Shannon And The Clams – Year Of The Spider

GEHÖRT – GEKAUFT

Shannon And The Clams kriegen auch deutliche Stilsprünge locker hin, sind beim knackigen Sixties-Rock aber am besten aufgehoben. ©Kristin Cofer

Autor: QK

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Sechstes Album der Band aus Oakland mit der charismatischen Shannon Shaw im Mittelpunkt. Die Band firmierte einst unter Garage Punk, hat inzwischen aber die Grenze zu erweiterten Pop-Horizonten überschritten. Die Stimme durchaus herb und eckig, der Sound aber nur noch teilweise mit Sixties-Orgel und Fuzz-Riffs, dafür geht die Reise wahlweise in Richtung Phil-Spector-Teenpop-Drama, Torch Song à la Holly Golightly oder auch mal blanken Indie Pops. Shannon And The Clams kriegen auch deutliche Stilsprünge locker hin, sind beim knackigen Sixties-Rock aber am besten aufgehoben. So ist „Midnight Wine“ ein echtes Highlight: mit Groove und Hookline, aber eben im Vintage-Sounddesign. In lauteren Momenten durchaus in Richtung Detroit Cobras, oft aber auch ruhiger, glatter, reifer, kommerzieller im besten Sinn. Die Vocal-Arrangements sitzen perfekt, die Instrumentierung ist cool und variabel. Punk? Eher nicht mehr, dafür wird gekonnt aus der kalifornischen Rockgeschichte zitiert. Vielleicht liegt es auch an den Support-Gigs für The Black Keys und Greta Van Fleet? Jedenfalls ist das Album mit Dan Auerbach in dessen Easy Eye Sound Studio entstanden, was man auch heraushören kann. Überzeugend finde ich den lässigen Umgang mit so unterschiedlichen Styles wie R&B, viel Sixties-Girlpop, Doo Wop und sogar Surf. Vintage-cool und von reifer Schönheit.

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Big Red Machine – How Long Do You Think It’s Gonna Last?

Big Red Machine ist das sich stets wandelnde und wachsende Projekt von Aaron Dessner (The National) und Justin Vernon (Bon Iver). Das neue Album „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ wurde von Dessner in seinem Long Pond Studio in Upstate New York produziert und zelebriert in 15 Songs seine kreative Partnerschaft mit Vernon und einigen illustren Gästen, unter anderen Taylor Swift, Ben Howard, Robin Pecknold (Fleet Foxes), Sharon Van Etten, Lisa Hannigan. Aaron Dessner hat immer wieder nach einem emotionalen Ventil und einer tiefen menschlichen Verbindung durch die Musik gesucht – sei es als Songwriter bei The National, als Gründer und Kurator von Musikfestivals, die durch kreative, ungewöhnliche Kollaborationen geprägt sind, oder als Mitwirkender an zwei hochgelobten Taylor-Swift-Alben, die während der Pandemie in völliger Isolation in Long Pond aufgenommen wurden.

Big Red Machine ist das sich stets wandelnde und wachsende Projekt von Aaron Dessner (The National) und Justin Vernon (Bon Iver).  ©Graham Tolbert

Auf „How Long Do You Think It’s Gonna Last?“ sind viele von Dessners früheren Kollaborateur(inn)en und Freund(inn)en zu Gast und setzen den gegenseitigen Austausch von Ideen fort, der seine kreative Community ausmacht. Die Songs enthalten Beiträge von Robin Pecknold von den Fleet Foxes („Phoenix“), Ben Howard & This Is The Kit („June’s a River“), Naeem („Easy to Sabotage“), Sharon Van Etten, Lisa Hannigan und Shara Nova von My Brightest Diamond („Hutch“, ein Stück, das von Dessners verstorbenem Freund, dem Frontmann von Frightened Rabbit, Scott Hutchison, inspiriert wurde) und Taylor Swift selbst („Birch“ und „Renegade“; letzteres wurde im März 2021 in Los Angeles im Kitty Committee Studio aufgenommen, in derselben Woche, in der Swift und Dessner den GRAMMY für das Album des Jahres für „Folklore“ gewannen). Sein Bruder Bryce Dessner steuerte die Orchestrierung bei. „Das ist alles Musik, die ich ursprünglich geschrieben habe und mit der ich mich emotional verbunden fühle, aber es war sehr interessant zu hören, wie sich verschiedene Menschen darauf beziehen und wie verschiedene Stimmen damit interagieren“, sagt Dessner, der zum ersten Mal auch selbst den Gesang bei drei Tracks übernimmt. „Das ist es, was es besonders macht. Bei allen, die auf dieser Platte mitwirken, gibt es eine Offenheit, eine kreative Großzügigkeit und eine emotionale Qualität, die alles miteinander verbindet.“

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Colleen Green – Cool

Cooler California College Pop. Colleen Green war schon immer cool, aber auf „I Want to Grow Up“ von 2015 fühlte sie sich nicht unbedingt so. Zu jung, um frei von Unsicherheiten zu sein, aber alt genug, um es sattzuhaben, dass diese ihr Leben bestimmen, befand sich Green in einer existenziellen Krise. Fünf Jahre und ein neues Album später findet sie heraus, was es bedeutet, erwachsen zu sein – und stellt fest, dass es eigentlich ziemlich cool ist. Der Opener „Someone Else“ ist ein Lobgesang auf die Macht, in dem Green einen Liebhaber wissen lässt, dass Doppelmoral in beide Richtungen gehen kann. Ein grooviger Bass-Loop und zickzack laufende Gitarrenlinien unterstreichen ihre Erkenntnis, dass sie ihr Glück selbst in der Hand hat, und schon ist die Stimmung da. Als Nächstes folgt das witzige, eingängige „I Wanna Be a Dog“, in dem Green die Einfachheit eines Hundelebens feiert und sich fragt, warum sie ihr eigenes Leben immer noch zu kompliziert gestaltet.

Das düstere und aalglatte „Highway“ nutzt rücksichtsloses Autofahren als Metapher für einen Lebensstil, der sie nicht mehr interessiert.  Colleen Green ©Jenna Lemeiux

Das düstere und aalglatte „Highway“ nutzt rücksichtsloses Autofahren als Metapher für einen Lebensstil, der sie nicht mehr interessiert. Ausgebrannt von schlechten Gefühlen und bereit, Spaß an Melodien und Beats zu haben, holte sich Green den Produzenten Gordon Raphael (The Strokes) ins Boot, um ihre Songs auf ein höheres Niveau zu heben und gleichzeitig ihre Lo-Fi-Ästhetik zu bewahren. Raphael war bereits ein Fan, denn er hatte eine Show in L.A. gesehen und war „beeindruckt, wie selbstbewusst und kraftvoll sie wirkte, obwohl sie die Einzige auf der Bühne war“. Er stimmte zu und zusammen mit dem Schlagzeuger Brendan Eder und dem Hip-Hop-Produzenten Aqua entstand in einigen Wochen in Los Angeles Cool. Die Themen des Albums kommen in der Hymne „It’s Nice to Be Nice“ zusammen, Greens Erinnerung an sich selbst, dass man bekommt, was man gibt, und es daher wichtig ist zu versuchen, der beste Mensch zu sein, den man geben kann – eine hart erkämpfte, aber wichtige Lektion in der emotionalen Reife, die Cool ausmacht.

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