Im Spannungsfeld von Natur, Synthetik und Technik

Garne und Stoffe

Der Hardcore-Polyester-Boom in der Mode ist vorbei. ©Aka Studio-Collective
Autorin: Nina Peter

As the synthetics come along, people forgot about wool“ , heißt es auf der internationalen Website der Woolmark Company. Dass der Hardcore-Polyester-Boom in der Mode vorbei ist, zeigt vor allem die wachsende Bedeutung des Faktors Nachhaltigkeit. Diese richtet sich jedoch nicht plump gegen die Herstellung von synthetischen und technischen Garnen und Stoffen, denn auch sie können ressourcenschonende Alternativen zu herkömmlichen Naturfasern bieten – wie der Baumwolle und ihrem hohen Wasserverbrauch. Die Branche ist im Gegenteil an einem sehr spannenden Punkt angekommen, an dem es statt zu einer Entweder-oder-Entscheidung zwischen Natur und Synthetik zu neuen Verschmelzungen beider Bereiche kommt, bei denen insbesondere Wolle eine entscheidende Rolle einnimmt.

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Wertvolle Innovationen und Performance-Charakter

Die florentinische Pitti Filati hat in dieser Saison ebenfalls den Fokus auf zwei Themen gelegt: wertvolle Innovationen und Performance. Hinter dem ersten Begriff steckt der sehr weit greifende Bereich der Nachhaltigkeit. Natur, Freiheit, Pures und Leichtigkeit werden als Werte wiederentdeckt und rücken natürliche Fasern erneut in den Vordergrund, da sie dem „Zero Waste“-Prinzip gerecht werden und erneuerbare Ressourcen sind. Hersteller begeben sich in diesem Zuge auf eine Reise wichtiger Entscheidungen, bei denen gerade Garnlieferanten garantieren müssen, dass ihre Produkte natürlich, nachhaltig und verantwortungsvoll erzeugt werden. Das betrifft die ganze Produktionskette und schließt auch den Färbeprozess mit ein, was im Großen und Ganzen fundiertes Know-how und fortschrittliche Technologien der Beteiligten voraussetzt.

Auf der anderen Seite steht der Performance-Faktor, der zunehmend als eine wesentliche Eigenschaft von modernen Konsumenten gesehen wird. Dabei rücken vor allem Garne in den Vordergrund, die über technische Besonderheiten verfügen und einen spürbaren Mehrwert für das alltägliche Tragegefühl bieten. Protagonisten sind Viskose, Baumwolle und Nylon ebenso wie Wolle, die mit stark technisch geprägten Fasern wie Tencel, Carbon und silikonisiertem Nylon gemischt wird. Die sogenannten Performance-Garne sind vielseitig verwendbar, angenehm auf der Haut, sehr pflegeleicht und können die Bereiche Arbeit, Sport, Freizeit und Wäsche bedienen. Sie haben im Wesentlichen die Eigenschaften einer Naturfaser, denn sie bieten Wärmeschutz, sind extrem elastisch, haben absorbierende Funktionen, sind antibakteriell und besonders leicht und weich.

Merino

Wool is the original performance fibre“ – demnach hat Woolmark die Nuss bereits ohne die Mischung mit synthetischen Fasern geknackt. Merinowolle gilt als eine funktionale Faser und spielt daher gerade im Bereich der innovativen, funktionsgetriebenen Bekleidung mit nachhaltigem Mehrwert eine wichtige Rolle. Sie ist extrem atmungsaktiv, leitet die Feuchtigkeit ab, bietet einen starken Hitze- und UV-Schutz, der sowohl auf dem Meer als auch in den Höhen der Berge greift und somit insgesamt einen natürlichen Allwetterschutz bietet. Gerade der Activewear-Bereich profitiert laut Woolmark stark von den Eigenschaften der Merinowolle. Sie verhält sich wie eine zweite Haut und kann Flüssigkeit abtransportieren und somit für weniger Schweiß auf der Haut sorgen. Darüber hinaus mindert die Faser den Schweißgeruch und reagiert – im Gegensatz zu synthetischen Fasern – auf Veränderungen der Körpertemperatur – sie kühlt, wenn es warm ist, und wärmt, wenn es kalt ist, und ist somit prädestiniert für die breite Sparte der Outdoor-Aktivitäten.

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Technologie, Sport und Innovation ©Messe München

Ausgezeichnete Ideen

Auf der ISPO München geben sich Technologie, Sport und Innovation die Hand und die Messe selbst zeichnet innovative Ideen und Konzepte aus.

Das kalifornische Unternehmen Global Merino wurde 2017 mit dem Eco Performance Award ausgezeichnet. Mit neuen Spinn- und Strickverfahren wird die leistungsstarke und funktionale Wollfaser dort in Form von mikrofeinen bis hin zu doppelseitigen Strickwaren für die Sportwelt neu gerüstet. Die Kombination von Kreativität und technischen Aspekten ist der Schlüssel und ein wesentlicher Bestandteil des unternehmerischen Handelns. Der Betrieb sieht sich als Hersteller funktionaler Textilien, deren wichtigster Bestandteil die Merinowolle ist. Je nach gewünschtem Anspruch des Materials werden dabei auch synthetische Fasern eingesetzt und zu sogenannten Hybridmischungen kombiniert, die auf den Trend zur Wolle in der Sportbekleidung abgestimmt sind.

In diesem Jahr wurde die Südwolle Group TEXTRENDS Gewinner der Messe. Das Unternehmen produziert funktionale und nachhaltige Wollstoffe für die Sport- und Outdoorbranche. Dabei konzentriert man sich auf eine transparente Produktion, den verantwortungsvollen Umgang mit Tieren sowie die Einschränkung von entscheidenden Chemikalien. Wolle ist vollständig biologisch abbaubar und entspricht daher dem Prinzip des nachhaltigen Handelns in der Textilbranche. Das Unternehmen hat zahlreiche Zertifizierungen, wie GOTS, IVN Best, bluesign, New Zealand Merino, und folgt dem Responsible Wool Standard. Unter Einhaltung dieses strengen Regelwerks werden spannende Funktionsgarne entwickelt, wie Merino mit Viskose, Polyamid und Aramid, Cordura, Thermocatch oder mit Trevira-Funktionspolyestergemisch. Daneben werden auch natürliche Kombinationen mit Mohair, Alpaka und Seide umgesetzt.