Lifestyle – Haltung oder Hülse?

Kommentar

Autorin: Cordelia Albert

In unserer Dezember-Ausgabe dreht sich vieles um das Thema Lifestyle: Wie sieht der Mann der Zukunft aus? Welche Inhalte, welche Haltung drücken Lifestyle-Marken aus? Ist Logomania aktuell der wichtige Trend oder eher die neue Zurückhaltung – oder ist beides sogar gleichzeitig nebeneinander angesagt?

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Doch was ist eigentlich Lifestyle? Rund 2,2 Milliarden Einträge findet Google zu diesem Wort. Lifestyle scheint ein wirklich dehnbarer Begriff zu sein, der uns im Alltag an jeder Ecke begegnet, der für alles verwendet werden kann. Er kann ein Erzeugnis ebenso beschreiben wie eine Lebenshaltung. Besonders häufig wird er benutzt, um uns Produkte schmackhaft zu machen, vor allem Dinge, die wir kaufen sollen.

Werbewort Lifestyle

Deshalb wird das Wort auch so liebend gerne von der Werbeindustrie benutzt. Egal ob hippe Sneaker, überteuertes Mineralwasser, Augentropfen oder Mode – alles wird damit verkauft. Es ist, als ob Sachen allein durch diesen Begriff aufgewertet würden. Und deshalb wird die Bezeichnung eben auch oft für etwas benutzt, das gar nicht passt oder sogar glatt eine Werbelüge kaschieren soll. Lifestyle verkommt so zur Hülse, ist eine leere, übergestülpte Bezeichnung.

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Dafür erfindet die Werbeindustrie auch Bilder von eigenen Charakteren. Da ist der erfolgreiche, schnittige Managertyp, der Otto Normalverbraucher zum Kauf eines Parfums oder einer Uhr animieren soll, die Erfolg suggerieren. Der lässig-markante Draufgänger braust mit dem Auto durch Landschaften, die der echte Käufer niemals sehen wird. Oder die alten Schauspieldiven, deren faltenfreies Gesicht garantiert nicht von der Creme kommt, die sie uns verkaufen sollen. All das ist nicht weiter schlimm, denn Werbung war schon immer die Vortäuschung idealisierter oder im schlimmsten Fall gelogener Tatsachen. Heute wird das eben oft unter dem Deckmantel „Lifestyle“ probiert, morgen wird es ein anderer Begriff sein, wenn überhaupt einer reicht, denn die klassische Einteilung der Verbraucher in sozio-demografische Gruppen in unserer heutigen Welt funktioniert nicht mehr recht. Durch die Neuen Medien und die weltweite Vernetzung beeinflusst, gilt die Individualität als zunehmend neues Leitbild. Heute sei es besser, idealtypische Lebenswelten zu definieren, wie der österreichische Zukunftsforscher Philipp Höchstätter in seinem Interview in dieser Ausgabe erklärt. Altersgruppen- und Generationen-Denken bringe die Zielgruppenanalyse nicht mehr weiter, sagt er, man müsse in neue Werte- und Lebensformen unterteilen. So entwickelt sich beispielsweise auch gerade immer stärker ein Trend zu „Haltung“. Es gibt eine Zielgruppe, der es um Werte, Wahrheit und Echtheit, um eine ganz bestimmte Art von Leben und Konsum geht. Und auch diese Form wird als Lifestyle bezeichnet. Es gibt sie also beide, die echte Haltung und die leere Hülse.