Von Märkten und Menschen

Online-Handel

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Autor: Markus Oess
Der Kauf per Klick hat sich inzwischen in nahezu allen Branchen nach vorn gedrängelt. Doch auch in der Pandemie haben nur 7 Prozent der befragten Modehändler mit einem Umsatz zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro Umsatz digital mehr erlöst. Gewinner sind die Giganten der Branchen, allen voran amazon. Das bestätigt auch eine Studie des Zahlungsanbieters mollie in fünf Ländern. Demnach eröffnen sich auch Chancen für den Mittelstand.

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Online-Kauferlebnis? Nutzerfreundliche Online-Shops, eine richtige Online-Marketing-Strategie, der schnelle Check-out-Prozess und die rasche und nachverfolgbare Lieferung machen Interessenten zu Käufern. Klingt banal und ist es wohl auch, allein, es hakt bei der Umsetzung. Der Online-Zahlungsanbieter mollie hat im Rahmen einer E-Payment-Studie 2.500 Unternehmer in leitenden Funktionen aus fünf verschiedenen Ländern (Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich) nach den Learnings aus dem Vorjahr sowie den Wachstumstrends der Zukunft befragt. Im Zentrum standen zwei Themenkomplexe: Was wird in Zukunft wichtig sein für Online-Shops, um weiterhin ein betriebswirtschaftliches Wachstum zu erzielen? Worauf sollten Unternehmen bei der Umsetzung besonderen Wert legen? Ausgewählt wurden je 500 Unternehmen der Branchen Lebensmittelindustrie und Fast Moving Consumer Goods (FMCG), Gastronomie und Lieferdienste, Heim, Hobbys und Lifestyle, Fashion sowie Unterhaltungselektronik.

Für die Mehrheit der Fashion Retailer (88 Prozent) gilt die Verbesserung der Vertriebsformen im eigenen Online-Shop als Top-Priorität. Dazu gehört unter anderem die Optimierung der digitalen Lieferkette, um Lücken zu schließen und die eigene Profitabilität zu steigern und Kunden zufriedener zu stimmen. Der Vorteil: Bei einer transparenten Wertschöpfungskette sowie flexibleren Liefer- und Zustellmodellen (zum Beispiel Outsourcing der Lieferung über ein Crowd-Modell) behalten Händler ihre Supply Chain im Überblick und können kundenorientierter agieren. Ein verbesserter Vertriebsservice stärkt ebenfalls die User Experience (UX).

Auch wenn er nicht unbedingt von Anfang an profitabel läuft, gilt der Online-Shop nach wie vor als besonders verkaufsstarker Kanal (40 Prozent). Jedoch ist ein Online-Shop nicht immer von Beginn an wirklich profitabel und etabliert. Helfen können Online-Marktplätze wie E-Bay, amazon und Etsy. 39 Prozent der befragten Fashionhändler sehen in Online-Marktplätzen ein großes Potenzial als Verkaufskanal, aber auch als Plattform zur direkten Kundenakquise. Knackpunkt ist eine digitale und transparente Lieferkette. 43 Prozent der Fashion Retailer geben an, dass – abhängig von den Marktplätzen – Logistik und Versand eine große Hürde darstellen. Eine zu späte Lieferung von amazon kann beispielsweise den Kunden dazu animieren, den Anbieter mit mangelhaftem Service zu assoziieren. Das wirkt sich letztendlich negativ auf Online-Umsätze aus. Obwohl nur 12 Pozent der Befragten Social Media als Verkaufskanal nutzen, ist Social Commerce der große (anhaltende) Trend im kommenden Jahr. „Besonders auf Facebook und Instagram lassen sich mit einer smarten Marketing-Strategie sowohl Leads als auch Conversions vorantreiben. Insbesondere Fashion-Online-Shops profitieren von Influencern als Markenbotschafter. In einer Zeit, in der die reale Welt immer mehr mit der digitalen Welt verschmilzt, müssen Retailer Trends in sozialen Medien erkennen und verkaufsfördernd umsetzen können“, heißt es dazu in der Studie.

„Gerade jungen, noch unbekannten Marken bieten Marktplätze enorme Vorteile. Diese Produkte profitieren von modebewussten Spontankäufern, die auf Online-Marktplätzen wie E-Bay, amazon und Etsy auf Artikel der Fashion-Anbieter stoßen.” Kristina Schmitz ©mollie

Kristina Schmitz, Marketing DACH bei mollie, über das digitale Suchen und Gefundenwerden.

FT: Frau Schmitz, bevor Händler online verkaufen können, müssen Sie erst einmal gefunden werden. Ist das nicht das größte Problem?

Kristina Schmitz: Ja, das ist wohl so. Zwar gilt der eigene Online-Shop nach wie vor als besonders verkaufsstarker Kanal, jedoch ist ein Online-Shop nicht immer von Beginn an wirklich profitabel für alle Marken. Die meisten Newcomer müssen sich erst am Markt etablieren. Daher müssen sich Shop-Betreiber die Frage stellen, welche Online-Kommunikationskanäle sich am besten eignen, um User in den Online-Shop zu ziehen. Getreu dem Motto ,More traffic, more revenue‘ soll so der Umsatz erhöht werden. Insbesondere in gesättigten Märkten mit mangelnder Differenzierung kann dadurch die eigene Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Für einen hochwertigen Traffic sind daher auch viele Online-Shop-Betreiber bereit, hohe Kosten in Kauf zu nehmen. Zusätzlich sollte man aber auch darüber nachdenken, das Produkt dorthin zu bringen, wo der User schon ist. Denn der Sprung in hoch frequentierte High-Traffic-Marktplätze ist inzwischen ein unverzichtbarer Teil einer erfolgreichen E-Commerce-Strategie.“

Wie können Händler das lösen? Außerdem gibt es da auch für mittelständische Händler das gleiche Retouren- und Handlingsproblem.
„Neben Online-Marketing-Aktivitäten gilt für die Mehrheit der Fashion Retailer (88 Prozent) die Verbesserung der Vertriebsformen im eigenen Online-Shop als Top-Priorität, um Umsatz zu steigern. Dazu gehört unter anderem die Optimierung der digitalen Lieferkette. Diese hilft dabei, Lücken zu schließen und somit nicht nur die Profitabilität des eigenen Business zu steigern, sondern vor allem auch, Kunden zufriedener zu stimmen. Der Vorteil: Aufgrund einer transparenten Wertschöpfungskette sowie flexiblerer Liefer- und Zustellmodelle (zum Beispiel Outsourcing der Lieferung über ein Crowd-Modell) behalten Händler ihre Supply Chain im Überblick und können kundenorientierter agieren. Ein verbesserter Vertriebsservice stärkt ebenfalls die User Experience (UX). Unsere Studienergebnisse zeigen, dass darauf 59 Prozent der Händler besonders viel Wert legen.“  

Wie können Händler denn gezielt Marktplätze einsetzen, um sich und ihre digitalen Angebote bekannter zu machen?
„Gerade jungen, noch unbekannten Marken bieten Marktplätze enorme Vorteile. Diese Produkte profitieren von modebewussten Spontankäufern, die auf Online-Marktplätzen wie E-Bay, amazon und Etsy auf Artikel der Fashion-Anbieter stoßen. Dies belegen auch die Zahlen unserer Studie: 39 Prozent sehen in Online-Marktplätzen großes Potenzial als Verkaufskanal, aber auch als Plattform zur direkten Kundenakquise. Zum Beispiel können Shop-Betreiber nur bestimmte Produkte auf die Plattform einstellen, um sichtbar zu werden und durch gute Bewertungen die User zum eigenen Shop zu locken.“

Welche Rolle kann Social Commerce übernehmen?
„Obwohl aktuell nur 12 Prozent der befragten Unternehmen Social Media als Verkaufskanal aktiv nutzen, ist Social Commerce der große und anhaltende Trend der Branche. Besonders auf Facebook und Instagram lassen sich mit einer smarten Marketing-Strategie sowohl Leads als auch Conversions vorantreiben. Insbesondere Fashion-Online-Shops profitieren von Influencern als Markenbotschafter. In einer Zeit, in der die reale Welt immer mehr mit der digitalen Welt verschmilzt, müssen Retailer Trends in sozialen Medien erkennen und agil verkaufsfördernd umsetzen können, wie beispielsweise die Integration von individuellen Zahlungslinks auf den sozialen Plattformen, sodass der Endkunde gleich auf den sozialen Medien seine Käufe tätigen kann.“

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Was empfehlen Sie?
„Immer mehr Menschen vertrauen Influencern und so wird eine zielgerichtete Social-Commerce-Strategie immer wichtiger für Fashion Retailer. Doch nicht nur ihre überlegene Reichweite macht Influencer für Unternehmen aus der Konsumgüterbranche interessant. Sie helfen den Anbietern auch dabei, ihre Kunden besser zu verstehen, und können deren Kampagnen mit zusätzlichem Entertainment, hohen Vertrauenswerten und Reichweite unterstützen sowie Zugang zu neuen Zielgruppen schaffen.“

Die Kundenbindung zu stärken, bleibt eine Aufgabe für 2021, speziell für die E-Commerce-Branche. 66 Prozent der Fashion Retailer geben an, dass die Conversion Rate von Online-Shop-Besuchern zu tatsächlichen Käufern noch immer zu gering ist. Ebenso verhält es sich mit Kunden, die zwar einen einmaligen Kauf abschließen, sich jedoch nicht als dauerhafte Kunden gewinnen lassen (47 Prozent). Bei diesen Kunden zeichnet sich auch eine Tendenz zu mehr Rücksendungen ab. „Mit einem deutlich stärkeren Kundenfokus können es Retailer schaffen, einmalige Käufer zum Wiederkauf zu animieren und Rücksendungen zu minimieren. Um die sogenannte ‚Retention Rate‘ zu erhöhen, empfiehlt sich das immer populärere Word-of-Mouth-Marketing (WOM). Deswegen setzen Fashion Retailer vermehrt auf Influencer Marketing. Die Assoziation zwischen einem bestimmten Gesicht und einer Marke etabliert bei Kunden einen Wiedererkennungswert – einer der wichtigsten Faktoren, um den Kunden langfristig zu binden. Sobald sich der Kunde mit der Marke identifizieren kann, ist er zufriedener mit Produkten und Leistungen. Die Identifikation mit der Marke sorgt für ein differenzierteres Markenerlebnis“, heißt es dazu in der Studie.

Obwohl die Verbesserung des Kundenerlebnisses durch mobile Geräte nur für ein Drittel der befragten Modehändler ein verkaufsfördernder Aspekt zur Steigerung des Online-Umsatzes ist, sollte dieser Trend nicht ignoriert werden. Spätestens seit Google Mobile First als futuristische Konsumform deklariert hat, sollten Unternehmen bereit sein, in naher Zukunft vollständig von Display auf Mobile umzusteigen. Tatsächlich kaufen immer mehr Kunden online und örtlich ungebunden ein. Eine verbesserte mobile Benutzererfahrung kann Modehändlern folglich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, vorausgesetzt, der Einkauf läuft auch bis zum Check-out reibungslos. 6 bis 10 Prozent der Kunden brechen ihren Einkauf frühzeitig ab. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kunden werden von verspäteten Lieferterminen abgeschreckt, unerwarteten Kosten wie zusätzlichen Liefergebühren, aber auch Problemen mit dem Zahlungsanbieter – etwa unnötige Wartezeiten beim Log-in-Prozess, schwierige Log-in-Verfahren oder ein langsamer Authentifizierungsprozesses und ein mangelhaftes Angebot an Zahlungsmitteln. 60 Prozent der Händler geben amazon pay als Zahlungsmethode an. Auf Platz zwei landet die Kreditkarte (43 Prozent) und SOFORT landet auf dem dritten Platz (41 Prozent). Auch der Rechnungskauf wird noch oft angeboten (33 Prozent). Apple Pay (9 Prozent) und Google Pay (8 Prozent) sind im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern bei deutschen Händlern noch nicht ganz so stark im Portfolio vertreten.

Kristina Schmitz über die IT-Infrastruktur von Modehändlern und worauf es dabei ankommt.

FT: Frau Schmitz, in Ihrer Studie geben nur 7 Prozent der Händler an, in der Pandemie den Online-Umsatz nennenswert gesteigert zu haben. Viel ist das nicht. Woran liegt das?
Kristina Schmitz: „Corona hat deutsche Unternehmen in eine wirtschaftliche Krise gestürzt. Das gilt zwar nicht für alle Unternehmen, allerdings sind die meisten Branchen von der Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen betroffen. Die Fashion-Branche gibt diesbezüglich ein uneinheitliches Bild ab. 69 Prozent der Händler führen an, dass sich ihre Online-Umsätze während der Corona-Pandemie zwischen 11 und 30 Prozent verringert haben. Dass nur 7 Prozent ihren Umsatz gesteigert haben, zeigt auch, wer den Markt dominiert: Auf dem Siegertreppchen stehen amazon, OTTO und zalando, in eben dieser Reihenfolge. Gemeinsam nehmen die drei ,Großen‘ die Mehrheit des Gesamtumsatzes des deutschen Online-Handels ein.

Die digitale Infrastruktur ist einer der Erfolgsfaktoren für einen Online-Shop. Worauf kommt es an?
„Ja, Unternehmen müssen mit der Digitalisierung Schritt halten und Kunden ein automatisiertes Verkaufserlebnis ermöglichen. Die Verbesserung des Check-out-Prozesses ist hier nur ein Teil der nötigen Veränderungen, die Fashion Retailer vornehmen sollten, um erfolgreich zu sein. Denn der anspruchsvolle Kunde von heute möchte nicht nur, dass seine Erwartungen erfüllt, sondern sogar übertroffen werden. Es kommt auf mehrere Dinge gleichzeitig an: den nutzerfreundlichen Online-Shop, die richtige Online-Marketing-Strategie, den schnellen Check-out-Prozess und die rasche und nachverfolgbare Lieferung, die Interessenten zu Käufern machen.“

Wie viel muss ein Händler für einen Neuaufbau ungefähr in die Hand nehmen und wie sieht es mit dem Zeithorizont aus? Irgendwann sollten auch Einnahmen zurückfließen.
„Die Erstellung eines Online-Shops ist ein komplexer Prozess und abhängig von der jeweiligen Ausgangslage: Möchte ich selbst einen Shop erstellen oder einzelne Themen des Shops an eine Agentur oder die Erstellung sogar komplett auslagern? Eine Agentur sorgt für eine funktionale und zügige Erstellung, und Fehler, die starke Auswirkungen auf Umsätze haben, können vermieden werden. Außerdem bin ich der Meinung, wer einen Online-Shop erstellen lassen möchte, sollte Wert auf Qualität legen. Nur ein hochwertiger, funktionaler und benutzerfreundlicher Online-Shop macht Umsatz. Bei einem hochwertigen Online-Shop sollte man mit Kosten um die 20.000 Euro rechnen – nach oben hin sind dem natürlich keine Grenzen gesetzt. Vergleichbar ist das mit der Neueröffnung eines gut sortierten Geschäfts in der Innenstadt. Am Anfang muss Geld in die Renovierung und die Ausstattung investiert werden, damit Kunden gerne Ihren Laden besuchen. Genauso verhält es sich auch bei einem Online-Shop.“

Kein Allheilmittel

Bleiben noch die Themen, die die befragten Händler in diesem Jahr noch aktiv angehen wollen, um ihr Online-Geschäft anzuschieben: 39 Prozent der Fashion-Online-Händler streben eine Verbesserung ihres Produkts an. Genauso viele wollen ihr Zahlungssystem verbessern, um Warteschleifen sowie komplexen Bestell- und Bezahlvorgängen vorzubeugen. 36 Prozent der Befragten wollen etwas für die Kundenbindung tun, was auch ein wichtiger Faktor bei der Vermeidung von Warenkorbabbrüchen ist. 34 Prozent suchen nach Kosteneinsparungen durch ihren Online-Shop, was sich mit einem Wechsel zu einem geeigneteren Shopsystem umsetzen lässt. Dennoch betrachten es 32 Prozent als schwierig, Bestandskunden davon zu überzeugen, ihren Kauf online zu tätigen. Die digitale Transformation von einem Offline- zu einem Online-Konsum wird viele Unternehmer in der Modewelt weiterhin beschäftigen. „Die Debatte darüber, welche Rolle stationäre Geschäfte in Zukunft spielen werden, ist nicht neu, denn auch in den Jahren vor Corona wurden erheblich mehr Geschäfte geschlossen als eröffnet. Eine der größten Herausforderungen, die den stationären Handel nach der Pandemie beschäftigen wird, ist die Frage, wie das Verhältnis von Cashflow zu Profitabilität aussehen wird. Es gibt in dieser Frage kein Allheilmittel, doch klar ist: Der stationäre Handel muss umdenken und sich neue Chancen erschließen“, sagt Schmitz. Die Händler, die nach der Pandemie gut abschneiden würden, seien die, die mutig und anpassungsfähig seien, die kreative Wege fänden, um auch die Kunden zu erreichen, die ihre physischen Geschäfte nicht mehr betreten wollen.