Next Stop Frankfurt

MARCELL VON BERLIN

Kaufkultur Berliner Machart am Main ©FT

Von Berlin nach LA und dann weiter nach Frankfurt. Keine Flugroute, sondern die Reihenfolge der Standorte, die das Berliner Label MARCELL VON BERLIN besetzt hat. 2011 wurde das Label vom Designer Marcell Pustul gegründet. Seit vergangenem Jahr ist Stefan Ober als Geschäftsführer dabei. Er will weiter über den Wholesale expandieren und das Label internationalisieren. Der wichtige erste Schritt ist getan. In Frankfurts erster Adresse in der Goethestraße befindet sich der Concept Store August PFÜLLER. Er ist der erste Händler, der MARCELL VON BERLIN gelistet hat.

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Das Berliner Label MARCELL VON BERLIN ist mit der Herbst/Winter-Kollektion 2019/20 ins Wholesale-Geschäft eingestiegen. Neben den eigenen Stores in Berlin und Los Angeles beliefert das Label den Concept Store August PFÜLLER in Frankfurt am Main. Ende 2018 bis zum Frühjahr 2019 unterhielt das Berliner Label in Frankfurt einen eigenen Pop-up Store auf der Goethestraße.
PFÜLLER verkauft eine Auswahl an Ready-to-Wear Pieces und Accessories für die Frau. „Ich freue mich, unsere Positionierung im gehobenen Premium-Bereich weiter voranzutreiben“, sagt Stefan Ober, Geschäftsführer MARCELL VON BERLIN. Die Marke erhält eine 16 Quadratmeter große Fläche im Erdgeschoss bei August PFÜLLER, angepasst an das Store-Design-Konzept des Berliner Designerlabels im Späti. Was treibt Ober an, die Marke in den Wholesale zu bringen, und warum listet ausgerechnet Benjamin Pfüller, der mit seinem Bruder Felix den Store in der sechsten Generation leitet, die doch extravagante Mode des Berliner Designers? Wir haben mit den beiden gesprochen.

Zufallsbekanntschaft: Stefan Ober (l.) und Benjamin Pfüller ©FT

FT: Herr Ober, warum MARCELL VON BERLIN? Extravaganz macht es nicht einfacher.
Stefan Ober: „Ich liebe die kreative Kraft eines Designers, wenn er in seiner Schaffenskraft über seine eigenen Grenzen hinausgeht und so etwas Besonderes schafft. Marcell Pustul ist ein solcher Designer. Mag sein, dass seine Mode provokativ ist, entscheidend für mich ist, dass sie berührt, etwas Besonderes und dennoch gefällig ist.“

Benjamin Pfüller: „Es ist einfach erfrischend, dass seine Mode nicht überall hängt. Und für mich als Händler ist das ein entscheidendes Kriterium. Wie sonst können wir uns vom Wettbewerb abheben, wenn nicht über unser Angebot? Wir brauchen Mode, die einzigartig ist, denn sie macht uns einzigartig am Standort.“

Herr Ober, wie haben Sie es geschafft, mit MARCELL VON BERLIN als Pop-up eine Fläche von 600 Quadratmetern in so einer exklusiven Lage Frankfurts zu bespielen?
Ober: „Wir hatten das Ziel, uns in der Goethestraße zu präsentieren. Es öffnete sich mit dem ehemaligen Ermenegildo Zegna Store, der nebenan (von Pfüller, die Red.) ausgezogen ist, ein Window of Opportunity, das wir einfach nutzen mussten. Wir hatten sogar eine Alternative an der Hand, aber dieser Pop-up war erste Wahl. Wir haben mit dem Pop-up in den knapp acht Monaten, die wir hatten, den Auftritt von MARCELL VON BERLIN weiter verfeinert. Aber für uns war nicht die Größe des Stores entscheidend, sondern die Chance, in einer so internationalen Stadt wie Frankfurt in so exponierter Lage Idee und Konzept der Marke zu präsentieren und Kunden zu Fans zu machen. Das ist uns gelungen. Wir wollen den Handel von der Qualität von MARCELL VON BERLIN überzeugen, denn es geht immer noch um das Produkt.“

Pfüller: „Ich kannte die Marke vorher tatsächlich nicht und ich habe Stefan und sein Team erst über den Pop-up kennengelernt. Wie Sie sehen, ist Stefans Plan aufgegangen. Jetzt kommt es darauf an, wie sich die Marke im Wettbewerbsumfed behauptet. Aber ich bin sicher, das wird funktionieren.“

Herr Pfüller, der Pop-up hat ja offenbar die Erwartungen erfüllt. Was sind nun Ihre Erwartungen an MARCELL VON BERLIN?
Pfüller: „Meine Erwartung an die Marke ist, dass sie Begehrlichkeit bei den Konsumenten weckt, etwas bei ihnen anspricht, das andere Marken nicht schaffen. Wir müssen für unsere Kunden immer neue Anlässe schaffen, weswegen sie zu uns kommen, weil sie genau das nirgends sonst geboten bekommen.“

Herr Ober, welche Learnings konnten Sie aus dem Pop-up ziehen?
Ober: „Zwei Dinge: zum einen, dass unser Auftritt gegenüber den Endverbauchern funktioniert, also verstanden wird. In unserem Flagship-Store in Berlin haben wir das komplette Ladeninnere unserer Vormieter herausgerissen und unseren Stil herausgearbeitet. Eine ganz eigene Mischung aus Samt, Marmor und Beton, die so nur in Verbindung mit der Marke MARCELL VON BERLIN ein Eigenleben entwickelt, weil Store und Ware so wunderbar harmonieren. Zum anderen, dass wir immer den Mut haben sollten, einfach zu machen. Damit meine ich, nie die eigene Identität aufzugeben und seinen Weg konsequent zu gehen.“

Pfüller: „Es stimmt schon, Mode ist immer auch Wandel. MARCELL VON BERLIN ist mehr als die Kollektion, das Ladeninnere oder der Späti. Es ist das gesamte Set-up der Marke, das mich überzeugt. Inzwischen hat sich die Fanbase auf die wirklich großen internationalen Celebritys ausgeweitet. Wir machen viel auf lokaler Ebene und sind in Frankfurt eine Nummer, aber wir profitieren einfach von dem Glamour aus LA. Vor allem deswegen, weil es trotzdem immer noch sehr exklusiv zugeht.“

Ober: „Wir veranstalten in unserem Store in LA regelmäßig Partys – die ,Berlin Nite‘, die wir unter einem bestimmten Motto laufen lassen. Zuletzt hatten wir das Thema Burlesque und Dita Von Teese kam. Sie war von MARCELL VON BERLIN so begeistert, dass sie fragte, wie sie die Marke unterstützen könne. Diese Art von Markenidentität ist einfach unbezahlbar.“

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Wie arbeitet Marcell Pustul?
Ober: „Er arbeitet sehr fokussiert und ist ein echter Visionär. 2011 wurde das Label MARCELL VON BERLIN vom Designer Marcell Pustul selbst gegründet und im vergangenen Jahr unter meiner Leitung als Geschäftsführer neu ausgerichtet. Gemeinsam haben wir die Arbeitsprozesse weiter professionalisiert, auch wenn der gesamte kreative Prozess in seiner Hand liegt. Wir machen alles selbst. Wir sourcen die Stoffe in Italien, entwickeln aber die Prints in unserem hauseigenen Atelier und produzieren ausschließlich in Europa. Marcell liebt es, mit neuen Stoffen, innovativen Materialien und Prints zu arbeiten.“

Wie viel Potenzial hat die Marke?
Ober: „Wir wollen organisch wachsen – in Deutschland, aber auch international. Ich sehe fürs Erste hierzulande sechs Standorte: München, Hamburg, Düsseldorf und Köln. Berlin machen wir selbst und Frankfurt haben wir jetzt besetzt. Daneben sehe ich natürlich zunächst auch das europäische Ausland, Städte wie Amsterdam, Paris oder London.“

Herr Pfüller, warum verkaufen Sie von MARCELL VON BERLIN nur Womenswear?
Pfüller: „16 Quadratmeter für den Auftritt lassen nicht mehr zu. Wir müssen uns fokussieren. Aber wir haben die Menswear durchaus im Hinterkopf. Wir brauchen aber etwas Zeit, <. Stand heute macht das Segment rund 10 Prozent unseres Geschäftes aus.“

Ober: „75 Prozent der Kollektion ist Womenswear, 25 Menswear. Aber in den USA kommt die Menswear so gut an, dass daraus Impulse entstehen, die das Kräfteverhältnis zugunsten der Menswear verändern.“

Herr Pfüller, wie viel Zeit geben Sie der Marke?
Pfüller: „Zum Glück muss ich mit einer Marke nicht direkt im ersten Jahr schwarze Zahlen schreiben. Wir achten auch auf andere Faktoren, auf die von uns gelistete Marken einzahlen, wie zum Beispiel Image oder Exklusivität. Aber auf mittlere Sicht wollen wir natürlich Geld verdienen.“ 

Herr Ober, welche Vision haben Sie für MARCELL VON BERLIN?
Ober: „Ich denke, drei bis fünf Jahre sollten wir MARCELL VON BERLIN geben, um sich zu entwickeln. Meine Vision ist, MARCELL VON BERLIN zu der Marke zu machen, an die die Branche und vor allem die Endkunden zuerst denken, wenn es um Innovation und Mut geht.“ 

Die Gesprächspartner

Der Frankfurter Concept Store August PFÜLLER hat gerade sein 140-jähriges Bestehen gefeiert. Das Haus in Frankfurts Nobelmeile zählt sich zu den internationalen Top-Adressen für High Fashion. Benjamin Pfüller leitet zusammen mit seinem Bruder Felix das Familienunternehmen in der sechsten Generation. Neben dem Concept Store für Damen in der Goethestraße 15-17 mit rund 1.000 Quadratmetern auf drei Etagen betreibt die Familie einen Kids Store in der Goethestraße 12. Zudem gibt es ein „Kidskonzept“ von August PFÜLLER am Frankfurter Flughafen. Seit einigen Monaten hat PFÜLLER auch Menswear ins Programm genommen. Heute macht das Segment rund 10 Prozent vom Umsatz.

Stefan Ober ist Geschäftsführer MARCELL VON BERLIN, der Managementagentur TIGER POOL und Ron Miller. Zuvor war er Chef von SO Consulting und Vorstandsvorsitzender der Kilian Kerner AG. Ober arbeitete außerdem auch für die Valentino Group sowie die Sixty Group. Ober will mit MARCELL VON BERLIN organisch wachsen und sieht zunächst Potenzial für insgesamt sechs Stores in Deutschland. MARCELL VON BERLIN wurde von dem Designer Marcell Pustul gegründet. Seine Mode wird in den eigenen Stores in Berlin und Los Angeles verkauft. August PFÜLLER ist der erste Wholesalekunde des Labels.