Fehlender Praxisunterricht

Ausbildung in der Industrie

©Alexandra Koch/Pixabay

Autorin: Cordelia Albert
Wie überall gibt es auch in der Industrieausbildung die Zeit davor und danach. Vor Corona kämpfte man bereits um Lehrlinge. Nun auch noch mit Berufsschulschließungen und dem Wegfall des praktischen Unterrichts. Wie die aktuelle Lage ist, erläutert Dr. Maria Rost, Leiterin des Bildungsreferats beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.

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„Alle IHK-Abschlussprüfungen wurden verschoben, da einfach zu viel Unterricht ausgefallen ist.“ Dr. Maria Rost, Leiterin des Bildungsreferats beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie ©photothek/imo

Fashion Today: Frau Dr. Rost, wie war die Ausbildungssituation in der Bekleidungsindustrie vor Corona?
Dr. Maria Rost: „Wie alle Branchen kämpft auch die Textil- und Modeindustrie um gute Schulabgänger. Immerhin haben wir im Schnitt 2.300 junge Menschen jedes Jahr vor Corona ausgebildet. Dabei gibt es ganz vielfältige Einsatzbereiche: im Textillabor, in der Produktveredlung oder in der Maschinen- und Anlagenführung. Viele Jugendliche sind überrascht über die Bandbreite der Berufsmöglichkeiten in unseren mittelständischen Unternehmen. Deshalb haben wir auch unser Online-Portal GO TEXTILE!. Rund 300 Unternehmen und Bildungseinrichtungen informieren dort über ihre Ausbildungsangebote. Schüler und Eltern können passgenau für ihre Region nach Ausbildungsunternehmen suchen. Das Schöne an GO TEXTILE! ist auch, dass wir hier zeigen können, was die deutsche Textil- und Modeindustrie alles zu bieten hat und wie innovativ die Branche ist. Das macht viele Jugendliche neugierig.“

Dann kamen Corona und der Lockdown: Welche Probleme gab es?
„Mit dem Lockdown mussten natürlich auch die Berufsschulen schließen und soweit möglich auf Online-Unterricht umstellen. Ausbildungsmessen und Infotage an Berufsschulen, Universitäten und Fachschulen mussten abgesagt werden. Mit den ersten Lockerungen gab es dann wieder die Gelegenheit, bis zu den Sommerferien gestaffelt Präsenzunterricht anzubieten. An Unis und Berufsschulen wird das Sommersemester weitgehend digital durchgeführt. Aber gerade die praktischen Erfahrungen bei Projekten an den Berufsschulen fehlen, das ist für viele Auszubildende ein echtes Defizit.“

Hat Corona Auswirkungen auf die Abschlussprüfungen der Auszubildenden?
„Ja, alle IHK-Abschlussprüfungen wurden verschoben, da einfach zu viel Unterricht ausgefallen ist und den Prüflingen jede Menge praktische und theoretische Unterrichtseinheiten fehlen.“

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Wie ist dann der aktuelle Stand im Ausbildungsbereich?
„Derzeit stabil. Für das Wintersemester 2020/21 gibt es aufgrund der aktuellen Corona-Situation Änderungen beim Start und Ende der Bewerbungsfristen. Darüber informieren wir auch auf GO TEXTILE!. Hier können Azubis nach aktuellen Ausbildungsplätzen Ausschau halten. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage suchen viele Unternehmen gute Azubis.“

Sind denn schon Folgen der Corona-Krise sichtbar, beispielsweise Kündigungen oder Verschiebungen von Ausbildungsverträgen?
„Genau können wir das erst im Herbst sagen, wenn der DIHK die Zahl der Ausbildungsverträge veröffentlicht. Nach allem, was wir hören, engagieren sich unsere Unternehmen trotz großer wirtschaftlicher Sorgen nach Kräften, ihre Auszubildenden zu unterstützen, sie für die Prüfungen vorzubereiten und auch beim digitalen Lernen behilflich zu sein.“

Gibt es seitens der Unternehmen Vorschläge, wie man sie unterstützen kann?
„Wir halten es für wichtig, dass auch kleine Berufsschulklassen mit weniger als den bisher strikt vorgeschriebenen zwölf Azubis geöffnet werden können. Unternehmen müssen außerdem mehr dabei unterstützt werden, bundeslandübergreifend zusammenzuarbeiten, um Fachklassen, wie beispielsweise die der Schuhfertiger, zusammenzubekommen.“

Weitere Infos: www.go-textile.de