Auf den Geschmack kommen!

Editorial

Markus Oess, ©FT

Messen sind etwas Wunderbares und es gibt sie schon ziemlich lange. Ihr Gesicht hat sich mit der Zeit aber verändert – ihre Aufgaben werden sich verändern. Wir haben die Titelgeschichte ganz bewusst von der aktuellen Diskussion um Berlin und den Standorten in Berlin abgekoppelt, einfach damit der Blick ein anderer wird, abseits aller politischen Branchendiskussionen. Tatsächlich neigen wir gern dazu, immer den alten Sud aufzukochen, statt es mal mit neuen Rezepten zu versuchen. Glaubt man den Ausführungen des Messeverbandes AUMA, verlieren Messen global nicht an Bedeutung, aber sie verändern sich, weil sich die Märkte, weil sich die Rahmenbedingungen verändern und weil der Fortschritt nicht einfach eine Pause einlegt. Vielleicht ist es wirklich in naher Zukunft möglich, die Kollektionen ganz zu Hause zu lassen, weil andere Mechanismen die Innovationen von der Industrie zum Handel und zum Endkunden transportieren. Dann könnten sich tatsächlich Handel und Industrie auf Messen mit anderen neuartigen Inhalten und Konzepten beschäftigen. Mit marktrelevanten, emotional aufgeladenen Themen, etwa wie die Markeninszenierung der Zukunft gelingen kann, bei der der Endkunde Teil einer wirklichen Gemeinschaft ist und nicht nur Zahl- und Abnahmepunkt am Ende der Wertschöpfung. Oder wie es gelingen kann, die Prozesskette so auszusteuern, dass tatsächlich auf jeder Produktionsstufe vom Bauern über den Fabrikarbeiter bis hin zum Ladenpersonal ein fairer Anteil hängen bleibt, dass tatsächlich nachhaltige Produktionsbedingungen herrschen. Die aktuelle Diskussion bietet nicht nur Risiken, sie bietet auch Chancen. Und die gilt es beim Schopf zu packen. So wie zum Beispiel die MUNICH FABRIC START, die mit ihrer Beteiligung an der New Heritage gleich mehrere Glieder der Wertschöpfungskette überspringt und das Bündnis mit einer Endverbrauchermesse eingeht, die ihrerseits auch den Handel ansprechen will. Viele Köche verderben nicht zwangsläufig den Brei. Proben wir den Clash der Esskulturen.

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Auf den Geschmack gekommen ist auch DRYKORN-Chef Marino Edelmann. Er konsumiert Medien vorzugsweise digital und er weiß auch, dass seine Endkunden auf den sozialen Medien unterwegs sind. Genau aus diesem Grund setzt das Label konsequent auf Influencer-Marketing. Konsequentes Handeln ist ein entscheidender Faktor für die Markenbildung. Wer im Tross der Beliebigkeit mitschwimmt, kann sicher sein, nicht entdeckt zu werden. Beharrlich ist auch bugatti in Italien. In Jahrzehnten hat das Label dort den größten Exportmarkt aufgebaut. Ein deutsches Label mit italienischem Namen, das inzwischen ganz offen über seine Herkunft sprechen kann – und gekauft wird. Das geht, weil die Leistung kontinuierlich stimmt.

Auch der Handel versucht sich darin, die digitalen Segnungen für seine eigenen Zwecke einzufangen. Das geht so weit, dass ausgerechnet ein Versender mit technologischen Gimmicks stationär punkten will. Warum auch nicht? Dass ein Versender eine feste Heimat sucht, ist nicht neu und kann gelingen. Auch eine Art, auf den Geschmack zu kommen. Ganz klassisch und doch vom Zufall getrieben, schuf Christian Adler ein Refugium für das Schöne und Wertige. Ihm jedenfalls scheint der Modeeinzelhandel gut zu schmecken.  

Also lassen Sie sich in sowieso mageren Zeiten nicht auch noch die Suppe versalzen. 

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Ihr 

Markus Oess