Anpassung ist wichtig

Markus Oess ©FT

So schnell kann es gehen. Damit meine ich nicht „Kinder, wie die Zeit vergeht“, sondern das Irren. Nicht nur die Fehleinschätzung, aus der resultierte, dass zur Hochzeit der Corona-Pandemie Weltuntergangsszenarien beschworen wurden. Und auch nicht die nachvollziehbare Hoffnung, dass sich nach dem teils schlicht definierten Ende der Pandemie eine schnelle und vor allem anhaltende Erholung einstellen werde – Putin hat dieser Hoffnung mit seinem Angriff auf die Ukraine ein jähes Ende gesetzt. Bekanntlich ebenfalls nicht erfüllt hat sich die Sehnsucht vieler Briten nach einer Rückkehr zu alter Weltgeltung und nach wachsendem Wohlstand, die sie für den Ausstieg aus der EU stimmen ließ.

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Im Gegenteil. Auch wenn Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Hamburger BERENBERG-Bank, sagt, dass die größten Friktionen durch den Abschied der Briten bereits verarbeitet seien, sagt er auch, dass es kein Zurück zum alten Normalbetrieb zwischen Deutschland und UK geben wird und dass es ohne nachhaltige, faire Klärung der Nordirland-Frage schon gar nicht weitergeht. Sei es drum, könnte man fast resümieren, auch die deutschen Marken scheinen den Brexit mehr oder weniger verarbeitet zu haben. Ich möchte, was den Jahresrückblick und Ausblick angeht, auch lieber auf den lesenswerten Kommentar meiner Kollegin Katja Vaders verweisen, die zurecht ihren Kommentar positiv enden lässt.

Nach vorne schauen sollten wir also. Wir haben mit dem Führungspersonal der Markenindustrie gesprochen, um einen ersten, wichtigen Eindruck zu erhalten, wohin die anstehende Order laufen könnte. Wir konnten feststellen, dass verhaltener Optimismus überwiegt. Nicht, weil sein muss, was sein soll, sondern weil die verantwortlichen Köpfe mit viel Überlegung und Gestaltungswillen ihre Aufgaben bewältigen, egal ob Kurskorrekturen vorgenommen werden (pierre cardin) oder ein bereits eingeschlagener Weg weitergegangen wird (FYNCH-HATTON und TOM RIPLEY).

Trotz weiter eingetrübter Konjunktur, wie sie im „The State of Fashion 2023“-Report prognostiziert wird, gibt es Aspekte, die einen besseren Verlauf der Geschichte möglich machen. Chancen, die man nutzen sollte. Weit wichtiger als der Optimismus in seinen vielen Abstufungen ist aber die Wachsamkeit, wenn es darum geht, die eigene Handlungsfähigkeit nicht zu verspielen. Selbst wenn das große Ganze, die Rahmenbedingungen, in denen wirtschaftliche Interaktivität, Interaktivität generell stattfindet, von uns Einzelnen nur sehr eingeschränkt gestaltbar sind, müssen wir immer fähig sein zu handeln, zu reagieren. Andernfalls steigt die Gefahr, von den viel zitierten Krisen wie Pandemie, Krieg und Energiekrise überrollt zu werden, statt notfalls ausweichen und sich anpassen zu können.

In diesem Sinne schließe ich mich in einem diesmal kurz gehaltenen Editorial meiner Kollegin Katja an und wünsche besinnliche Feiertage, und kommen Sie gut rüber in ein vielleicht doch besseres Jahr 2023, als viele befürchten.

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Ihr

Markus Oess