Neues Jahr, neues Glück?

Kommentar

Katja Vaders

Autorin: Katja Vaders
Wie heißt es so schön? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Daher hatten die meisten von uns an Silvester im letzten Dezember sicherlich auf ein besseres neues Jahr gehofft. Aber auch wenn wir uns gefühlt seit 2020 in einer Art Dauerkrise befinden, ist es 2025 tatsächlich gelungen, noch mal ordentlich eins draufzulegen. Angefangen hatte das Jahr dementsprechend mit einem Paukenschlag: dem Amtseintritt Donald Trumps als 60. Präsident der USA, der wie zu erwarten nichts Gutes verheißen sollte und die Weltpolitik nachhaltig erschüttert. 2025 war zudem erneut ein Jahr der Kriege und der damit verbundenen humanitären Katastrophen in der Ukraine, in Gaza, Äthiopien, Myanmar sowie im Sudan, um nur die größten Konflikte des Jahres zu nennen.

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Auch in Deutschland tat sich so einiges, angefangen mit den Neuwahlen im Februar. Im Mai wurde dann erst im zweiten Wahlgang Friedrich Merz zum neuen Kanzler gewählt – ein wackeliger Start für den Sauerländer, der in seinem Wahlkampf viel versprochen hatte. Das Fazit nach den ersten sieben Monaten seiner Amtszeit verläuft eher ernüchternd. Nach zwei Jahren Rezession waren die Prognosen für 2026 zwar etwas besser, fallen aber insgesamt geringer aus als noch vor einigen Monaten prognostiziert: Das Münchner ifo Institut erwartet einen Anstieg des deutschen Bruttoinlandsproduktes von lediglich 0,8 Prozent, obwohl es im September noch 1,3 Prozent vorausgesagt hatte. Auch die Verteilung des Sondervermögens von 500 Milliarden Euro verursacht hierzulande Unmut. Denn: Es wird nur teilweise für neue Projekte genutzt; nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (iW) wird bis 2029 rund jeder zweite Euro zweckentfremdet. Dabei sollte es doch eigentlich Investitionsstaus lösen und für den ÖPNV, Schulen, Brücken oder die Transformation genutzt werden. Stattdessen stopft die schwarz-rote Koalition mit dem zusätzlichen Geld Lücken im Haushalt, was wiederum das von Merz versprochene Wachstum blockiert. Auch die erste Renten-Reform war eine Nullnummer und befeuert nur eins: den stetig wachsenden Generationskonflikt im Land. Über die zahlreichen verbalen Entgleisungen des Bundeskanzlers wollen wir an dieser Stelle lieber einen Mantel des Schweigens ausbreiten, schließlich ist bald Weihnachten.

Aber Schluss mit Politik – wie sah es im letzten Jahr in der Branche aus? Auf den ersten Blick gibt es auch hier einiges zu meckern. Nachdem in 2024 insgesamt 46 Insolvenzverfahren in der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie eröffnet wurden, beruhigte sich die Situation in diesem Jahr zwar, pendelte sich allerdings auf einem tendenziell niedrigen Niveau ein. Die Abverkäufe waren in 2025 eher schlecht und viele Branchenteilnehmende befürchten, dass auch die kommende Order diese Zahlen widerspiegeln wird.

Natürlich gab es auch in diesem Jahr Insolvenzen, darunter bei CLOSED, ein Label, das trotz Profitabilität in eine hohe Verschuldung geraten war. Laut einer Recherche des manager magazins ist wohl das ehemalige Führungstrio von CLOSED bestehend aus den Studienfreunden Gordon Giers, Hans Redlefsen und Til Nadler verantwortlich für die Pleite der Hamburger. Indizien häuften sich, so das manager magazin, dass das Unternehmen Forderungen gegen das Trio in Höhe von bis zu 30 Millionen Euro habe. Auch die Ehefrauen von Gordon Giers und Til Nadler hätten Summen im sechsstelligen Bereich bei CLOSED kassiert, derweil habe die US-Tochter des Unternehmens millionenschwere Forderungen an die deutsche Mutter, die offenbar auch Giers, Redlefsen und Nadler zu verantworten haben. Trotzdem konnte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus neue Eigentümer für CLOSED finden: die Familie Böck, Inhaber von Marc O’Polo, sowie Dieter Holzer, ehemaliger Geschäftsführer bei TOM TAILOR. Bemerkenswert ist dabei, dass die neuen CLOSED-Eigentümer weiterhin Gordon Giers und Til Nadler beschäftigen; aufgrund der Insolvenz bleiben allerdings die Millionen, die offenbar auf den Privatkonten der ehemaligen Führung des Unternehmens versickert sind, wohl leider nachhaltig verschwunden. Positiv zu bewerten bei dem ganzen Schlamassel ist dennoch der Neustart von CLOSED, zu dem wir alles Gute wünschen.

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Ein Neustart hat bei dem Modeunternehmen WORMLAND zumindest im ersten Anlauf nicht funktioniert. Im letzten Jahr hatte das Modehaus Lengermann & Trieschmann (L&T) den Herrenausstatter nach einem ersten Insolvenzverfahren gekauft, sich dabei allerdings offenbar übernommen. In diesem November wurde dementsprechend erneut ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens angemeldet. Die gute Nachricht: Der laufende Betrieb wird dennoch im vollen Umfang fortgesetzt, was vor allem die Mitarbeitenden der neun Filialen freuen wird. Zudem haben sich bereits erste Interessenten an WORMLAND beim Insolvenzverwalter gemeldet – vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal mit der Neuaufstellung. Diese könnte nun endlich für die Warenhauskette GALERIA funktioniert haben, die mit drei Insolvenzen in vier Jahren eine regelrechte Berg-und-Tal-Fahrt hinter sich gebracht hat. Im Oktober meldete das Unternehmen nämlich, erstmals seit mehr als zehn Jahren operativ profitabel gewesen zu sein: Die 83 Filialen erzielten einen Umsatz von mehr als 2 Milliarden Euro. Wie nachhaltig diese Erfolgsmeldung ist, wird das neue Jahr zeigen.

Einen definitiven Erfolg konnte die französische Warenhauskette Galeries Lafayette für den kompletten Einzelhandel verbuchen. Das Edelkaufhaus hatte dem chinesischen Billigtextil-Riesen SHEIN den Kampf angesagt, der im Oktober verkündet hatte, im November seine ersten dauerhaften Stores in Frankreich zu eröffnen, unter anderem an Standorten der Galeries Lafayette. Die Galeries-Lafayette-Mutter lehnte die Aufnahme des chinesischen Onlinehändlers in die eigenen Läden rigoros ab und ließ verlautbaren, mit allen verfügbaren Mitteln die Umsetzung des Projekts zu verhindern. Man kündigte kurzerhand die Zusammenarbeit mit der Immobiliengesellschaft Société des Grands Magasins (SGM) auf, die SHEIN überhaupt erst in die Galeries Lafayette bringen wollte, und vereitelte damit, dass künftig Ultra Fast Fashion aus China in den heiligen Hallen des französischen Edelkaufhauses erhältlich sein wird.

Unerschütterlich scheint auch die Pitti Uomo in Florenz zu sein, die dem Messesterben in der Textilbranche weiter trotzt – und dafür gefeiert wird. Die Pitti zeigt sich resilient vor allem dadurch, dass sie sich den neuen Marktgegebenheiten anpasst. Und damit zeigt, dass dies funktionieren kann, auch wenn die Pitti dadurch einige Marken im Luxussegment als Aussteller verloren hat. Ein Beispiel, das vielleicht Schule machen sollte – zumindest, wenn man das langfristige Überleben des Formats Messe in der Branche sichern möchte.

Anpassen sollten wir uns wohl alle in diesen von Krisen gebeutelten Zeiten, um die nötige Resilienz zu erhalten, die solche Phasen nun einmal erfordern. Aber bitte erst nach den Weihnachtsfeiertagen, im neuen Jahr, das hoffentlich friedlicher wird als das jetzige. In diesem Sinne: Erholsame Feiertage, sammeln Sie Kräfte fürs neue Jahr und kommen Sie gut rein in ein erfolgreiches 2026!