„Wir sind ein Pionier in der Denim-Welt“ 

ISKO™

©ISKO™

Autor: Markus Oess

Bescheidenheit geht irgendwie anders, aber Klappern gehört zum Handwerk. Das türkische Unternehmen ISKO™ ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Denim-Produzent und sieht sich auch technologisch an der Spitze der Entwicklung. Mit Nachhaltigkeitsthemen wollen die Türken Taktgeber der Branche sein. Wie der türkische Stoff-Fabrikant die Sache angeht und welchen Einfluss das auf die Gesamtheit der Unternehmensstrategie hat, erklären Ebru Guler, Senior CSR Executive, und Fabio Di Liberto, Global Brand Director, im Interview mit FT.

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FT: Frau Guler, ist die Nachhaltigkeit beim Endverbraucher angekommen?

Ebru Guler ©ISKO™

Ebru Guler:„Absolut. Inzwischen wenden sich Konsumenten von Brands ab, die nicht bereit sind, sich diesem Thema aktiv zuzuwenden, und dies auch offen propagieren. Unser Ziel ist es, diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden und Stoffeinkäufern und den folgenden Wertschöpfungsstufen nachhaltige, sichere Produkte zu bieten, ohne Kompromisse bei Mode und Innovation eingehen zu müssen.
Nordic Swan für den skandinavischen Raum und das EU Ecolabel sind bei den Verbrauchern sehr bekannt. Sie achten beim Kauf von Reinigungserzeugnissen wie Waschmittel, Papiertücher, Shampoos und Kosmetika darauf. Alles Produkte des täglichen Bedarfs, die mit der Haut in Berührung kommen. Denim ist ein Stoff und ebenfalls ein Alltagsprodukt, das intensiven Kontakt mit der Haut hat. Wir wollen daher dem Verbraucher die Chance bieten, entsprechend zertifizierte Denim-Kleidung zu kaufen. Unsere ISKO-Earth-Fit™-Kollektion tut genau das. Es ist nicht nur unsere nachhaltigste Denim-Kollektion, es ist auch die erste weltweit, die beide Anforderungen, von Nordic Swan und EU Ecolabel, erfüllt

Herr Di Liberto, wenn der Verbraucher schon einen Euro mehr für seine Denim bezahlt, wird er eher die Marke wechseln. Speziell der deutsche Markt ist sehr preissensibel, oder?
Fabio Di Liberto:

Fabio Di Liberto ©ISKO™

„Wir sind der Überzeugung, dass nicht nur der deutsche Verbraucher auch sehr starkauf Qualität achtet.
Er will ein starkes Preis-Leistungs-Verhältnis und sucht Produkte, die gut funktionieren, aber genauso Innovation und Technologie bieten. Das ist der Grund, weswegen wir viel Geld in Forschung und patentierte Technologie investieren. Das ist unsere Alleinstellung in der Bekleidungsindustrie. Wir halten zehn Patente für verschiedene Märkte und wir haben für die nächsten Jahre weitere 100 in der Pipeline. ISKO ist ein Pionier in der Denim-Welt.
ISKO Recall™ ist ein gutes Beispiel: Dahinter verbirgt sich eine patentierte Shape-Memory-Stoff-Technologie. Der Baumwollfaden legt sich um die elastische Polyesterfaser, der Stoff sich wie eine zweite Haut auf den Körper. Das Konzept garantiert beste Rücksprungperformance. Die Produkte behalten dauerhaft ihre Form und werden auch nach x-maligem Tragen nicht zu Säcken.
Wir verspüren auch ein vermehrtes Interesse für ISKO Pop™, eine Denim-Technologie, die Komfort mit dem Tragegefühl von Seide verbindet. Das geschieht ganz ohne den Einsatz chemischer Weichmacher. Die patentierte Technologie wird direkt auf das Garn appliziert. So bleibt der Denim auch nach unzähligen Waschgängen weich. ISKO Future Face™ schließlich ist die erste Web-Technologie mit Strickoptik und -haptik. Eine Denim mit dem typischen Komfort einer Sweat Pant.“

Eine nachhaltige Produktion verursacht aber auch höhere Kosten. Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Industrie? Wonach erkundigen sich Ihre Industriekunden zuerst: nach dem Preis oder den Produktionsbedingungen, unter denen der Stoff hergestellt wurde?
Guler:„Nachhaltigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Transparenz nehmen kontinuierlich an Bedeutung zu. Natürlich bewegen wir uns mit unseren Produkten am oberen Ende des Marktes, aber alles, was wir produzieren, entsteht mit großem Respekt für unsere Umwelt. Wir laden unsere Kunden in die Türkei ein, um unsere Produktionsstätten zu besuchen und alles aus erster Hand zu erfahren. Haben unsere Kunden erst einmal die Leidenschaft unserer Teams und rückwärtigen Partner erlebt, mit der wir alle uns daranmachen, eine nachhaltige Bekleidungsproduktion zu schaffen, und kennen sie später die Abverkaufszahlen auf der Fläche, tritt der Preis zusehends in den Hintergrund. Außerdem schaffen wir auch einen zählbaren Mehrwert für den Endkunden.“

Im Grunde aber muss die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden, um ökologische Fortschritte nachhaltig zu erzielen, nicht bloß einzelne Produktionsschritte. Das muss dann als Argument herhalten, dass man ja keinen Zugriff auf vor- oder nachgelagerte Prozesse hat und deshalb so weitermachen kann wie all die Jahre zuvor. Brauchen wir einen neuen gesamtheitlichen Denkansatz, eine neue Art der Zusammenarbeit von der Baumwolle auf dem Feld bis zum Verbraucher und seinem Konsumverhalten?
Di Liberto:„Ein wirklich nachhaltiger Auftritt benötigt einen gesamtheitlichen Ansatz. Wir müssen schon die Wertschöpfungskette im Ganzen sehen und betrachten die gesamte Produktion, nicht nur den einzelnen Rohstoff. Das zieht sich über den gesamten Lebenszyklus einer Jeans hin. Die Hälfte des Wassers, die sie verbraucht, wird nach dem Kauf benutzt. Wir wollen die Menschen dazu bringen, Wasser zu sparen und ihre Jeans nur dann zu waschen, wenn es wirklich notwendig ist. Deswegen haben wir unter anderem einen Denim entwickelt, der auch bei täglichem Gebrauch seine Form und Elastizität behält und eben nicht gewaschen werden muss, nur um seine ursprüngliche Passform wiederzuerlangen. Mit ISKO Responsible Innovation™ verfolgen wir den Ansatz, die unzähligen Möglichkeiten von Denim aktiv zu nutzen und gleichzeitig einen ganzheitlichen Denkansatz zu etablieren. Als führender Industrie-Anbieter haben wir die Verantwortung, neue Standards zu setzen und proaktiv die Zukunft zu gestalten.“

Können Sie in kurzen Worten Ihre von Ihnen propagierte Responsible-Innovation™-Vision erklären? Was verbirgt sich hinter dem etwas sperrigen Begriff? Sie haben zum Beispiel die dritte „Earth Fit Collection“ gelauncht.
Guler:„Wir wollen bei jedem einzelnen Schritt unseres Business verantwortungsvoll handeln. Verantwortungsbewusstsein ist nicht nur ein Trend für uns. Das ist unsere DNA, es geht weit über den Einsatz von ökologisch unbedenklichen Materialien hinaus und greift in unsere Unternehmenskultur und Systeme. Wir suchen fortlaufend nach Verbesserungen und Innovationen in allen Produktlinien.
Um den Fußabdruck unserer Stoffe in der Umwelt voll und ganz zu verstehen und zu erkennen, was wir wo noch besser machen können, haben wir für alle unsere mehr als 25.000 Denim-Produkte Life Cycle Assessments, kurz LCAs, eingeführt. Wir haben Umweltdeklarationen, sogenannte Environmental Product Declarations (EPDs), formuliert, die von unabhängiger Seite geprüft wurden. Sie sollen die Validität und Reproduzierbarkeit der LCAs sicherstellen. ISKO ist der erste Denim-Produzent weltweit, der für all seine Produkte solche vorzertifizierten Deklarationen erhalten hat. Jetzt sind wir in der Lage, ein Monitoring über die gesamte Supply Chain zu legen und diese komplett nachzuverfolgen. ISKO Earth Fit™ ist unser nachhaltigstes Produkt und wie gesagt das einzige weltweit, das sowohl die Anforderungen von EU Ecolabel und Nordic Swan Ecolabel erfüllt. Die Kollektion mit 49 Stoffen verarbeitet innovative, unbedenkliche Fasern, darunter Bio-Baumwolle, recycelte Baumwolle und aus PET-Flaschen recyceltes Polyester. Wir arbeiten außerdem mit einem Öko-Managementsystem, um höchstmöglichen Umweltschutz in unseren Fertigungsstellen sicherzustellen. Das umfasst Energie- und Wasserverbrauch, chemische Abfälle und Emissionen. Wir sind der einzige türkische Hersteller, der sich als Mitglied der ZDHC Foundation schriftlich festgelegt hat. Für uns ein Höhepunkt unserer Selbstverpflichtung, als Teil unserer Responsible Innovation Vision auf den Einsatz gefährlicher Stoffe zu verzichten.“

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Sie bieten auch Selvedge-Denim in dieser Kollektion an. Was bedeutet in diesem Zusammenhang Handwerkskunst für ISKO?
Di Liberto:„Wir wurden von der Vergangenheit inspiriert, Selvedge neu zu interpretieren und einen unverkennbaren, ikonischen Denim-Stoff für den modernen Endkunden von heute zu entwickeln. Wir stecken generell in alles, was wir tun, auch Handwerkskunst, indem wir Inspirationen der Vergangenheit mit den ISKO-Technologien verschmelzen.“

Sind Handcrafted Jeans, wie sie auf der SELVEDGE RUN gezeigt werden, ein wachsendes Segment oder bleibt die Jeans für 500 Euro ein Nischenprodukt?
Di Liberto:„Qualität zahlt sich immer aus. ISKO bietet ein breites Angebot an Selvedge-Denims für Kunden in jedem Marksegment. Wir können alle Kunden bedienen, vom Vertikalen bis hin zur Premium Brand.“

Wie viel der Produktion, gemessen am Umsatz, ist grün? Ich habe etwas von 10 Prozent gelesen.
Guler:„Alle unsere Stoffe werden auf verantwortungsvolle Art und Weise produziert. Wir schützen unsere Umwelt und die Menschen. Wir sind ständig um Verbesserungen und Weiterentwicklung unserer Branche bemüht. Alle Produkte, vom traditionellen Denim bis hin zu unseren neuesten patentierten Technologien, wie auch die Produktionsprozesse selbst sind das Ergebnis unseres Responsible-Innovation™-Ansatzes, mit dem wir neue Standards definieren und möglichst allen Herausforderungen in diesem Zusammenhang begegnen. Wir arbeiten jeden Tag an dieser Selbstverpflichtung.“

Ein anderer Mega-Fashiontrend sind Funktion und Athleisure. Sie produzieren auch gemeinsam mit Ihren Industriekunden Stoffe wie zum Beispiel O’NEILL und die erste Board-Denim. Welche Trends sehen Sie in der nahen Zukunft?
Di Liberto:„Wir haben mit Arquas™ eine komplette Kollektion, die die Hauptzutaten der Sportartikelindustrie und Aktivewear verarbeitet. Diese Kollektion deckt ein breites Spektrum von technischen und stilistischen Applikationen ab und bietet Lösungen für viele Anforderungen von High Perfomance bis hin zu Lifestyle-Brands, die Activewear als Kategorie führen. Die Kollektion sticht heraus, weil sie gewebt ist, aber optisch und in der Haptik wie Strickware wirkt. Außerdem haben wir im April innovative Produkte gezeigt, die aus der dritten ISKO Earth Fit™ stammen.“

Was kommt nach Athleisure und Funktion, ist Fashion Tech ein Thema?
Di Liberto:„Im Januar dieses Jahres haben wir uns auf der vierten WEARABLE EXPO in Tokio präsentiert, die die neuesten Entwicklungen von Wearable Technologies anhand von diversen Stoffen und Kleidungsstücken aufgezeigt hat. Wir hatten zwei wirklich spannende Konzepte mitgebracht: ISKO Move™, das drahtlos physische Bewegungsdaten an ein externes Gerät weitergibt, und ISKO Touch™, ein Stoff, der in der Lage ist, Bewegungen und Druck von Fingerkuppen wiederzuerkennen. Beide Konzepte haben ein vielfältiges Entwicklungspotenzial in der Zukunft.“