Pitti Uomo: Präsenz bringt’s

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Guter Auftakt der Modemesse

Sinnbildlich war es schon  – irgendwie. Vor dem Abflug in Richtung Pitti Uomo in Florenz am Dienstag Abend wurden schwere Unwetter mit Orkan, Starkregen und Hagel für den Süden Deutschlands vorhergesagt, die auch nicht so schnell abziehen sollten. Selbst Tornados könnten entstehen, hieß es. Aber der Flieger landete im schönen Wetter. Noch immer hat die Branche mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen, doch es machen sich erste Zeichen der Zuversicht breit. Raffaello Napoleone, CEO Pitti Uomo, zieht gegenüber FT am Tag zwei der Messe ein positives Fazit. Erst Ende April habe festgestanden, dass die Messe organisiert werden dürfe. In der kurzen Zeit habe das Team überaus gute Arbeit geleistet. Ziel war, 400  Aussteller zu gewinnen. 338 Aussteller sind nach Florenz gekommen und weitere 50 beteiligen sich zusätzlich rein digital. „Die Mode ist nie still gestanden, auch in der Pandemie nicht. Daher wollen wir nicht von einem Neustart sprechen. Aber die Pitti Uomo ist ein Versprechen. Ein Versprechen für eine großartige Zukunft”, sagt Napoleone. „Endlich“, sagt ein deutscher Einkäufer aus dem süddeutschen Raum. Er habe die Pitti als Taktgeber und erste Orientierungsmarke zum Saisonauftakt vermisst. Digital, so sagt er, verleite zu Fehlern. Jeder Einkäufer greife daneben, aber die Quote bei einer rein digitalen Order sei einfach höher. Er müsse die neue Ware sehen, sie anfassen und einfach fühlen, was passiere. Auch wenn die hundertste Ausgabe der Pitti Uomo, die gleichzeitig die erste nach den Corona-Lockdowns ist, natürlich noch weit von den gewohnten Dimensionen entfernt ist und schätzungsweise 30 bis 35 Prozent der sonst üblichen Besucher in die Toscanna gepilgert sind, herrscht Aufbruchstimmung und Optimismus. Es geht wieder was, so der Tenor. Die Einkäufer nutzen auch den zeitlichen Vorlauf der Pitti zu Order in Mailand, die sich direkt an die Floreninter Messe anschließt. Für Ahmet Mercan, CEO AlphaTauri, ist die Präsenz auf der Pitti ein wichtiges Signal zum Auftakt der neuen Order. „Es war richtig, hierher zu kommen und wir sind überrascht, wie hoch der Zuspruch der Messe auch aus dem europäischen Ausland ist“, sagt er. Die Messe bleibe ein zentraler Ankerpunkt für die Menswear im Saisonverlauf, ist Mercan, der auch mit Zuversicht auf die kommende Orderrunde blickt, überzeugt. Er hätte sich mehr Aussteller gewünscht, um der Messe noch stärkeren Auftrieb zu geben.

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Es eröffnen sich neue Wege, auf der die Mode weitergehen kann. Der Aufbruch beginnt im Kopf der Designer und mit den Produkten. Ein großes Thema ist Urban Function, eine „Contemporary Gearderobe“. Die Active-Wear inspirierte Stoffe und Loose-Fits zeichnen eine lässigere Silhouette. Beispiele: Herno Laminar, People of Shibuya oder AlphaTauri. Wichtig dabei: ein gepflegter business-tauglicher Auftritt. Traditonelle Häuser wie Tombilini bringen mit TMB Urban Function in sartorialer Umsetzung. Viele Marken wie Momo oder Off Grit bieten dazu auch die passenden Tech-Tools wie E-Roller, Helme, Rucksäcke etc. an. Natürlichkeit und Sustainability werden groß geschrieben und fehlen in keiner Kollektion. Auch die Pitti selbst hat zu dem Thema ein eigenes Segment aufgemacht. Das kommt nicht von ungefähr. Nachhaltigkeit ist die große Headline. Im Kielwasser der Nachhaltigkeit gewinnen Hanf und Leinen zusehends an Bedeutung, was sich unter der Überschrift Leinen-entspanntes Tailering zusammenfassen lässt. In der Outerwear verleiht Leinen technischen Stoffen Bewegung, etwa bei Herno. Farblich dominieren Helligkeit (Brunello Cucinelli) und Frische (Roy Rogers), die bis in Riviera-Anmutungen hineinreichen. Während in Deutschland die Verkäuflichkeit von Druckhemden diskutiert wird, erleben sie zum Beispiel bei Sseinse eine Renaissance. Dabei stehen florale und vegetale Motive im Fokus. Generell werden die Formen lockerer und weiter. Auffallend viele weitere Hosen und gerade geschnittene Hemden sind zu sehen, die man über der Hose trägt, werden gezeigt. Shirtjacken bleiben Bestseller.