Handwerkskunst und die Liebe zu Schottland

CARLO JÖSCH COUTURIER

Reise in vergangene Zeiten (alle Bilder ©FT)

Autorin: Cordelia Albert

Das Geschäft CARLO JÖSCH COUTURIER ist Maßschneiderei und Laden in einem. Man kann sich hier Kleidungsstücke in wertiger Handarbeit fertigen lassen oder auch Pullover und Schals kaufen. Wir sind in die wunderbare Atmosphäre des Ateliers eingetaucht und haben mit dem liebenswürdigen Inhaber gesprochen.

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Ein bisschen ist es, als würde man eine Reise in vergangene Zeiten antreten: Wenn man die Tür zu CARLO JÖSCH COUTURIER öffnet, steht man direkt – wie zur Begrüßung – vor einer Schneiderpuppe. In wunderschönen alten Holzschränkchen sind hinter Glasfenstern Garnrollen nach Farben geordnet, Musterbücher mit den Stoffproben feinster Zwirne liegen aufgestapelt im hohen Regal, in weiteren Fächern warme Pullover und im oberen Bereich schließen sich Modebücher an. „Der Gentleman“, das Standardwerk der Herrenmode, steht hier ebenso wie Bildbände über Modedesigner, Illustratoren oder Standardwerke der Mode- und Kostümgeschichte. Am großen Arbeitstisch ist eine Bleistift-Anspitzmaschine befestigt und man fragt sich unweigerlich, wann man so etwas zuletzt gesehen hat. Dann nimmt das Auge Schnittmuster, Stoffe und Maßband wahr, unter dem Tisch Nesselstoff und im hinteren Bereich des Ladens ein großer Spiegel, Overlock und Bügelbrett.

Das ganze Geschäft strahlt Liebe zur Mode, Ruhe und Freundlichkeit aus, so wie der Inhaber – Carlo Jösch. Bei einem Glas Tee erzählt er von seinem Werdegang. Seine Wurzeln liegen in Chile, er ist Maßschneider, studierte in Mönchengladbach Bekleidungstechnik mit dem Schwerpunkt Bekleidungsgestaltung. Bereits im Studium arbeitete er in der Modebranche und gewann Preise bei Wettbewerben. Durch diese Kontakte kam er auch an seine ersten Aufträge und mietete sich in einem kleinen Atelier ein. „Seit dem Jahr 2000 bin ich jetzt hier in diesem Geschäft, das ich als Maßanfertigungsatelier für Damen- und Herrenkleidung sehe.“ Zum Team gehören zwei Auszubildende und ein gelernter Herrenschneider. „In der Regel nähen wir für Männer: Anzüge, Sakkos, Mäntel. Am meisten sind hochwertige Businessanzüge gefragt. Gerne werden Styles der 1930er- und 1940er-Jahre genommen, die ich dann modern für die heutige Zeit interpretiere. Mein Spezialgebiet sind die britische Schneiderkunst und die Verarbeitung von Tweed und Tartan, dem typisch schottischen Karomuster.“

Und wie kann man sich den Ablauf vorstellen? „Ich bespreche mit dem Kunden, was er möchte, und wir suchen aus den Musterbüchern den gewünschten Stoff. Dann wird vermessen, ich erstelle einen Schnitt und nähe ein Probeteil aus Nessel. Damit kann ich besser arbeiten, ich kann die optimale Passform prüfen und unproblematisch Korrekturen durchführen. Das ist gerade auch bei den teuren Stoffen von Vorteil.“ Die Aussage wird sofort verständlich: „Wir arbeiten auch im Luxusbereich und da gibt es Kunden, die suchen dann schon mal einen Stoff aus, der 1.000 Euro pro Meter kostet.“ Nachvollziehbar, dass man da erst einmal ein Probestück nähen will. Natürlich hat die aufwendige Schneiderkunst ihren Preis: Die Fertigung eines Anzugs kostet ab 3.700 Euro, mit Stoff fängt der Preis bei 4.900 Euro an. Auch wenn der Normalverbraucher da erst mal schluckt, bei den Kunden haben sich Qualität und Verarbeitungskunst rumgesprochen. Sie stammen inzwischen aus ganz Deutschland, einige auch aus dem europäischen Ausland, und sie kommen immer wieder. Viele besuchen das Geschäft in der Mohrenstraße, wenn sie beruflich in Köln sind. „Kunden, die zufrieden waren, lassen sich oft nach und nach die ganze Garderobe machen, bis sie dann alles haben und der Kleiderschrank voll ist“, hat Carlo Jösch festgestellt.

Doch auch Laufkundschaft findet den Weg ins Atelier, sie kommt aber eher wegen der Pullover und Schals. „Ich führe Schals aus Wolle und Kaschmir der englischen Traditionsmarke von Joshua Ellis und Pullover aus Shetland-Wolle der kleinen schottischen Manufaktur HARLEY OF SCOTLAND.“ Auch hier wieder die Liebe zur Tradition – und zu Schottland. Denn mit diesem Landstrich verbindet Carlo Jösch auch eine weitere Raffinesse der Fertigungskunst. Er näht für seine Kunden Kilts und ist Mitglied der schottischen Kiltmakers Association, wie die Urkunde beweist, die neben seinen anderen Abschlüssen und Auszeichnungen an der Wand hängt. Doch wie kommt man in Köln dazu, Schottenröcke zu nähen? Der Couturier lächelt: „Meine Liebe zu Schottland entstand schon in der Kindheit. Mit sechs, sieben Jahren fing ich an, das Land zu entdecken, seine Kultur zu lieben. Ich habe sogar Dudelsack gespielt. Und dann kam plötzlich ein Mann in mein Atelier und wollte einen Kilt haben. Zunächst habe ich mir die Fertigung gar nicht zugetraut, das ist nicht nur Stoff in Falten legen, das ist richtige Kunst. So habe ich erst einmal nach Bezugsquellen gesucht und kam in Kontakt mit einem Händler. Der hat mich an einen alten Kiltmaker vermittelt und dann bin ich in meinem Urlaub nach Schottland gegangen und habe vor Ort die Fertigung von der Pike auf gelernt. Wenn man einen Kilt richtig nähen will, dann heißt das 100 Prozent Handarbeit – Falten, Futter, alles. Es ist viel Arbeit, wenn es gut gemacht sein soll.“

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Die Kiltträger wissen das zu schätzen, denn die Interessenten kommen inzwischen sogar aus den Niederlanden und der Schweiz nach Köln. „Wir versuchen immer, das Beste zu machen. Das gilt für unsere Kilts wie für die anderen Kleidungsstücke.“ Qualität, Fertigungskunst und Nachhaltigkeit liegen Carlo Jösch sehr am Herzen. Nicht zuletzt deshalb hat er auch mit sieben anderen Maßschneidern den Interessenverband „Die Herrenschneider. Echte Handarbeit. Ehrliches Handwerk.“ gegründet. „Zusammen wollen wir das Bewusstsein für Wertarbeit in den Blick der Öffentlichkeit rücken. Wir stehen zur Vollmaßarbeit, wollen über unser Tun informieren und unser Wissen bekannt machen.“ Und das tut Carlo Jösch wie alles andere mit viel Herzblut.

Visitenkarte

Carlo Jösch Couturier
Suits – Coats – Kilts – Dresses
Mohrenstr. 12
50670 Köln
www.carlo-joesch.de