Projektkoordination), die Gerber Technology GmbH (Cutting), das Korea Institute of Industrial Technology KITECH (Elektronik), die VETRON TYPICAL Europe GmbH (Nähen), die Wear It Berlin GmbH (Produktdesign und Konzeption) und die ZSK Stickmaschinen GmbH (Stickerei).
Customizing von Bekleidung
Unter der Überschrift „World of Digital Fashion“haben sich sechs Unternehmen aus den Bereichen Visualisierung, CAD-Schnittsystem, automatische Körpermaßermittlung sowie Zuschnitt- und Prozessautomatisierung zusammengefunden. Sie zeigen die Integrations- und Kombinationsmöglichkeiten ihrer Produkte in verschiedenen Workflows innerhalb der Wertschöpfungskette und machen die digitale Prozesskette live erlebbar.
Partner der „World of Digital Fashion“sind: Browzwear Solutions und Tronog (Visualisierung), Software Dr. K. Friedrich (CAD), Fision (automatische Körpermaßermittlung), bullmer (Zuschnitt) sowie die Gertsch Consulting & Mode Vision (Prozessautomatisierung).
Einfach umsetzbar
Der Hersteller von Antrieben von Industrienähmaschinen Efka präsentiert in Zusammenarbeit mit dem CAD-Anbieter Gemini die Produktion eines Trikots, das individuell designt werden kann. Im Mittelpunkt steht die Verknüpfung mit der Nähproduktion, die eine heute schon wirtschaftliche, teilautomatisierte Lösung darstellt. Ein leicht umsetzbarer Ansatz, den Unternehmen bereits heute mit vorhandenen Ressourcen und Strukturen umsetzen können.