Szenario der Entkopplung?

Ausblick

„China will weiterhin ein wichtiger Teil der Weltwirtschaft sein.“ Dr. Wan-Hsin Liu, Senior Researcherin am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel). ©IfW (Kiel Institut für Weltwirtschaft)

Autorin: Eva Westhoff
„China ist und bleibt ein wichtiger Partner.“ Mit diesen Worten leitete Olaf Scholz den Gastbeitrag in der FAZ ein, der im Vorfeld seiner China-Reise im November letzten Jahres publiziert wurde. Auch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat sich anlässlich des Besuchs des deutschen Bundeskanzlers für eine intensivere Zusammenarbeit der beiden Länder ausgesprochen. Dem entgegen stehen nicht nur geopolitische Konflikte und die Sorge vieler westlicher Nationen vor einer wachsenden Dominanz und Einflussnahme Chinas angesichts des weltumspannenden Infrastrukturprojekts „Neue Seidenstraße“, sondern auch der dringende Verdacht massiver Menschenrechtsverletzungen an Hunderttausenden Uiguren, der sich mit den geleakten „Xinjiang Police Files“ erhärtet hat – ein besonders alarmierendes Beispiel für eine Politik des kommunistischen Regimes, die sich unter Xi Jinping vielfach als zunehmend repressiv darstellt und so nicht toleriert werden kann. Was bedeutet dies für die internationalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen? Ein Gespräch mit Dr. Wan-Hsin Liu, die als Senior Researcherin am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) zu den Schwerpunkten China und Globalisierung forscht.

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FT: Frau Dr. Liu, wie beurteilen Sie Chinas globalen Infrastrukturplan „Belt and Road Initiative (BRI)“, auch bekannt als „Neue Seidenstraße“? Inwieweit ist damit der Versuch verbunden, eine Vormachtstellung im internationalen Handel zu erlangen, gerade auch vor dem Hintergrund des Handelsstreits mit den USA?
Dr. Wan-Hsin Liu: „Die ,Belt and Road Initiative (BRI)‘ wurde ins Leben gerufen, weil China seit 2012 eine spürbar sinkende Wachstumsrate hat und daher zusätzliche Wachstumstreiber braucht. Die BRI sollte China dabei helfen, neue Geschäftspartner und Geschäftsmöglichkeiten im Ausland zu gewinnen, die neue Wachstumsimpulse bringen und die Nachfragelücke schließen, die insbesondere die westlichen Länder im Zuge der Finanzkrise 2008 und der anschließenden Rezession hinterlassen haben.

Chinas Präsident Xi Jinping hat 2013 während zweier Besuche in Kasachstan und in Indonesien die Idee vorgestellt, zusammen mit anderen interessierten Ländern einen Wirtschaftsgürtel entlang der historischen Seidenstraße und eine maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts aufzubauen. Das war die erste öffentliche Vorstellung der Kernidee der BRI. 2015 folgte dann das erste offizielle Dokument zur BRI ,Vision und Aktionen für den gemeinsamen Aufbau eines Wirtschaftsgürtels entlang der Seidenstraße und einer maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts‘.

Auch wenn China immer betont hat, dass die BRI auch dazu beitragen sollte, den internationalen Wohlstand im Allgemeinen und das Wachstum der beteiligten Länder zu erhöhen, dient sie in erster Linie eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen. Dazu gehören beispielsweise die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums und des Exports des Landes, der Abbau von Überkapazitäten insbesondere in Bausektoren, eine bessere Kontrolle internationaler Transportnetzwerke vor allem zwischen Asien und Europa sowie die Förderung der Rolle der chinesischen Währung Renminbi (RMB) im internationalen Zahlungsverkehr.

Der Handelsstreit zwischen China und den USA, der erst seit 2018 wirklich andauert, gibt China einen weiteren Grund, intensiv daran zu arbeiten, seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss im Ausland, insbesondere in den Entwicklungsländern in Asien und Afrika, weiter zu stärken und auszubauen. Und hier ist die BRI ein für China sehr passendes Dachprogramm.“

Inwieweit ist die Sorge berechtigt, dass die chinesische Regierung mit Xi Jinping an der Spitze die Entkopplung vom Westen insgesamt vorantreiben wird? Auch eine Initiative wie die 2015 von der chinesischen Regierung vorgestellte „Made in China 2025“-Strategie (MIC25) ließe sich ja dementsprechend interpretieren.
„Der Handelsstreit zwischen China und den USA mit einigen Runden der gegenseitigen Erhöhung von Importzöllen hat Chinas Bemühungen verstärkt, seine größte wirtschaftliche Schwäche, nämlich die noch immer bestehende Abhängigkeit von vielen technologisch anspruchsvollen beziehungsweise hochqualitativen Produkten aus dem Ausland, mittel- und langfristig erfolgreich zu bekämpfen. In dem 14. Fünfjahresplan, der 2021 veröffentlicht wurde, geht es daher vor allem um Folgendes: erstens die technologische Innovationsfähigkeit Chinas und seine Eigenständigkeit in Wissenschaft und Technologie zu fördern und zweitens die chinesische Binnenwirtschaft als Hauptstütze eines neuen Entwicklungsmusters, nämlich der ,dualen Zirkulation‘, zu stärken. Letzteres bedeutet: Auf der Grundlage eines stärkeren und dynamischeren Binnenmarktes sollen sich die Binnenwirtschaft und die Außenwirtschaft in ihrer Entwicklung gegenseitig fördern.

Heimische Innovation, heimische Produktion und heimische Nachfrage haben somit Priorität. Dennoch kann man nicht von einer ,Entkoppelung‘ sprechen. Denn China will weiterhin ein wichtiger Teil der Weltwirtschaft sein. Seine Binnenwirtschaft soll zwar unabhängiger werden und sich damit dem Einfluss des Auslands weiter entziehen, aber die Abhängigkeit anderer Länder von China kann aus Sicht der chinesischen Regierung ruhig weiter zunehmen.

Dass China heimische Innovationsfähigkeit fördert, ist natürlich nichts Neues. Die ,Made in China 2025‘-Strategie (MIC25) hat dies politisch untermauert. Mit dieser Strategie und der entsprechenden massiven finanziellen Unterstützung will China seine Produktionsbasis stärken, global wettbewerbsfähige Unternehmen entwickeln. Schließlich soll das Land bis 2049 eine weltweit führende Supermacht in der Produktion und in der Innovation werden. Im Vergleich zur MIC25 ist der 14. Fünfjahresplan noch stärker inlandsorientiert und legt den Fokus auf die Eigenständigkeit der Binnenwirtschaft.“

In einer repräsentativen Konjunkturumfrage des ifo Instituts vom Februar 2022 erklärten 46 Prozent der Industrieunternehmen und über 40 Prozent der Unternehmen im Handel in Deutschland, auf Vorleistungen aus China angewiesen zu sein. Fast jedes zweite dieser Unternehmen gab jedoch an, die Importe aus China reduzieren zu wollen. Als Grund nannten 79 Prozent, die Lieferketten stärker diversifizieren und so Abhängigkeiten vermeiden zu wollen. Sind solche Pläne nachvollziehbar und sind sie zielführend, auch im Sinne eines Reshorings oder Nearshorings?
„Deutsche Unternehmen sind gut und intensiv in den globalen Lieferketten integriert. Das heißt, dass sie Ressourcen, Teile und Vorprodukte von dort beziehen und dort produzieren lassen, wo diese Güter preisgünstig und/oder qualitativ gut angeboten beziehungsweise hergestellt werden können. Und China ist in den letzten Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil der globalen Lieferketten geworden. Das Land ist zu einem Welthandelsriesen aufgestiegen und heute für circa 15 Prozent der globalen Güterexporte verantwortlich.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass ein großer Anteil von Unternehmen in Deutschland, vor allem die aus dem verarbeitenden Gewerbe, auch Vorleistungen aus China bezieht. Es ist ein Ergebnis der intensivierten wirtschaftlichen Verflechtungen sowohl weltweit als auch zwischen Deutschland und China.

Intensive wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Ländern sind grundsätzlich nicht problematisch, wenn die Länder weiterhin einander verstehen und vertrauen sowie sich aufeinander verlassen können. Diese Voraussetzung ist aber heutzutage immer schwieriger zu erfüllen. Der Handelsstreit, die zunehmende protektionistische Tendenz sowie die steigenden (geo-)politischen Anspannungen und nicht zuletzt die Unterbrechungen in den globalen Lieferketten durch die Pandemie (und die harten und lang andauernden Lockdowns) veranlassen die Unternehmen in der Tat, über Diversifizierungsstrategien nachzudenken. Daher ist es verständlich, dass die Unternehmen ihre Importe aus China in der Zukunft reduzieren möchten.

,Reshoring‘ beziehungsweise ,Nearshoring‘ ist allerdings nicht zielführend und kann zu einem großen Wettbewerbsnachteil führen. Bei einer Diversifizierungsstrategie können Unternehmen beispielsweise daran arbeiten, einen Teil ihrer aus China importierten Vorleistungen in der Zukunft woanders zu beziehen. Dieses ,Woanders‘ kann in Europa sein, muss es aber nicht. Außerdem hat Diversifizierung nicht nur eine Option, sie betrifft unterschiedliche Aspekte der Geschäftstätigkeit und kann auf verschiedene Weise umgesetzt werden. Diversifizierung soll den Unternehmen dabei helfen, geschäftliche Risiken zu reduzieren, und mehr Flexibilität und Reaktionsspielraum insbesondere in Krisenzeiten ermöglichen. Sie können zum Beispiel das Produktangebot erweitern oder anpassen, um neue oder weitere Beschaffungs- und Absatzmärkte zu erschließen. Darüber hinaus können sie auch an langfristigen zuverlässigen Partnerschaften mit Zulieferern aus verschiedenen Ländern arbeiten.“

Richten wir den Blick auf den asiatischen und den afrikanischen Kontinent. Wie weit gehen hier die Abhängigkeiten, die sich aus der „Belt and Road Initiative“ ergeben? China tritt auf diesen Kontinenten ja nicht nur als Handelspartner, sondern auch zunehmend als Kreditgeber auf.
„Die Abhängigkeiten im Zusammenhang mit der BRI gehen in der Tat über den Handel zwischen China und den betroffenen Ländern in Asien und in Afrika hinaus. Finanzielle Abhängigkeit ist hier zum Beispiel auch ein Thema – sei es aufgrund von chinesischen Krediten für die Großinfrastrukturprojekte, von Direktinvestitionen der chinesischen Unternehmen oder von Entwicklungshilfe aus China in den betroffenen BRI-Ländern. Einige BRI-Länder, insbesondere die kleineren und ärmeren, haben sich auf BRI-Projekte und Finanzierungskonditionen eingelassen, die sie in ihren finanziellen Möglichkeiten überfordern beziehungsweise überfordern könnten. In Extremfällen könnten die betroffenen Länder in einen Teufelskreis geraten, der dazu führt, dass sie finanziell, wirtschaftlich sowie letztendlich auch politisch immer abhängiger von China werden.“

In Bezug auf China und die EU ist auch die Rede von einer Asymmetrie der wirtschaftlichen Abhängigkeiten. Damit ist nicht nur die Abhängigkeit der EU von wichtigen Rohstoffen wie seltenen Erden aus China gemeint. Ein Ungleichgewicht besteht auch bei den Direktinvestitionen. EU-Unternehmen investieren mehr in China als chinesische Unternehmen in der EU. Ende 2020 haben die EU und China eine politische Einigung über ein Umfassendes Investitionsabkommen (Comprehensive Agreement on Investment, CAI) erzielt. Es soll unter anderem erzwungenen Technologietransfer verhindern und den EU-Unternehmen fairere Wettbewerbsbedingungen sichern. Umgekehrt sollen chinesische Investoren beispielsweise Zugang zum europäischen Energie-Binnenmarkt erhalten. Wie wichtig ist ein solches Abkommen aus europäischer Sicht?
„Allein die ,grundlegende‘ Einigung zwischen der EU und China über ein Umfassendes Investitionsabkommen Ende 2020 war ein Meilenstein für sich, auch wenn das CAI nach einigen Monaten auf Eis gelegt wurde. Schließlich haben die bilateralen Verhandlungen über das CAI sieben Jahre lang gedauert. Wichtige Vereinbarungen konnten erzielt werden, allerdings bleibt das CAI hinter ursprünglichen Zielen der EU zurück.

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Das CAI verspricht signifikante Verbesserungen hinsichtlich des Marktzugangs und fairerer Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen in China, was fördernd für die Investitionen und Geschäftstätigkeiten europäischer Unternehmen in China sein könnte. Durch ein Inkrafttreten des Abkommens mit seinen zusätzlichen Transparenzanforderungen und Streitbeilegungs- und Durchsetzungsmechanismen würde es für die EU auch leichter, die Einhaltung der versprochenen Marktzugangsverpflichtungen von China einzufordern. Zugleich würde es für China schwieriger, bereits gemachte Zusagen einseitig zurückzunehmen. In einer Zeit erheblicher wirtschaftlicher und politischer Spannungen zwischen der EU und China und zunehmender geopolitischer Konflikte weltweit wäre dies ein Vorteil.

Auf der anderen Seite muss aber auch betont werden, dass Chinas zusätzliche Marktzugangsverpflichtungen selektiv sind. Sie betreffen einige ausgewählte Sektoren und die Liberalisierungsverpflichtungen sind teilweise eher eng gefasst. Und Chinas Verpflichtungen in Bezug auf Subventionen bleiben kraftlos. Beispielsweise fehlen noch Regeln, die Subventionen, die sich besonders negativ auf die Investitionsinteressen der anderen Partei auswirken könnten, verbieten oder beschränken würden. Es gibt außerdem keine Vereinbarung zur Einführung moderner Investitionsschutzstandards und zum Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren.“

Die Ratifizierungsgespräche zum CAI wurden im Mai 2021 vom Europäischen Parlament auf Eis gelegt, nachdem die EU gegen China wegen Menschenrechtsverletzungen an der muslimischen Minderheit der Uiguren in Chinas Nordwesten Strafmaßnahmen erlassen und China darauf mit Sanktionen geantwortet hatte. Die „Xinjiang Police Files“, geleakte, vielfach auf ihre Echtheit geprüfte Polizeiakten untermauern, dass in der Region Xinjiang Menschen in Lagern interniert und gefoltert wurden. Wie stehen angesichts dieser Erkenntnisse die Chancen, dass es je zu einer Ratifizierung des CAI kommt? Und wie schätzen Sie die Aussichten ein, dass die im CAI festgeschriebenen Verpflichtungen zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards von China tatsächlich eingehalten würden?
„Angesichts der wirtschaftlichen und politischen Spannungen zwischen der EU und China und der politischen Diskussionen in Deutschland und in der EU, die davon zeugen, dass China immer mehr als Konkurrent und vor allem als systemischer Rivale betrachtet wird, denke ich, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass der Ratifizierungsprozess des CAIs in der absehbaren Zeit wieder aufgenommen wird.

Im CAI verpflichtet sich China dazu, Schutzstandards in den Bereichen Umwelt und Arbeit weder für protektionistische Zwecke zu nutzen, noch diese Standards abzusenken, um Investitionen anzuziehen. Außerdem verpflichtet es sich, die von ihm bereits ratifizierten multilateralen Umweltabkommen und grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation effektiv umzusetzen.

Bezüglich der beiden grundlegenden IAO-Übereinkommen zur Zwangsarbeit hatte sich China zunächst lediglich verpflichtet, ,fortgesetzte und nachhaltige Anstrengungen‘ zu deren Ratifizierung zu unternehmen. Die überraschende Tatsache, dass China die beiden Übereinkommen im April 2022 doch noch ratifiziert hat, deutet darauf hin, dass diese im CAI vereinbarte Verpflichtung von China – zumindest formal – nicht schwer einzuhalten ist. Das kann gleichzeitig auch implizieren, dass die Vereinbarungen zu Arbeits- und Umweltstandards im CAI noch eher schwach sind. Dennoch wäre das CAI das erste bilaterale Abkommen überhaupt, in dem China solche Verpflichtungen eingeht. Außerdem schafft das CAI einen spezifischen Konsultationsmechanismus. Im Fall von Streitigkeiten wäre es dann möglich, die Zivilgesellschaft einzubinden, ein Gremium unabhängiger Expertinnen und Experten mit der Untersuchung zu beauftragen und dessen Untersuchungsbericht zu veröffentlichen. Dieser Konsultationsmechanismus könnte zur Einhaltung der vereinbarten Standards beitragen. Allerdings bleibt die tatsächliche Durchsetzungsmöglichkeit dieses spezifischen Konsultationsmechanismus noch unklar.“

China ist der weltweit größte Exporteur von Textilien und Bekleidung. Sämtliche Produktionsstufen sind hier beheimatet, angefangen vom Rohstoffanbau. Knapp 90 Prozent der chinesischen Baumwolle werden in Xinjiang produziert, rund ein Fünftel der weltweiten Produktion. Bei der Baumwollernte besteht konkret der Verdacht der Zwangsarbeit. Auf Basis des neuen Lieferkettengesetzes hat eine Menschenrechtsorganisation in diesem Zusammenhang erstmals Strafanzeige gegen deutsche Firmen gestellt. Inwieweit können Textilunternehmen und auch Konsumentinnen und Konsumenten durch ihr Geschäfts- beziehungsweise Kaufverhalten Einfluss auf diese Menschenrechtsverletzungen nehmen?
„Der Einfluss des deutschen Lieferkettengesetzes mit seiner jetzigen Regelung ist begrenzt. Zum einen gilt das Gesetz ab Januar 2023 zuerst nur für Großunternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitenden in Deutschland. Viele deutsche Unternehmen im Textil- beziehungsweise Modesektor sind viel kleiner und daher nicht gleich von dem Gesetz betroffen. Zum anderen haben die betroffenen Großunternehmen nach dem jetzigen Gesetz umfassende Sorgfaltspflichten in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit und bei ihren unmittelbaren Zulieferern. Bei mittelbaren Zulieferern müssen die Unternehmen dann aber erst tätig werden, wenn sie Anhaltspunkte für Menschenrechtsverletzungen haben.

Das impliziert, dass man sich nicht allein auf das Lieferkettengesetz verlassen kann, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen weitmöglichst zu vermeiden. Um Einfluss diesbezüglich zu nehmen, ist das Verantwortungsbewusstsein sowohl der Textilunternehmen als auch der Verbraucherinnen und Verbraucher entscheidend. Nur wenn Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbraucher das Problem der Menschenrechtsverletzungen wirklich wahrnehmen und verinnerlichen, werden sie zum Beispiel bereit sein, mehr Geld für die menschenwürdige Herstellung und für nachhaltige Produkte auszugeben.“

Noch einmal zurück zum Masterplan „Made in China 2025“. Damit verbunden ist auch das Vorhaben, energie- und ressourceneffizienter und insgesamt nachhaltiger zu werden, unter Nutzung innovativer Technologien. Wie weit ist China hier und kann diese Entwicklung zu einem intensiveren internationalen Wettbewerb im Bereich Innovation und Nachhaltigkeit führen?
„In der Tat geht es hier auch um grüne Entwicklung, nämlich höhere Energie- und Ressourceneffizienz insbesondere bei der industriellen Produktion. China ist heutzutage die führende Nation bei der Produktion von Solarmodulen. Nach der Internationalen Energieagentur liegt der Anteil Chinas an allen Fertigungsstufen von Solarmodulen bei über 80 Prozent. China spielt auch eine wichtige Rolle als Hersteller von Batterien für E-Mobilität, die ein Kernbestandteil für Elektro-Fahrzeuge sind. Die Nachhaltigkeitsförderung gehört zu den langfristigen Entwicklungsschwerpunkten der chinesischen Regierung. Angesichts der bisherigen bekannten Erfolge ist zu erwarten, dass China und chinesische Unternehmen wettbewerbsfähiger in weiteren Produkten und Sektoren im Bereich nachhaltiger Produktion werden können. Diese Entwicklung könnte zu einem intensiveren internationalen Wettbewerb im Hinblick auf grüne Innovationen führen.“

Einen weiterführenden Einblick in das Thema bieten folgende Publikationen:

https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kiel-focus/2021/das-investitionsabkommen-der-eu-mit-china-aus-europaeischer-sicht-erfolge-mit-defiziten-0/

https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kiel-focus/2021/chinas-neuer-fuenfjahresplan-wirtschaftliche-kernelemente-und-implikationen-fuer-deutschland-und-europa-0/

https://www.ifw-kiel.de/de/experten/ifw/wan-hsin-liu/megatrends-im-welthandel-die-neue-seidenstrasse-wachstumsregion-zwischen-europa-und-asien-0/